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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.05.2006
Aktenzeichen: IV B 168/04
Rechtsgebiete: FGO, BGB


Vorschriften:

FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 122 Abs. 1
FGO § 135 Abs. 2
FGO § 135 Abs. 3
FGO § 135 Abs. 5
BGB §§ 528 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist zumindest unbegründet und war deshalb zurückzuweisen.

1. a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie auf einer Rechtsfrage beruht, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen muss in der Beschwerdebegründung schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. Beschlüsse vom 15. Juli 1966 VI B 2/66, BFHE 86, 708, BStBl III 1966, 628; vom 9. Februar 1996 VIII B 1/95, BFH/NV 1996, 617, und vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217).

b) Es kann dahinstehen, ob die umfangreiche Beschwerdebegründung den Anforderungen an eine schlüssige Rüge i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in jeder Hinsicht entspricht, denn jedenfalls geben die mit der Beschwerde vorgetragenen Rechtsfragen der Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

aa) In erster Linie halten die Beschwerdeführer (Kläger und Beigeladene des erstinstanzlichen Verfahrens) die Frage für klärungsbedürftig, ob die Befristung der schenkweisen Übertragung eines Kommanditanteils der Stellung des Beschenkten als Mitunternehmer entgegenstehen kann, während die Fristgebundenheit eines Nießbrauchs nicht als hinderlich für die Mitunternehmerstellung angesehen wird. Die Beschwerdeführer sehen in einer Ungleichbehandlung eine Verletzung des Gleichheitssatzes.

Die Frage bedarf indessen keiner Klärung. Sowohl im Fall des Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil als auch bei einer Schenkung einer vollen Beteiligung ist der Begünstigte nur dann Mitunternehmer, wenn er Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Der Empfänger eines Zuwendungsnießbrauchs an einem Kommanditanteil ist danach unter denselben Voraussetzungen Mitunternehmer wie der mit einem Kommanditanteil Beschenkte.

Eine Befristung kann einer Mitunternehmerstellung entgegenstehen, wenn sie Mitunternehmerrisiko oder Mitunternehmerinitiative beeinträchtigt. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Gesellschafter unter der ständigen Drohung der Hinausdrängung zum Buchwert steht (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juli 1989 VIII R 41/84, BFH/NV 1990, 92; vom 10. November 1987 VIII R 166/84, BFHE 152, 325, BStBl II 1989, 758; vom 9. Oktober 1986 IV R 259/84, BFH/NV 1987, 567; vom 5. Juni 1986 IV R 53/82, BFHE 147, 139, BStBl II 1986, 798; vom 15. Oktober 1981 IV R 52/79, BFHE 135, 179, BStBl II 1982, 342; vom 29. April 1981 IV R 131/78, BFHE 133, 392, BStBl II 1981, 663; vom 6. April 1979 I R 116/77, BFHE 128, 202, BStBl II 1979, 620). Das im Streitfall den Vätern als Schenker eingeräumte Recht, nach 10 Jahren ohne weitere Voraussetzungen und entschädigungslos eine Rückübertragung zu verlangen, beeinträchtigt danach die Mitunternehmerstellung der beschenkten Kinder. Denn sie legt ein Wohlverhalten gegenüber den Schenkern nahe, um keinen Anlass für die Inanspruchnahme des Rechts auf Rückübertragung zu bieten. Davon unterscheidet sich die Stellung des Zuwendungsnießbrauchers erheblich, denn eine ggf. bestehende zeitliche Beschränkung ist von seiner Verhaltensweise unabhängig.

bb) Soweit die Beschwerdeführer die Frage aufwerfen, ob ein einmalig auszuübendes Recht auf Rückübertragung allein zu einer Aberkennung der Mitunternehmerschaft führen dürfe, kann dies im Streitfall nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung führen. Denn auf dieser Frage beruht das angefochtene Urteil nicht. Das Finanzgericht (FG) hat zwar dem Rückübertragungsanspruch besondere Bedeutung beigemessen, sich für die Ablehnung der Mitunternehmerstellung aber ausdrücklich auch auf andere Bestandteile der Schenkungsverträge bezogen (Veräußerungs- und Verpfändungsverbot, Beschränkung der Gewinnverwendung). Damit hat es zu Recht die gesamten Umstände des Einzelfalls untersucht und deren Bedeutung für die Mitunternehmerstellung der Kinder gewürdigt.

cc) Mit ihrem Hinweis auf einen "Auffangtatbestand" machen die Beschwerdeführer ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Wird die fehlende Mitunternehmerstellung auf einen Rückübertragungsanspruch gestützt, gilt dieser Gesichtspunkt sowohl für ein als Schenkung zu beurteilendes Zivilrechtsverhältnis als auch für ein Nießbrauchsrecht.

2. Die genannten Argumente gelten entsprechend für das Vorbringen, eine Entscheidung des BFH sei zur Rechtsfortbildung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Eine Fortbildung des Rechts ist erforderlich, wenn über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere dann, wenn der Einzelfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 217; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz. 147; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 41). In diesem Sinne klärungsbedürftige und entscheidungserhebliche Rechtsfragen werden mit der Beschwerde nicht geltend gemacht.

3. Auch die Rüge, eine Entscheidung des BFH sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO), greift nicht durch.

a) Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert die Zulassung der Revision jedenfalls dann, wenn eine Entscheidung des BFH geeignet und erforderlich ist, um künftige unterschiedliche Entscheidungen einer Rechtsfrage zu verhindern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das FG von der Rechtsprechung des BFH abgewichen ist (BFH-Beschluss vom 18. Juli 2001 X B 46/01, BFH/NV 2001, 1596). Auf solche Abweichungen berufen sich die Beschwerdeführer zu Unrecht.

b) Das angefochtene Urteil weicht nicht von dem BFH-Urteil vom 23. Juni 1976 I R 178/74 (BFHE 119, 421, BStBl II 1976, 678) ab. Der dort entschiedene Fall weist zwar einige Ähnlichkeiten mit dem Streitfall auf. Wie die Beschwerdeführer selbst darlegen, liegt ein wesentlicher Unterschied aber darin, dass im damals entschiedenen Fall dem Gesellschafter bei Kündigung ein Abfindungsguthaben zustand. Demgegenüber standen den Kindern im Streitfall keinerlei Ansprüche gegen die Väter zu, wenn diese von ihrem Recht auf Rückübertragung Gebrauch machen sollten.

c) Auch die gerügte Divergenz zum BFH-Urteil vom 27. Januar 1994 IV R 114/91 (BFHE 174, 219, BStBl II 1994, 635) liegt nicht vor. In jenem Fall war zwar ein ersatzloser Rückfall der dem Kind geschenkten Unterbeteiligung an den Vater vorgesehen. Dazu sollte es aber nur im Fall der Verarmung des Schenkers oder bei grobem Undank des Beschenkten kommen. Der BFH sah die Mitunternehmerstellung dadurch nicht beeinträchtigt, weil der Rückfall der Beteiligung im Wesentlichen an die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rückforderung oder den Widerruf einer Schenkung nach §§ 528 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches geknüpft war und der Schenker die Voraussetzungen nicht selbst herbeiführen konnte. Im Streitfall sollten die Väter demgegenüber den Rückübertragungsanspruch zum Stichtag nach freiem Ermessen und ohne weitere Voraussetzungen ausüben können.

4. Die weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung enthalten keine im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde statthaften Rügen. Hierauf hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) zutreffend hingewiesen. Der Senat sieht von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe sowie des Tatbestands ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Eine Kostentragung auch der Beigeladenen nach § 135 Abs. 3 und 5 FGO kommt nicht in Betracht, da diese in entsprechender Anwendung des § 122 Abs. 1 FGO auch ohne ausdrückliche Beschwerdeeinlegung Beteiligte des Verfahrens gewesen wären (BFH-Beschluss vom 28. Juli 2004 IX B 27/04, BFHE 206, 330, BStBl II 2004, 895) und zudem keine Anträge gestellt haben, die ein eigenes Kostenrisiko ausgelöst haben (s. insoweit z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 135 Rz. 7, mit weiteren Hinweisen).

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