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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.06.2002
Aktenzeichen: IV B 76/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 42 Abs. 2
FGO § 51 Abs. 1
FGO § 71 Abs. 2
FGO § 128 Abs. 2
FGO § 128 Abs. 1 a.F.
FGO § 129 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat in erster Linie Bezug auf seinen Beschluss vom gleichen Tag in dem Parallelverfahren IV B 75/01, betreffend die Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht X. Weiter führt er aus:

Mit Schriftsatz vom Sonntag, dem 17. Dezember 2000, lehnte der Prozessbevollmächtigte der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht nur X, sondern auch den Berichterstatter, Richter am Finanzgericht Y, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Hierzu trug er vor, der Berichterstatter könne als Vertreter bzw. Interessenwahrer des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) verstanden werden, weil die Verfahren unter Missachtung der Rechte der Kläger "durchgezogen" würden.

Verfahrens- und Beweisanträge der Kläger würden nicht angenommen. In bereits abgeschlossenen, aber sachlich zusammenhängenden erstinstanzlichen Verfahren sei wesentlicher Vortrag sowohl gegenüber den Laienrichtern als auch im Tatbestand unterdrückt worden. In den hiesigen Verfahren sei Folgendes zu beanstanden:

* Verfahren ...

Mit Schreiben vom 30. März 1997 sei beantragt worden, genau bezeichnete Akten beizuziehen, die nach einer Beschlagnahme im Besitz des FA seien, und anschließend Akteneinsicht zu gewähren. Da die betreffenden Akten nicht vorgelegt und vom Berichterstatter nicht beigezogen worden seien, habe sich die angebotene Akteneinsicht als Verweigerung von Akteneinsicht dargestellt. Dadurch werde bewirkt, dass die Klägerin sich nicht vertreten könne. Der Berichterstatter wolle das Verfahren zum Nachteil der Klägerin durchpeitschen.

* Verfahren ...

Schon mit den Klageschriften sei umfassend vorgetragen und neben einigen Beweisangeboten die Zuziehung von Akten und anschließende Akteneinsicht beantragt worden. Weder habe das Gericht die Akten zugezogen, noch sei Akteneinsicht gewährt worden.

* Verfahren ...

Schon mit der Klage sei Zuziehung von Steuerakten und alsdann Akteneinsicht beantragt worden. Das FA habe Vollstreckungs- und Rechtsbehelfsakten, nicht aber die Steuerakten übersandt. Nach Wiederholung des Antrags auf Zuziehung von Akten habe der Berichterstatter die vorgelegten Akten zur Ermöglichung einer Stellungnahme an das FA zurückgegeben, das anschließend nur noch eine Vollstreckungsakte und EDV-Listen vorgelegt habe. Die Einräumung der Akteneinsicht sei unter diesen Umständen ein reines "Lippenbekenntnis".

In den Verfahren ... und ... sei bereits erfolglos ein Ablehnungsgesuch gestellt worden (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Mai 1998 X B 25/98, BFH/NV 1998, 1504). Der Fortlauf des Verfahrens habe gezeigt, dass die damalige Besorgnis begründet gewesen sei. Zum Nachteil der Kläger sortiere der Berichterstatter die Verfahren vor. Anträge auf Verbindung von Verfahren würden ignoriert. Dies habe sich bereits bei früheren Verfahren betreffend die Jahre 1984 bis 1988 gezeigt. Es wiederhole sich in den hiesigen Verfahren. In dem Verfahren ... sei umfassend zu den Feststellungen der Betriebsprüfung Stellung genommen worden. Dieses Vorbringen sei auch in den anderen Verfahren von Bedeutung. Danach wäre es logisch, alle Verfahren zusammenzufassen. Stattdessen werde in dem Verfahren ... nicht terminiert. Dies könne nur so erklärt werden, dass den Klägern in den terminierten Verfahren unsubstantiierter Vortrag vorgehalten werden solle. Nach Abschluss dieser Verfahren zum Nachteil der Kläger würde dann die Entscheidung in dem Verfahren ... darauf gestützt, dass über die Sachfragen schon in den anderen Verfahren entschieden worden sei. Diese schlüssig erkennbare Taktik begründe die Besorgnis der Kläger.

Die Erkenntnisse aus früheren Verfahren müssten objektiv mit berücksichtigt werden. Dort hätten die Kläger erfahren, dass sowohl vom Vorsitzenden als auch vom Berichterstatter alle Verfahrensanträge kommentarlos nicht berücksichtigt worden seien. Erheblicher Vortrag zum Komplex 1984 bis 1988 betreffend ein selbständiges Beweismittel sei vollständig unterdrückt worden. Dadurch sei es auch den Laienrichtern nicht möglich gewesen, objektiv zu urteilen. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs sei im Komplex 1984 bis 1988 beantragt worden, die hiesigen Verfahren mit den dortigen zu verbinden. Wäre das Finanzgericht (FG) dem gefolgt, hätten die hiesigen Verfahren schon am 19. September 2000 mit verhandelt werden können. Stattdessen lasse das Gericht die Verfahren liegen, um sie dann unter einem verfahrensmäßig schweren Handicap für die Kläger durchzupeitschen. Dies könne nur mit einer unsachlichen Behandlung erklärt werden.

Nach Ablehnung des Befangenheitsgesuchs gegen VRiFG X verhandelte der Senat unter Vorsitz von X, aber unter Mitwirkung des Vertreters von RiFG Y, mündlich über das Befangenheitsgesuch gegen Y. Dieser gab eine dienstliche Erklärung ab, wonach er sich nicht für befangen halte. Die behaupteten Verfahrensmängel sowie die Unrichtigkeit von Sachentscheidungen in anderen Verfahren seien nicht im Verfahren einer Richterablehnung geltend zu machen. In den zur Entscheidung stehenden Verfahren seien die Steuerakten hinzugezogen worden. Vom Recht auf Akteneinsicht hätten die Kläger keinen Gebrauch gemacht. Die Verbindung der die Vorjahre betreffenden Verfahren sei auf Antrag der Kläger erfolgt. Ein Zusammenhang jener Verfahren mit den jetzt zur Entscheidung anstehenden Verfahren sei nicht substantiiert dargetan.

Nach Unterbrechung der Sitzung zur Beratung ohne Y wurde der Beschluss verkündet, dass der Antrag auf Ablehnung des RiFG Y abgelehnt werde. Zur Begründung der Entscheidung heißt es, es lägen keine Verfahrenshandlungen des Y vor, die bei Anlegung eines objektiven Maßstabs Anlass gäben, Voreingenommenheit zu befürchten.

Der Vorwurf, Y habe die Verfahren unter Missachtung der Rechte der Antragsteller --insbesondere des Rechts auf Akteneinsicht-- durchpeitschen wollen, entbehre jeder Grundlage. Vielmehr seien den Klägern weitreichende Möglichkeiten zur Stellungnahme und zur Akteneinsicht gegeben worden, ohne dass hiervon Gebrauch gemacht worden wäre. Teilweise seien mehrfache Aufforderungen zu Gegenäußerungen erfolglos geblieben. Zuletzt sei in Verbindung mit der Ankündigung einer Terminierung fruchtlos Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben worden. Der Vorwurf, die Terminierung von vier Streitsachen ohne das Verfahren ... beruhe auf sachfremden Erwägungen, sei abwegig, zumal es in jenem nicht terminierten Verfahren um Nachkalkulationen im Gaststättengewerbe des Klägers (zu 3) gehe, wozu noch ein Strafverfahren schwebe. Gegen frühere Entscheidungen des Senats könnten sich die Kläger nur mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen, nicht aber mit einem Ablehnungsgesuch gegen den Berichterstatter wenden.

Gegen den Beschluss über die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs haben die Kläger mit am 8. Februar 2001 beim FG eingegangenem Schriftsatz Beschwerde erhoben. Zur Begründung nehmen sie Bezug auf den bisherigen Vortrag und bringen ergänzend vor, ihnen sei das rechtliche Gehör verweigert worden. Auch ohne --hier gegebenen-- ausdrücklichen Antrag sei eine dienstliche Äußerung den Beteiligten zuzustellen, um Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies sei zwingend, wenn das Gericht die Äußerung verwerten wolle und sie mehr enthalte als die Angabe, man halte sich nicht für befangen. Für den Fall, dass die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen VRiFG X diesbezüglich Erfolg habe, sei der Beschluss über das Befangenheitsgesuch gegen RiFG Y bereits deshalb aufzuheben, weil der abgelehnte Y daran mitgewirkt habe. Zum Verfahren ... sei festzustellen, dass es für 10.20 Uhr terminiert gewesen sei. Da die Entscheidung (über das Ablehnungsgesuch) bereits um 10.10 Uhr verkündet worden sei, sei die Öffentlichkeit insoweit ausgeschlossen gewesen. Aus der Zeitabfolge sei ersichtlich, dass kein Verfahren auf dem Boden der Finanzgerichtsordnung (FGO) stattgefunden habe. Die herbeigerufenen Ersatzrichter hätten nicht einmal Gelegenheit gehabt, die umfassende Akte unter Berücksichtung des Antragsvorbringens zu lesen (Beweis: Sachverständigengutachten). Sie hätten gefälligkeitshalber das getan, was die abgelehnten Richter ihnen vorgegeben hätten. Die Laienrichter seien über den Sachverhalt und die Bedeutung des Ablehnungsgesuchs und die dabei zwingend zu beachtenden Kriterien, insbesondere den parteiobjektiven Standpunkt, nicht belehrt, sondern überrumpelt worden. Heute befragt, könnten sie weder die Kriterien für die Entscheidung nennen noch erklären, was unter einem parteiobjektiven Standpunkt zu verstehen sei. Das sei ihnen auch bei der Entscheidung nicht klar gewesen (Beweis: Sachverständigengutachten, Zeugnis der ehrenamtlichen Richter).

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Befangenheit des Richters am FG Y festzustellen.

Das FA hat keinen Antrag gestellt.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

1. Die Beschwerde ist statthaft und rechtzeitig erhoben worden. Zwar kann nach § 128 Abs. 2 FGO i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ein Beschluss über die Ablehnung von Gerichtspersonen entgegen der früheren Rechtslage nicht mehr mit der Beschwerde angefochten werden. Gemäß Art. 4 2.FGOÄndG richtet sich die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen eine gerichtliche Entscheidung aber nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, wenn die Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet oder von Amts wegen anstelle einer Verkündung zugestellt worden ist.

Vorliegend ist der angefochtene Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2000 verkündet worden und hat damit insoweit Wirksamkeit erlangt, so dass bereits vor Zustellung der schriftlich abgefassten Entscheidung eine Beschwerde nach § 128 Abs. 1 FGO a.F. hätte erhoben werden können (BFH-Beschlüsse vom 19. Juni 1991 VIII B 145/90, BFH/NV 1992, 184, und vom 30. Juni 1998 III B 54/98, BFH/NV 1999, 316). Die spätere Zustellung ergänzt insoweit nur die frühere Verkündung, tritt aber nicht an deren Stelle. Allerdings läuft die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß § 129 Abs. 1 FGO erst nach Aushändigung einer schriftlichen und zutreffenden Rechtsmittelbelehrung (§ 55 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 113 Abs. 1, 105 Abs. 2 Nr. 6 FGO; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 129 Rz. 4). Gegenüber den Klägern, die in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, konnte die Frist deshalb erst durch Zustellung der mit einer richtigen Rechtsmittelbelehrung versehenen schriftlichen Entscheidung in Gang gesetzt werden. Innerhalb dieser Frist ist die Beschwerde beim FG erhoben worden; sie ist damit rechtzeitig eingelegt.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Weder hat das FG Verfahrensvorschriften bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch verletzt noch liegt ein Ablehnungsgrund gegenüber RiFG Y vor.

a) Das FG hat in seiner Besetzung mit dem Vertreter für Y verfahrensrechtlich einwandfrei über das Ablehnungsgesuch entschieden. Zutreffend hat VRiFG X an der Entscheidung über das gegen Y gerichtete Gesuch mitgewirkt, nachdem das gegen ihn selbst gerichtete Ablehnungsgesuch zuvor zurückgewiesen worden war.

Soweit die Kläger die Kürze der Zeit rügen, die zur Bearbeitung zur Verfügung stand, müssen sie sich einerseits entgegenhalten lassen, dass sie das Ablehnungsgesuch erst so kurz vor der mündlichen Verhandlung angebracht haben, dass eine --möglicherweise beabsichtigte-- Prozessverschleppung nur vermieden werden konnte, wenn sehr schnell über das Gesuch entschieden wurde. Andererseits reichte die vom Gericht verwendete Zeit jedenfalls für eine sachliche Prüfung des Befangenheitsvorwurfs aus, denn dazu war nicht auf das materielle Vorbringen in dem Schriftsatz der Kläger vom 17. Dezember 2000 einzugehen. Die in Vertretung handelnden Richter konnten sich nach dem Zeitablauf der Beratungen, wie er sich aus den Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen in Verbindung mit dem Schreiben des FG vom 28. Februar 2001 ergibt, hinreichend mit den Einwänden der Kläger gegen die beiden abgelehnten Richter befassen. Dafür, dass die ehrenamtlichen Richter nicht ordnungsgemäß in das Verfahren einbezogen wurden, gibt es keinen Anhaltspunkt. Der diesbezüglich "ins Blaue hinein" aufgestellten Behauptung der Kläger braucht der Senat nicht weiter nachzugehen.

Zu Unrecht machen die Kläger außerdem geltend, ihr Recht auf Gehör sei verletzt worden, weil ihnen die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters nicht zugestellt worden sei. Zwar dürfen bei einer Entscheidung über die Ablehnung eines Richters Tatsachen und Beweisergebnisse, die das Gericht der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters entnommen hat, nur dann verwertet werden, wenn der Ablehnende zu der dienstlichen Äußerung Stellung nehmen konnte (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 25. Juni 1968 2 BvR 599, 677/67, BVerfGE 24, 56). Im vorliegenden Fall enthält die dienstliche Stellungnahme jedoch einerseits keine neuen Tatsachen oder Beweismittel, sondern neben der Äußerung, nicht befangen zu sein, lediglich Rechtsausführungen und die Widergabe von aktenkundigen Vorgängen. Das Gericht konnte demgemäß keine neuen Tatsachen oder Beweismittel aus der Stellungnahme verwenden und hat sich ausschließlich auf den Akteninhalt oder auf unstreitige Tatsachen gestützt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs scheidet insoweit also bereits aus (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 1991 III B 151/87, BFH/NV 1992, 122, und vom 25. März 1999 IV B 82/98, BFH/NV 1999, 1466). Andererseits hätten sich die Kläger zu der dienstlichen Stellungnahme äußern können, denn sie wurde in der mündlichen Verhandlung abgegeben. Dass die Kläger an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen haben, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Denn auch wenn der Prozessbevollmächtigte durch Krankheit verhindert gewesen sein sollte, wofür dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2000 allerdings keine Belege beigefügt waren, hätte er sich zumindest in der Ablehnungssache vertreten lassen müssen. Denn er musste damit rechnen, dass über das unmittelbar vor dem Termin eingegangene Ablehnungsgesuch mündlich verhandelt werden würde. Einer Vertretung hätte insoweit auch nicht die Komplexität der Streitsachen entgegengestanden, denn Inhalt der Verhandlung wären allein die Maßnahmen und Äußerungen der abgelehnten Richter im Lauf der Verfahren gewesen. Schließlich haben sich die Kläger auch mit der Beschwerde in der Sache nicht mit der dienstlichen Äußerung auseinander gesetzt. Es ist danach nicht erkennbar, was sie seinerzeit im Fall einer Aufforderung zur Stellungnahme hätten vortragen wollen.

Auch der Einwand, die Verkündung der Entscheidung über die Ablehnung des RiFG Y sei vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Verfahren erfolgt, greift nicht durch. Zwar trifft es zu, dass die mündliche Verhandlung in dem letzten Verfahren erst auf 10.20 Uhr anberaumt worden war. Doch wurde der hier angefochtene Beschluss über das Ablehnungsgesuch (betreffend Y) ausweislich der zusammengefassten Niederschrift über den Termin am 18. Dezember 2000 erst nach 10.32 Uhr verkündet. Ungeachtet dessen läge in einer vorzeitigen Verkündung aber auch kein wesentlicher Mangel des Verfahrens zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch. Denn die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch kann ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 46 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO-- i.V.m. § 51 FGO). In Bezug auf das betreffende letzte Verfahren ist damit zumindest durch den zugestellten Beschluss ordnungsgemäß über das Ablehnungsgesuch entschieden worden.

b) Gegenüber dem RiFG Y besteht keine Besorgnis der Befangenheit.

Nach § 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden wird. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflusst ausfiele. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Juli 1985 V B 3/85, BFHE 144, 144, BStBl II 1985, 555, und vom 11. Januar 1995 IV B 104/93, BFH/NV 1995, 629). Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters bilden --selbst wenn sie vorliegen-- grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund. Anders verhält es sich nur, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruht (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1995, 629, und vom 27. März 1997 XI B 190/96, BFH/NV 1997, 780, jeweils m.w.N.). Darauf kann etwa eine Häufung von Verfahrensfehlern hinweisen (BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1993 XI B 91/92, BFH/NV 1994, 489, und in BFH/NV 1995, 629). Verfahrensverstöße und andere Verhaltensweisen können zudem in ihrer Gesamtheit einen Grund darstellen, der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus zu Recht befürchten lassen kann, der abgelehnte Richter werde nicht unparteilich entscheiden (BFH-Beschluss vom 21. November 1991 VII B 53-54/91, BFH/NV 1992, 526).

Die von den Klägern gerügten Verfahrenshandlungen des RiFG Y waren ordnungsgemäß und lassen nach den vorstehenden Grundsätzen keine unsachliche Einstellung des Richters erkennen.

Entgegen ihrer Darstellung ist den Klägern großzügig Gelegenheit zur Stellungnahme in allen Streitverfahren gegeben worden. Bis zum Eingang des Schriftsatzes vom 17. Dezember 2000 gingen jedoch Stellungnahmen nicht ein. Auch die angebotene Akteneinsicht wurde nicht wahrgenommen. Soweit die Kläger im Wege der Akteneinsicht Einblick auch in solche Akten nehmen wollten, die vom FA nicht vorgelegt worden waren, hätten sie nicht nur detailliert vortragen müssen, um welche Akten es sich handelt, sondern auch, warum diese Akten zu den "den Streitfall betreffenden Akten" des FA i.S. des § 71 Abs. 2 FGO gehörten. Damit hätten sie das FG in die Lage versetzt zu überprüfen, ob unter Berufung auf § 71 Abs. 2 FGO die Vorlage weiterer Akten hätte verlangt werden müssen. Nach Darstellung des FA bezogen sich die bezeichneten Akten nicht auf den Betrieb der Klägerinnen zu 1 und 2, sondern auf den in den betreffenden Verfahren nicht zu beurteilenden Betrieb des Klägers zu 3. Zu dieser Darstellung haben die Kläger trotz Aufforderung des Gerichts nicht Stellung genommen. Dafür, dass der Berichterstatter bewusst auf die Vorlage der die Streitsachen betreffenden Akten verzichtet hätte, um die Kläger zu benachteiligen, gibt es unter diesen Umständen keinerlei Anhaltspunkte.

Das Vorbringen der Kläger ist unschlüssig, soweit sie in dem Unterlassen der Verbindung der hiesigen Verfahren mit denen des Vorprüfungszeitraums eine Benachteiligung sehen. Ihrem eigenen Vortrag zufolge wurde über die Verfahren betreffend 1984 bis 1988 bereits im September 2000 mündlich verhandelt, so dass bei einer Verbindung spätestens zu diesem Zeitpunkt alles Entscheidungserhebliche hätte vorgetragen sein müssen. Tatsächlich hatten die Kläger aber in Kenntnis vom Ausgang der damaligen Verfahren Gelegenheit, sachgerecht in den hiesigen Verfahren vorzutragen oder Anträge zu stellen. Ein Nachteil kann in dem Verzicht auf eine Verbindung danach nicht gesehen werden.

Ebenso ist nicht zu erkennen, weshalb die Kläger in der noch nicht erfolgten Terminierung des Verfahrens ... eine Benachteiligung sehen. Die Überlegung der Kläger, das FG könne die anderen Klagen mangels Sachvortrags zurückweisen, um dann mit Rücksicht darauf auch die Klage in dem noch offenen Verfahren abzuweisen, obwohl dort nach Darstellung der Kläger umfangreich und entscheidungserheblich vorgetragen worden ist, erscheint nicht nachvollziehbar. Der Verzicht auf eine Terminierung in dem Verfahren des Klägers zu 3 ist vielmehr sachgerecht, nachdem dort über einen völlig anderen Streitgegenstand zu entscheiden ist (Ordnungsmäßigkeit der Buchführung einer Gaststätte) und außerdem ein aus Sicht des FG vorgreifliches Strafverfahren schwebt.

Auf Verfahrenshandlungen des Berichterstatters in den Verfahren für den vorangegangenen Prüfungszeitraum können sich die Kläger nicht berufen. Denn dort steht nach der Entscheidung des BFH in BFH/NV 1998, 1504 fest, dass eine Besorgnis der Befangenheit aufgrund der damaligen Verfahrenshandlungen nicht bestand.

Ende der Entscheidung

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