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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.05.2001
Aktenzeichen: IV E 1/01
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 8
GKG § 5
GKG § 8 Abs. 1
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Erinnerungsführer) ist Steuerberater. Gegen ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln vom 21. Oktober 1999 betreffend Gewerbesteuer-Messbeträge 1983 bis 1985 legte er namens seines Mandanten (Kläger) unter dem 15. November 1999 ausdrücklich Revision ein. Die Revisionsschrift enthielt keine weitere Begründung. Durch andere Prozessbevollmächtigte des Klägers wurde Nichtzulassungsbeschwerde gegen dasselbe Urteil eingelegt.

Die Geschäftsstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) erteilte mit Schreiben vom 20. Dezember 1999 den Bevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eine Eingangsnachricht. Unter dem Aktenzeichen der Revision fragte sie mit weiterem Schreiben vom gleichen Tag bei diesen Bevollmächtigten an, ob sie den Kläger auch in dem Revisionsverfahren verträten. In dem Schreiben wurde als Betreff fälschlich Gewerbesteuer-Messbeträge 1993 bis 1995 (statt 1983 bis 1985) angegeben. Die Bevollmächtigten nahmen daraufhin mit dem Erinnerungsführer Kontakt auf, übersandten ihm Kopien der beiden Schreiben der Geschäftsstelle und erklärten, sie gingen davon aus, dass ihr Verfahren mit dem Verfahren wegen Gewerbesteuer-Messbeträgen 1993 bis 1995 nichts zu tun habe. Dies teilten sie auch der Geschäftsstelle des BFH mit. Daraufhin schrieb die Geschäftsstelle des BFH den Erinnerungsführer am 13. Januar 2000 zu dem Aktenzeichen der Revision und wiederum mit dem falschen Betreff an und wies ihn auf die abgelaufene Revisionsbegründungsfrist und die Möglichkeit der Wiedereinsetzung hin. Außerdem bat sie unter Fristsetzung bis zum 15. Februar 2000 und unter Hinweis auf die Kostentragungspflicht für einen vollmachtlosen Vertreter um Vorlage einer Prozessvollmacht.

Nachdem der Erinnerungsführer auf das Schreiben vom 13. Januar 2000 nicht reagiert hatte, verwarf der Senat mit Beschluss vom 14. November 2000 die Revision als unzulässig und erlegte die Kosten des Verfahrens dem Erinnerungsführer auf. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kostenstelle des BFH setzte mit Kostenrechnung vom 7. Februar 2001 Gerichtskosten in Höhe von 1 130 DM für das Revisionsverfahren fest.

Dagegen legte der Erinnerungsführer am 19. Februar 2001 "Beschwerde" ein. Er trägt vor, aus dem Urteil des FG sei nicht hervorgegangen, dass das FG über die Unzulässigkeit der Revision habe entscheiden können. Deshalb habe er die Senatsvorsitzende angerufen und um Aufklärung gebeten, was als Belästigung verstanden worden sei. Zur Fristwahrung habe er am 15. November 1999 Revision eingelegt und gleichzeitig mitgeteilt, dass er rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen würde. Dies sei durch Beauftragung der Anwälte geschehen, die als Bevollmächtigte im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aufgetreten seien und am 17. November 1999 mitgeteilt hätten, dass die Revision als Nichtzulassungsbeschwerde behandelt werden solle, weil aus dem FG-Urteil nicht eindeutig die Zulässigkeit einer Revision erkennbar sei. Nach Information der Anwaltskanzlei über die beiden Schreiben der Geschäftsstelle des BFH vom 20. Dezember 1999 habe er den Geschäftsstellenbeamten am 29. Dezember 1999 angerufen. Dieser habe die Vergabe von zwei Aktenzeichen für 1983 bis 1985 und 1993 bis 1995 als Fehler des BFH bezeichnet. Weil es sich um einen Fehler des BFH gehandelt habe, sei mit diesem Anruf die Angelegenheit für ihn erledigt gewesen.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß, Kosten für das Revisionsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht zu erheben.

Der Vertreter der Staatskasse (Erinnerungsgegner) beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Er sieht die Beschwerde als Erinnerung gegen die Kostenrechnung an. Eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 8 GKG sei nicht zu erkennen. Gegen das Urteil des FG sei Revision eingelegt und diese später nicht zurückgenommen worden. Da eine Vollmacht für den Erinnerungsführer nicht vorgelegt worden sei, habe die Revision mit der für ihn ungünstigen Kostenfolge als unzulässig verworfen werden müssen.

Die Erinnerung ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

1. Der Erinnerungsführer begehrt eine Entscheidung über Nichterhebung der Gerichtskosten gemäß § 8 GKG für das Verfahren IV R 92/99. Wird ein solcher Antrag nach Ergehen der Kostenrechnung gestellt, ist er als Erinnerung i.S. des § 5 GKG zu behandeln (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31. Juli 1985 II E 1/85, BFH/NV 1986, 110, m.w.N.).

2. Die Erinnerung ist nicht begründet, denn die Kostenrechnung selbst ist inhaltlich unstreitig nicht zu beanstanden und die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 GKG liegen nicht vor.

a) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Als unrichtige Sachbehandlung kommen nur erkennbare Versehen oder materielle Verstöße gegen eindeutige Rechtsnormen des materiellen oder formellen Rechts in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. November 1987 II E 1/87, BFH/NV 1988, 324; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, Vor § 135 Rz. 19). Die Entstehung der Kosten für das Revisionsverfahren IV R 92/99 beruht nicht auf einer derartigen fehlerhaften Sachbehandlung des BFH.

b) Allerdings ist dem BFH bei der Angabe des Betreffs für das Verfahren IV R 92/99 ein Fehler unterlaufen, denn anstelle der Jahre 1983 bis 1985 wurden die Jahre 1993 bis 1995 als Streitzeitraum bezeichnet. Dadurch ergaben sich für die Bevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und für den Erinnerungsführer Unklarheiten.

c) Indessen war dieser Fehler nicht ursächlich für die Entstehung der Kosten im Revisionsverfahren. Der Erinnerungsführer hatte mit Schriftsatz vom 15. November 1999 ausdrücklich Revision eingelegt. Die Bezeichnung des Rechtsbehelfs als Revision durch einen fachkundigen Prozessvertreter lässt eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. schon BFH-Beschluss vom 27. Januar 1967 VI R 216/66, BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291; auch Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 50, m.w.N.). Entgegen der von den Bevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ausgedrückten Erwartung konnte deren Schriftsatz vom 17. November 1999 nicht als Ergänzung zur Revisionsschrift des Erinnerungsführers angesehen werden. Davon müssen letztlich auch die dortigen Bevollmächtigten ausgegangen sein, denn sie haben vorsorglich auch ausdrücklich Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.

d) Die Einlegung von zwei Rechtsbehelfen war nicht durch einen Fehler des FG veranlasst. Zwar hat das FG weder im Tenor noch in den Urteilsgründen Ausführungen zur Zulassung der Revision gemacht. Dies ist aber nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch nicht erforderlich. Bringt das FG nicht zum Ausdruck, dass es die Revision zulassen will, ist die Revision versagt (Senatsbeschluss vom 28. Juli 1977 IV R 127/76, BFHE 123, 117, BStBl II 1977, 819; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 41, m.w.N.). Im Übrigen ist auch die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils zutreffend und nicht missverständlich.

e) Infolge eines unzutreffenden Verständnisses des FG-Urteils durch den Erinnerungsführer und evtl. auch durch die Bevollmächtigten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens waren dementsprechend zwei Verfahren beim BFH anhängig gemacht worden, von denen nur die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig war. Für die Revision war mit der Einlegung eine Verfahrensgebühr entstanden, die sich bei Rücknahme allerdings verringert hätte (Kostenverzeichnis zu § 11 GKG Nr. 3131). Eine Rücknahme ist jedoch nicht erfolgt. Sie hätte nur schriftlich erklärt werden können. Das Unterlassen einer solchen Erklärung beruhte nicht auf dem zuvor (unter b) beschriebenen Fehler der Geschäftsstelle des Senats. Der Erinnerungsführer hätte deren Schreiben vom 13. Januar 2000 zum Anlass nehmen müssen, sich von sich aus um eine weitere Klärung zu bemühen und die Revision ggf. zurückzunehmen. Das hat er nicht getan; er hat das Schreiben nicht (mehr) beantwortet.

3. Der Erinnerungsführer hätte auch die unmittelbare Kostenfolge für sich abwenden können, wenn er eine Prozessvollmacht vorgelegt hätte, die auch das Verfahren vor dem BFH einschließt. Dazu hatte ihn die Geschäftsstelle des BFH aufgefordert. Selbst wenn dies unter der fehlerhaften Angabe des Betreffs geschah, hätte der Erinnerungsführer diese Aufforderung nicht unbeachtet lassen dürfen.

4. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 6 GKG).



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