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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.11.2002
Aktenzeichen: IV E 2/02
Rechtsgebiete: ZPO, FGO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 5
FGO § 155
GKG § 5 Abs. 1 Satz 1
GKG § 14 Abs. 2 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerdeführerin, Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) legte mit Schreiben vom ... Juni 2002 Erinnerung gegen die Kostenrechnung der Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) betreffend die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) ein. Gegenstand des Klageverfahrens und des Beschwerdeverfahrens waren jeweils die gesonderten und einheitlichen Feststellungen der gemeinsamen Einkünfte der Kostenschuldnerin und ihres im Jahre 1994 verstorbenen Ehemannes aus Land- und Forstwirtschaft für die Jahre 1993 und 1994 sowie die Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994. Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies der beschließende Senat als unbegründet zurück und erlegte die Kosten dieses Verfahrens der Kostenschuldnerin auf. Die Kostenstelle setzte --ausgehend von einem Streitwert von 22 657 EUR-- eine Gebühr in Höhe von 311,80 EUR fest.

Mit der namens der Kostenschuldnerin erhobenen Erinnerung machen die Prozessbevollmächtigten geltend, die Kostenrechnung sei nicht zutreffend; das FG habe den Streitwert auf 17 254 DM festgesetzt und eine andere Streitwertberechnung liege nicht vor.

In ihrer Stellungnahme wies die Kostenstelle des BFH darauf hin, die Streitwertfestsetzung des FG sei nicht bindend; sie habe zu Unrecht nur die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen berücksichtigt, obwohl zum Streitgegenstand zusätzlich auch die gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen gehörten. Nach der begehrten Gewinnminderung von 108 245 DM sei der Streitwert insoweit mit 25 v.H. dieses Betrages zu bemessen.

Der Vertreter der Staatskasse (Erinnerungsgegner) beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Erinnerung ist nur teilweise begründet.

Da die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens vom BFH als dem Rechtsmittelgericht anzusetzen waren, entscheidet nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Senat als das damit befasste Gericht auch über die Erinnerung gegen den Kostenansatz.

Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 14 Abs. 1 Satz 1 GKG). Weiter ist im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der für das Revisionsverfahren maßgebende Streitwert zu Grunde zu legen (§ 14 Abs. 3 GKG). Daraus erhellt zugleich, dass der BFH nicht an die Festsetzung des Streitwerts durch das FG gebunden ist (vgl. z.B. auch Senatsbeschluss vom 10. Juni 1999 IV E 2/99, BFH/NV 1999, 1608).

Zwar wird der Streitwert der Rechtsmittelinstanz nach § 14 Abs. 2 Satz 1 GKG durch den Streitwert der ersten Instanz begrenzt. Diese Regelung soll sicherstellen, dass der Streitwert vor dem Rechtsmittelgericht auch dann nicht höher ist als in der ersten Instanz, wenn Rechtsmittelführer der Beklagte oder ein Beigeladener ist und dessen Interesse höher als das des Klägers zu bewerten ist. Dem das Rechtsmittel selbst führenden Kläger gewährt sie aber keinen Vertrauensschutz (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 10. Dezember 1992 6 B 42.92, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 360, § 14 GKG Nr. 4). Setzt das Instanzgericht den Streitwert zu niedrig fest, kann demnach das Rechtsmittelgericht den nach seiner Auffassung materiell zutreffenden Streitwert bei den von ihm festzusetzenden Gerichtskosten zugrunde legen (Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1608; BFH-Beschluss; BFH-Beschluss vom 20. Februar 1998 XI E 1/98, BFH/NV 1998, 999; BVerwG-Beschluss vom 5. Januar 1993 11 ER 100.92, Buchholz, a.a.O., 360, § 13 GKG Nr. 69; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Tz. 119; unklar Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, Vor § 135 Rz. 33).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH beträgt der Streitwert im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung grundsätzlich 25 v.H. des streitigen Gewinns oder Verlustes (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 22. September 1999 IV E 3/99, BFH/NV 2000, 334, sowie BFH-Beschluss vom 28. Februar 2001 VIII E 5/00, BFH/NV 2001, 1035, jeweils m.w.N.). Der Ansatz eines höheren oder niedrigeren Prozentsatzes kommt nur in Betracht, wenn ohne besondere Ermittlungen im Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar ist, dass der Pauschalsatz von 25 v.H. den tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen nicht gerecht wird (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 23. Februar 1978 IV E 1/78, BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409; auch Senatsurteil vom 11. März 1982 IV R 46/79, BFHE 135, 457, BStBl II 1982, 542, zum Revisionsstreitwert; weiter Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz. 35 "Einheitliche Gewinnfeststellung"; Tipke/Kruse, a.a.O., Vor § 135 FGO Tz. 199).

An der pauschalen Ermittlung des Streitwerts ist selbst dann festzuhalten, wenn im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung die tatsächlichen einkommensteuerlichen Auswirkungen bei den Feststellungsbeteiligten bekannt geworden sind (Senatsbeschlüsse vom 16. Dezember 1998 IV E 1/98, BFH/NV 1999, 807, m.w.N., und vom 18. Dezember 2000 IV E 3/00, juris, sowie BFH-Beschluss vom 27. Mai 2002 XI E 2/02, BFH/NV 2002, 1323).

Das gilt jedoch nicht, wenn --wie im Streitfall-- der Kläger mit derselben Klage sein Begehren sowohl durch Anfechtung der Grundlagenbescheide betreffend die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung als auch durch Anfechtung der auf diesen fußenden Einkommensteuerbescheide verfolgt. In diesem Fall ist es nicht anders als bei der lediglich gesonderten Gewinnfeststellung, bei der es nur auf die einkommensteuerliche Auswirkung bei dem Kläger allein ankommt (Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1608).

Klagen Eheleute wegen einer ausschließlich für sie durchzuführenden gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung und außerdem wegen des darauf fußenden Einkommensteuerbescheides, liegen die Voraussetzungen für eine pauschale Ermittlung des Streitwerts gleichfalls nicht vor. Im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung ist die Berechtigung zur Schätzung des Streitwerts nach der vermutlichen einkommensteuerlichen Auswirkung nur deshalb zulässig, weil das Verfahren bei mehreren betroffenen Steuerpflichtigen vereinfacht werden muss und insbesondere schwierige und oft nur unter Verletzung des Steuergeheimnisses durchführbare Berechnungen vermieden werden müssen (s. z.B. Senatsbeschluss vom 8. November 1973 IV B 6/72, BFHE 110, 487, BStBl II 1974, 138, sowie BFH-Beschlüsse vom 18. Februar 1994 VIII E 4/93, BFH/NV 1994, 895, und in BFH/NV 2001, 1035). Solche Erschwernisse liegen im Streitfall nicht vor. Durch die zusätzliche Verbindung der Anfechtung der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen mit jener der darauf fußenden Einkommensteuerbescheide war vielmehr jeglicher Grund entfallen, die vermutlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen zu schätzen und den Streitwert pauschal zu ermitteln.

Unter diesen Umständen war --wie bei jeder Klagehäufung-- analog § 5 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 der Finanzgerichtsordnung ein Gesamtstreitwert zu bilden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 1996 VIII E 1/96, BFH/NV 1996, 575, m.w.N.). Dazu war entsprechend der Bedeutung der Gewinnfeststellungssache der für die Einkommensteuersache unstrittige Streitwert (17 254 DM) zu verdoppeln. Er beträgt demnach 34 508 DM = 17 643,66 EUR. Es fällt demnach eine Gebühr von 520 DM = 265,80 EUR an.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 5 Abs. 6 GKG).

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