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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.08.2000
Aktenzeichen: IV B 66/00
Rechtsgebiete: ZPO, FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

ZPO § 579 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 578 Abs. 1
FGO § 134
FGO § 135 Abs. 2
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Rechtsmittelführer (Kläger) wurde in den Streitjahren zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Gewerbebetrieb, seine Ehefrau Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Trotz Erinnerung, Zwangsgeldandrohung und -festsetzung gab der Kläger für die Streitjahre (1993 bis 1996) keine Steuererklärungen ab. Daraufhin erließ der Beklagte und Rechtsmittelgegner (das Finanzamt --FA--) am 11. September 1998 (Einkommensteuer 1996) und am 10. Februar 1999 (Einkommensteuer 1993 bis 1995 und Umsatzsteuer 1993 bis 1996) Steuerbescheide mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen.

Gegen sämtliche Bescheide legte der Kläger erfolglos Einspruch ein.

Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, da der Kläger den Streitgegenstand nicht hinreichend bezeichnet habe. Die Revision ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.

Gegen das am 20. März 2000 zugestellte Urteil legte der Kläger mit Telefax vom 19. April 2000 "Widerspruch" ein und bat um einen Besprechungstermin beim FG. Dabei teilte er mit, er sei körperlich und geistig schwerbehindert und nach Ansicht seines Arztes nicht prozessfähig. Eine Anfrage des FG, ob dieser "Widerspruch" als Revision oder als Nichtzulassungsbeschwerde anzusehen sei, blieb unbeantwortet. Daraufhin behandelte das FG den "Widerspruch" als Nichtzulassungsbeschwerde, der es nicht abhalf.

Der "Widerspruch" des Klägers gegen das Urteil des FG ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen.

Der "Widerspruch" des Klägers wurde von dem FG zu Recht dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorgelegt, da er als ein Rechtsmittel gegen das FG-Urteil anzusehen ist. Der "Widerspruch" kann nicht etwa als Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 der Zivilprozeßordnung (ZPO) wegen der geltend gemachten Prozessunfähigkeit des Klägers ausgelegt werden, da eine Nichtigkeitsklage gemäß § 578 Abs. 1 ZPO erst nach Rechtskraft eines Urteils erhoben werden kann. Durch seinen "Widerspruch" hat der Kläger den Eintritt der Rechtskraft aber gerade verhindert.

Der "Widerspruch" ist unzulässig, da er nicht von einer postulationsfähigen Person eingelegt worden ist. Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.d.F. des Gesetzes vom 17. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2447, BStBl I 2000, 3) muss sich vor dem BFH jeder Beteiligte --ausgenommen juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden-- durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Der Kläger, der den "Widerspruch" persönlich eingelegt hat, verfügt nicht über diese Qualifikation.

Im Übrigen ist das von dem Kläger eingelegte Rechtsmittel auch deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil für den Senat nicht eindeutig erkennbar ist, ob er das Rechtsmittel unter den rechtlichen Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision (§ 116 FGO) oder einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 115 Abs. 3 FGO) prüfen soll. Lässt ein Rechtsmittel nicht erkennen, ob der Rechtsmittelführer Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde einlegen will, so ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Januar 1989 VII R 94/88, BFH/NV 1989, 648).

Für die Entscheidung über den von dem Kläger persönlich eingelegten "Widerspruch" ist es unerheblich, ob der Kläger prozessunfähig ist. Zwar ist ein Kläger, der sich in einem Revisionsverfahren auf seine Prozessunfähigkeit beruft, für den Streit über seine Prozessfähigkeit als prozessfähig zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 3. Dezember 1971 III R 44/68, BFHE 105, 230, BStBl II 1972, 541). Doch muss sich auch eine prozessunfähige Person nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Der persönlich eingelegte "Widerspruch" ist deshalb auch dann unzulässig, wenn der Kläger prozessunfähig sein sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Für Zwecke der Kostenfestsetzung ist das Rechtsmittel zugunsten des nicht durch eine postulationsfähige Person vertretenen Klägers als Nichtzulassungsbeschwerde zu behandeln, da dies zu einer geringeren Kostenbelastung führt (vgl. hierzu z.B. den BFH-Beschluss vom 29. Oktober 1996 X R 138/96, BFH/NV 1997, 361).

Ende der Entscheidung

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