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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.04.2005
Aktenzeichen: IV B 137/03
Rechtsgebiete: StBerG, EStG


Vorschriften:

StBerG § 3
EStG § 25 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde, mit der sich die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache berufen und Verfahrensmängel rügen, kann keinen Erfolg haben.

1. a) Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob das sog. Beraterprivileg, wonach Angehörige der steuerberatenden Berufe allgemein oder in einem vereinfachten Verfahren Fristverlängerungen für die Abgabe der Steuererklärungen erhalten, auch für die eigenen Steuererklärungen gilt, ist nicht klärungsbedürftig, weil sie bereits vom Bundesfinanzhof (BFH) entschieden ist. Mit Urteil vom 29. Januar 2003 XI R 82/00 (BFHE 201, 399, BStBl II 2003, 550) hat der BFH erkannt, dass das Finanzamt nicht verpflichtet ist, einem Steuerberater die Frist zur Abgabe der eigenen Steuererklärung aufgrund der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen zu verlängern. Dies gilt auch gegenüber dem Kläger, der als Rechtsanwalt zum Kreis der in § 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) genannten Personen gehört, auf die sich die vom Kläger herangezogenen Erlasse für die Kalenderjahre 1997 bis 2000 beziehen (vgl. II (1) der Ländererlasse vom 2. Januar 1998, BStBl I 1998, 97; vom 4. Januar 1999, BStBl I 1999, 152; vom 3. Januar 2000, BStBl I 2000, 86 und vom 2. Januar 2001, BStBl I 2001, 62). Es gilt aber auch insoweit, als der Kläger die Einkommensteuererklärungen 1997 bis 2000 für seine Ehefrau, die Klägerin, abgegeben haben sollte. Denn nach § 25 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) haben Ehegatten für die auch im Streitfall vorliegende Zusammenveranlagung eine gemeinsame Einkommensteuererklärung abzugeben.

b) Auch die Frage, ob Schätzungsbescheide mit Verspätungszuschlägen versehen werden dürfen und ob in diesen Fällen bei der Ausübung des Ermessens der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Schätzungsbescheids an die Stelle der (nicht erfolgten) Abgabe der Steuererklärung treten müsse, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Aus dem Gesetz ergibt sich zweifelsfrei, dass der Verspätungszuschlag gleich in mehrfacher Hinsicht von der festgesetzten Steuer, mithin auch von einer durch Schätzung festgesetzten Steuer, abhängig ist. So darf der Verspätungszuschlag 10 v.H. der festgesetzten Steuer nicht übersteigen (§ 152 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung --AO 1977--). Auch ist bei seiner Bemessung u.a. die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs zu berücksichtigen (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Da bei der Ausübung des Ermessens auch die Dauer der Fristüberschreitung zu beachten ist (§ 152 Abs. 2 Satz 2 AO 1977), kommt es im Fall der Nichtabgabe einer Erklärung auf den Zeitpunkt des Erlasses eines Schätzungsbescheids an. Auch dies bedarf im Streitfall keiner Klärung.

2. Die Verfahrensrügen der Kläger greifen nicht durch.

a) Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) verletzt, weil es die Klage der Klägerin für die Streitjahre 1999 und 2000 im Wege einer Überraschungsentscheidung durch Prozessurteil abgewiesen habe, ist unbegründet. Eine Überraschungsentscheidung ist nach der Rechtsprechung des BFH anzunehmen, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen musste (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. Mai 1991 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188; BFH-Urteil vom 17. Februar 1998 VIII R 28/95, BFHE 186, 29, BStBl II 1998, 505, und Senatsbeschluss vom 1. Juli 1998 IV B 152/97, BFH/NV 1998, 1511).

Im Streitfall ist eine Überraschungsentscheidung bereits deshalb zu verneinen, weil dem sachkundigen Kläger bei Vorbereitung seines Auftritts in der mündlichen Verhandlung hätte auffallen müssen, dass er den Einspruch für die Jahre 1999 und 2000 nur im eigenen Namen eingelegt hatte und dass auch die Einspruchsentscheidung vom 5. November 2002 nur gegen ihn persönlich ergangen ist. Auch ein Hinweis des Gerichts auf diese Sachlage in der mündlichen Verhandlung und das Nachreichen einer Vollmacht hätten an dem Eintritt der Bestandskraft der gegenüber der Klägerin ergangenen Festsetzungen von Verspätungszuschlägen nichts geändert. Dem FG lag im Übrigen eine Vollmacht der Klägerin vor, die gemäß einem handschriftlichen Zusatz ausdrücklich auf die Festsetzung von Verspätungszuschlägen zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1997 und 1998 beschränkt war.

b) Die Rüge, das FG habe zwei in der mündlichen Verhandlung gestellte Beweisanträge übergangen, ist bereits unzulässig. Das FG hat sich in der angefochtenen Entscheidung mit diesen Beweisanträgen auseinander gesetzt und insbesondere ausgeführt, die Beweiserhebung gehe ins Leere, weil die Ausübung des Ermessens einer Beweiserhebung nicht zugänglich sei. Mit der dagegen erhobenen Rüge wird ein Verfahrensmangel nicht in zulässiger Weise dargetan. Es liegt auf der Hand, dass die Vorlage des Computerprogramms des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) keinen Aufschluss darüber geben kann, ob und in welcher Weise das FA sein Ermessen ausgeübt und dessen Grenzen eingehalten hat. Bei der beantragten Vernehmung der Sachbearbeiter des FA als Zeugen zu der Frage, ob und in welcher Weise sie ihr Ermessen ausgeübt haben, handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Das zeigt sich bereits daran, dass der Kläger nicht darlegen kann, was die Zeugen im Falle ihrer Vernehmung ausgesagt hätten (vgl. zu diesem Erfordernis Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 120 Rz. 69, m.w.N.).

3. Mit ihrem weiteren Vorbringen in der Beschwerdebegründung beschränken sich die Kläger auf die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung durch das FG, was jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen kann. Dies gilt für die Behauptung, das FG habe seine, des Klägers, starke berufliche Belastung unzutreffend gewürdigt, ebenso wie für den Einwand, bei der Ermessensentscheidung über die Festsetzung der Verspätungszuschläge sei der Umstand, dass er ständig zu hohe Steuervorauszahlungen geleistet habe, als bedeutungslos angesehen worden. Fehler materiellen Rechts werden schließlich auch gerügt, soweit die Kläger vorbringen, die Verspätungszuschläge seien bei der Einkommensteuer und Umsatzsteuer mit unterschiedlichen Prozentsätzen und ohne vorherige Anhörung festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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