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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.07.2008
Aktenzeichen: IV B 73/07
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 56
FGO § 116 Abs. 2
FGO § 155
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 182 Abs. 2 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, da sie nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils des Finanzgerichts (FG) eingelegt wurde (§ 116 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nicht zu gewähren ist (§ 56 FGO).

1. Die Beschwerde wurde von der X-Partnerschaftsgesellschaft (X) am Montag, dem 11. Juni 2007, per Telefax eingelegt. Für das erstinstanzliche Verfahren war jedoch nicht nur die G, sondern auch die Y-KG Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Y) bevollmächtigt, der das Urteil gemäß Zustellungsurkunde (vgl. § 182 der Zivilprozessordnung --ZPO-- i.V.m. § 53 Abs. 2 FGO) bereits am Dienstag, dem 8. Mai 2007, zugestellt wurde. Da bei Bestellung mehrerer Bevollmächtigter die Rechtsmittelfristen nach der zuerst vorgenommenen Zustellung zu bestimmen sind (§ 84 ZPO; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Oktober 1986 II R 88/86, BFH/NV 1988, 371; vom 28. April 2004 VII B 29/04, juris; Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 8. März 2004 II ZB 21/03, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 2004, 865; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 62 Rz 108, m.w.N.), ist im Streitfall die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde am Freitag, dem 8. Juni 2007, abgelaufen (§ 54 FGO i.V.m. §§ 186, 187, 188 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Die am 11. Juni 2007 eingegangene Beschwerde war somit verfristet.

Soweit im Beschwerdeverfahren --nach Hinweis des Senats-- vorgetragen worden ist, die X habe davon ausgehen können, dass das Urteil ihr "alleine" zugestellt werde, da die Y lediglich als laufender steuerlicher Berater zur Beseitigung von Zweifeln im Sachverhalt eingebunden gewesen sei, versteht der Senat die Äußerung dahin, dass hiermit nicht die Bevollmächtigung der Y für das erstinstanzliche Verfahren in Frage gestellt werden soll. Ein hierauf gerichteter Einwand könnte auch erkennbar keinen Erfolg haben, da die Y nicht nur die Klage erhoben, sondern mit Schreiben vom 16. September 2004 an das FG ausdrücklich erklärt hat, "nach Rücksprache mit den weiteren Bevollmächtigten ... weiterhin bevollmächtigt (zu sein)". Ihr sind deshalb auch die Stellungnahmen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) zugeleitet worden. Zudem wurde sie durch Steuerberater Z. in der mündlichen Verhandlung vertreten (zur Bestellung i.S. von § 62 Abs. 3 Satz 4 FGO a.F. und § 62 Abs. 6 Satz 5 FGO n.F. vgl. BFH-Beschluss vom 20. Januar 2003 VI B 138/02, BFH/NV 2003, 788) und ist im Rubrum des vorinstanzlichen Urteils als Prozessbevollmächtigte zu 2. ausgewiesen.

2. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Folge, dass die Beschwerde als rechtzeitig eingelegt gelten würde, sind nicht ersichtlich.

a) Der Vortrag der Beschwerde, die Frist des § 116 Abs. 2 FGO sei deshalb i.S. von § 56 FGO unverschuldet versäumt worden, weil trotz der zwischen den Bevollmächtigten abgesprochenen Arbeitsteilung, nach der die X das Verfahren zu führen und die Fristen zu überwachen gehabt habe, sie von der Y nicht über die Zustellung des vorinstanzlichen Urteils unterrichtet worden sei, ist unschlüssig. Abgesehen davon, dass die Absprache lediglich behauptet, nicht hingegen glaubhaft gemacht worden ist, lässt der Vortrag außer Acht, dass bei Bevollmächtigung mehrerer Personen jede einzeln mit Wirkung für den Vertretenen handeln kann und eine Einschränkung dieser Befugnis (Gesamtvertretung) nicht zulässig ist (§ 84 ZPO; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 62 Rz 16). Deshalb ist auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass der eine Prozessbevollmächtigte (hier: Y) den anderen (hier: X) über die erfolgte Zustellung unterrichten muss und das Unterlassen einer solchen Information ein dem Steuerpflichtigen zuzurechnendes Verschulden begründet (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO; z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Juni 2002 XI R 8/97, BFH/NV 2002, 1468; vom 28. Januar 2003 X B 84/02, BFH/NV 2003, 648, m.w.N.; BGH-Beschluss vom 10. April 2003 VII ZR 383/02, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2003, 2100). Zudem bestand für X --angesichts der zu Abschn. 1 dieses Beschlusses dargelegten Umstände (Bevollmächtigung der Y nach Rücksprache mit den anderen Bevollmächtigten, gemeinsame Vertretung in der mündlichen Verhandlung, Ausweis beider Bevollmächtigten im Rubrum des FG-Urteils)-- kein Anlass zu der Annahme, dass das Urteil des FG der Y nicht zugestellt werden würde. Demgemäß war auch X --zur Vermeidung eines Verschuldens i.S. von § 56 FGO-- dazu verpflichtet, sich über den Zeitpunkt der Zustellung an die Y zu unterrichten (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Januar 1991 IX B 46/90, BFH/NV 1991, 612; in BFH/NV 2002, 1468; BGH-Beschluss in NJW 2003, 2100).

b) Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass das Urteil der X ausweislich des Datums der Zustellungsurkunde am Dienstag, dem 8. Mai 2007, zugestellt, auf dem Umschlag (§ 182 Abs. 2 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 53 Abs. 2 FGO) jedoch der 9. Mai 2007 vermerkt worden ist. Zwar kann eine Divergenz in den Datumsangaben der Zustellungsurkunde und dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks grundsätzlich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen (Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 182 Rz 19 a.E.). Im Streitfall ist hierauf jedoch nicht einzugehen, da hierdurch die Kausalität der aufgezeigten Pflichtverstöße der Bevollmächtigten (fehlende wechselseitige Unterrichtung) für die Fristversäumnis nicht aufgehoben wird.

Ende der Entscheidung

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