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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.04.2000
Aktenzeichen: IV R 31/99
Rechtsgebiete: EStG, StGB, HGB


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8
EStG § 12 Nr. 4
StGB § 73
StGB § 73a
HGB § 249 Abs. 1 Satz 1
HGB § 253 Abs. 1 Satz 2
BUNDESFINANZHOF

Die strafrechtliche Anordnung des Verfalls der Gewinne aus einer Straftat hat jedenfalls bei einer Verfallsanordnung nach dem bis 1992 geltenden Nettoprinzip keinen strafähnlichen Charakter. Die zu erwartende Verfallsanordnung ist durch Bildung einer Rückstellung gewinnmindernd zu berücksichtigen.

EStG §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8, § 12 Nr. 4 StGB §§ 73, 73a HGB § 249 Abs. 1 Satz 1, § 253 Abs. 1 Satz 2

Urteil vom 6. April 2000 - IV R 31/99 -

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1998, 286)


Gründe

Die Kläger wurden wegen gemeinschaftlichen Handels und Besitzes einer erheblichen Menge von Kokain rechtskräftig zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Anschaffungskosten des Kokains in Höhe von 150 000 DM wurden zu 43,33 % vom Kläger zu 1 und Revisionskläger (Kläger zu 1) und zu 56,67 % vom Kläger zu 2 getragen. Die gesamten Einnahmen aus dem Verkauf des Kokains wurden vom Kläger zu 1 in Einverständnis mit dem Kläger zu 2 als Anzahlungen für den Bau einer Segeljacht verwendet, die der Kläger zu 1 in Auftrag gegeben hatte. Die Werft, an die die Anzahlungen geleistet wurden, ist zwischenzeitlich in Konkurs gefallen. Eine Forderung des Klägers zu 1 wurde im Konkurs nicht angemeldet.

Das Landgericht (LG) X ordnete gegen den Kläger zu 1 den Verfall des Wertersatzes aus dem Kokaingeschäft in Höhe von 300 000 DM an. Dabei ermittelte es den Betrag des Verfalls wie folgt:

gesamte Einnahmen aus dem Verkauf des Kokains 555 700 DM ./. Anteil des Klägers zu 1 an den Kosten des Kokaineinkaufs

65 000 DM ./. geschätzte Kosten des Klägers zu 1 für den Transport des Kokains

30 000 DM

460 700 DM ./. Abzug für die Pläne zum Bau der Jacht und die teilweise Bauausführung

160 700 DM

300 000 DM ==========

Auf den Erlösen aus dem Rauschgifthandel lastende Steuern wurden bei der Anordnung des Verfalls nicht in Abzug gebracht. Das LG berücksichtigte bei der Strafzumessung zugunsten des Klägers zu 1, dass er durch die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes, den das Gericht als "Nebenstrafe" bezeichnete, einen Nachteil erleide.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ zunächst einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns einer aus den Klägern bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Geschäftszweck "Rauschgifthandel" für das Streitjahr 1990. Mit dem Bescheid wurde ein geschätzter Gewinn von 450 000 DM festgestellt. Nachdem während des Einspruchsverfahrens das Strafurteil ergangen war, erließ das FA am 15. Dezember 1992 einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid über 405 700 DM. Dieser Schätzung liegen die Berechnungen im Strafurteil zugrunde (Einnahmen aus dem Kokainverkauf 555 700 DM ./. Anschaffungskosten des Kokains in Höhe von 150 000 DM; weitere Betriebsausgaben wurden nicht anerkannt). Entsprechend ihrer Beteiligung an den Anschaffungskosten des Kokains wurde der Anteil des Klägers zu 1 an den Einkünften mit 175 803 DM (43,33 %) und der Anteil des Klägers zu 2 mit 229 897 DM (56,67 %) festgestellt.

Einspruch und Klage gegen die Feststellung blieben erfolglos.

Im Klageverfahren begehrten die Kläger die Aufhebung des Feststellungsbescheids, da keine Mitunternehmerschaft vorgelegen habe. Hilfsweise beantragte der Kläger zu 1, den Gewinn um folgende Betriebsausgaben und Sonderbetriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1 632 500 DM zu mindern:

* für verfallen erklärter Betrag (300 000 DM)

* vergebliche Anschaffungskosten der Yacht ... (1 282 500 DM)

* Reisekosten (50 000 DM).

Der Kläger zu 2 beantragte hilfsweise, den Gewinn um die geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 50 000 DM zu mindern.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger zu 1 eine Verletzung des § 12 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er begehrt im Revisionsverfahren nur noch einen gewinnmindernden Abzug des für verfallen erklärten Betrags von 300 000 DM.

Er beantragt sinngemäß, das Urteil des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, vom 31. Juli 1997 6 K 70/93 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 286) aufzuheben und den geänderten Feststellungsbescheid für 1990 vom 15. Dezember 1992 dahin zu ändern, dass der Gewinn um 300 000 DM gemindert wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben; die im angefochtenen Bescheid festgestellten Einkünfte waren unter Abzug eines Betrags von 300 000 DM festzustellen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die festgestellten Einkünfte waren um 300 000 DM zu mindern, da zumindest in dieser Höhe eine Rückstellung in der gedachten Gesamthandsbilanz der ...-GbR einzustellen war und der Bundesfinanzhof (BFH) nicht über das Klagebegehren hinausgehen kann (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).

1. Die Kläger führten über ihren Rauschgifthandel nicht Buch. Deshalb schätzte das FA diese Einkünfte nach Maßgabe des § 162 der Abgabenordnung (AO 1977).

Diese Schätzung musste auf der Basis eines Betriebsvermögensvergleichs nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG erfolgen. Dabei ist unerheblich, ob das Handelsrecht eine Buchführungspflicht auch bei strafbedrohtem Gewerbe normiert, die über § 140 AO 1977 zugleich für steuerliche Zwecke zu erfüllen ist. Jedenfalls ist die Gewinnermittlung auf der Basis eines Betriebsvermögensvergleichs nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG die vorrangige Gewinnermittlungsart bei Einkünften aus Gewerbebetrieb. In Schätzungsfällen muss deshalb eine Schätzung auf dieser Basis erfolgen, es sei denn, es besteht keine Buchführungspflicht und der Steuerpflichtige hat durch die Art der Einrichtung seiner Buchführung oder auf andere Weise eine Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gewählt und diese Wahl nach außen kenntlich gemacht (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 1967 IV 291/64, BFHE 88, 166, BStBl III 1967, 310; vom 2. März 1978 IV R 45/73, BFHE 125, 45, BStBl II 1978, 431; vom 30. September 1980 VIII R 201/78, BFHE 132, 228, BStBl II 1981, 301; vom 13. Oktober 1989 III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287). Da die Kläger im Streitfall für steuerliche Zwecke keinerlei Aufzeichnungen über ihren Rauschgifthandel führten, war im Rahmen der Schätzung eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG geboten.

Mit ihrer Verhaftung am 30. März und 8. April 1990 beendeten die Kläger ihren Gewerbebetrieb "Rauschgifthandel". Für das Rumpfwirtschaftsjahr 1990 vom 1. Januar bis zur Betriebsaufgabe am 8. April 1990 war deshalb ein laufender Gewinn nach § 8b Satz 2 Nr. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zu ermitteln.

2. In der Bilanz der ...-GbR für das Rumpfwirtschaftsjahr 1990 war dem Grunde nach eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten im Hinblick auf die zu erwartende Anordnung des Verfalls der Gewinne aus dem Rauschgifthandel zu bilden, da diese durch den Betrieb der Kläger verursacht wurde (§ 4 Abs. 4 EStG).

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu bilden. Eine solche Rückstellung setzt voraus, dass eine ungewisse Verbindlichkeit besteht, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht wurde und deren Geltendmachung gegenüber dem Steuerpflichtigen nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist (BFH-Urteile vom 28. Juni 1989 I R 86/85, BFHE 157, 416, BStBl II 1990, 550; vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139). Darüber hinaus darf kein steuerliches Abzugsverbot bestehen, das einem Abzug der betreffenden Aufwendungen als Betriebsausgaben entgegensteht (BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 64/97, BFHE 189, 75, BStBl II 1999, 656).

a) Zum Bilanzstichtag des Rumpfwirtschaftsjahres 1990 mussten die Kläger mit einer Verpflichtung rechnen, die Gewinne aus dem Rauschgifthandel an den Justizfiskus abzuführen. Diese Verpflichtung stellt keine gewisse Verbindlichkeit dar.

Verbindlichkeit ist die Verpflichtung des Unternehmers zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt (BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; in BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139). Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 73a des Strafgesetzbuches (StGB) ist das Strafgericht grundsätzlich verpflichtet, den aus einer rechtswidrigen Tat erlangten Vermögenszuwachs durch Anordnung des Verfalls bzw. --wenn der Verfall nicht möglich ist-- durch Anordnung des Verfalls eines Geldbetrags, der dem Wert des Erlangten entspricht, abzuschöpfen. Konkretisiert wird die Verpflichtung des Täters zur Abführung des durch die Straftat Erlangten durch die Anordnung des Verfalls im Rahmen eines Strafurteils. Erst hierdurch entsteht ein staatlicher Zahlungsanspruch gegen den Täter. Vor der Anordnung des Verfalls liegt noch keine Verpflichtung zu einer der Höhe nach bestimmten Leistung vor.

b) Die ungewisse Verbindlichkeit zur Abführung des Erlöses wurde durch den Rauschgifthandel im Streitjahr wirtschaftlich verursacht.

Wirtschaftlich verursacht ist eine Verbindlichkeit nach der Rechtsprechung des BFH, wenn der Tatbestand, von dessen Verwirklichung ihre Entstehung abhängt, in dem betreffenden Wirtschaftsjahr im Wesentlichen verwirklicht ist und die Verbindlichkeit damit so eng mit dem betrieblichen Geschehen dieses Wirtschaftsjahres verknüpft ist, dass es gerechtfertigt erscheint, sie wirtschaftlich als eine am Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeit zu behandeln (vgl. z.B. Senatsurteile vom 5. Februar 1987 IV R 81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; in BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139).

Die drohende Anordnung des Verfalls war die unmittelbare Folge der von den Klägern im Streitjahr aus Rauschgifthandel erzielten Erlöse. Sie war damit so eng mit diesem betrieblichen Geschehen verknüpft, dass es gerechtfertigt ist, sie als am Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeit zu behandeln.

c) Zum Bilanzstichtag war auch eine Inanspruchnahme der Kläger wahrscheinlich.

aa) Wahrscheinlich ist die Inanspruchnahme, wenn mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Diese Voraussetzung ist nicht nach den subjektiven Erwartungen des Steuerpflichtigen zu prüfen, sondern auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (Senatsurteil vom 27. November 1997 IV R 95/96, BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375). Wird keine Bilanz erstellt, sondern nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs geschätzt, so ist maßgeblich, welche Tatsachen am Bilanzstichtag vorlagen und bis zum Zeitpunkt der Schätzung oder --wenn die Schätzung später erfolgt-- bis zu dem Zeitpunkt erkennbar waren, bis zu dem eine Bilanz spätestens aufzustellen war.

Da das Strafgericht nach § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 73a StGB grundsätzlich verpflichtet ist, den aus einer rechtswidrigen Tat erlangten Vermögenszuwachs durch Anordnung des Verfalls bzw. --wenn der Verfall nicht möglich ist-- durch Anordnung des Verfalls eines Geldbetrags, der dem Wert des Erlangten entspricht, abzuschöpfen, sprachen nach Aufdeckung des Rauschgifthandels mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme der Kläger durch den Justizfiskus.

bb) Beide Kläger mussten damit rechnen, dass ihnen gegenüber der Verfall des Wertersatzes als Gesamtschuldner angeordnet würde.

Aufgrund ihrer Stellung als Mitunternehmer hatten sie wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über die Einnahmen aus dem Rauschgifthandel. Bei einer gemeinsamen Erlangung der Verfügungsmacht kann der Verfall in voller Höhe gegen jeden der Mittäter ausgesprochen werden, da dann eine Gesamtschuldnerschaft vorliegt (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13. November 1996 3 StR 482/96, Neue Zeitschrift für Strafrecht - Rechtsprechungsreport Strafrecht --NStZ-RR-- 1997, 262; Schäfer in Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 10. Aufl., § 73 Rdnr. 20). Hiervon ist im Übrigen auch das LG X ausgegangen, da es die Anordnung des Verfalls gegen den Kläger zu 2 als möglich erachtete, ihm gegenüber aber von einer Verfallsanordnung nur deshalb absah, weil er keinen finanziellen Vorteil aus der Tat zog.

Da beide Kläger zum Bilanzstichtag mit einer Inanspruchnahme als Gesamtschuldner zu rechnen hatten und ein Titel gegen alle Gesellschafter nach § 736 der Zivilprozeßordnung (ZPO) die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer GbR ermöglicht, ist eine Rückstellung für den drohenden Verfall des Wertersatzes nicht in der Sonderbilanz des Klägers zu 1, gegenüber dem später allein der Verfall angeordnet wurde, sondern in der Gesamthandsbilanz der GbR zu bilden.

cc) Für Bildung und Höhe der Rückstellung ist unerheblich, ob der Kläger zu 1 aufgrund der Verfallsanordnung Zahlungen leistete oder ob etwaige Vollstreckungsbemühungen des Justizfiskus zum Erfolg führten.

Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist nur im Hinblick auf die Entschlossenheit des Gläubigers zu beurteilen, seinen Anspruch soweit wie möglich durchzusetzen. Die Fähigkeit des Schuldners, den Anspruch aus seinem derzeitigen oder zukünftigen Vermögen zu befriedigen, ist dagegen ohne Bedeutung, da andernfalls das Vermögen unter Verletzung des Vollständigkeitsgrundsatzes (§ 246 Abs. 1 HGB) zu hoch ausgewiesen würde. Dies gilt auch bei einer Gewinnschätzung nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 1989 IV R 307/84, BFH/NV 1990, 632).

d) Die Bildung einer Rückstellung wird nicht durch ein steuerliches Abzugsverbot ausgeschlossen.

aa) Zwar ist eine handelsrechtlich zu bildende Rückstellung durch außerbilanzielle Hinzurechnung zu neutralisieren, wenn ein steuerliches Abzugsverbot dem Abzug der entsprechenden Aufwendungen als Betriebsausgaben entgegensteht (BFH-Urteil in BFHE 189, 75, BStBl II 1999, 656). Im Streitfall wird ein Abzug des für verfallen erklärten Betrags jedoch weder durch § 12 Nr. 4 EStG noch durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG ausgeschlossen.

bb) In der Literatur wird die Frage, ob § 12 Nr. 4 EStG einen Betriebsausgabenabzug bei Beträgen ausschließt, die nach dem Strafrecht für verfallen erklärt werden, unterschiedlich beurteilt. Neben Stimmen, die einen Betriebsausgabenabzug verneinen, da die Anordnung des Verfalls eine sonstige Rechtsfolge vermögensrechtlicher Art sei, bei der der Strafcharakter überwiege (vgl. Arndt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 12 Rdnr. E 8; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 19. Aufl., § 4 Rz. 520 "Strafen/Geldbußen"), und der gegenteiligen Meinung, § 12 Nr. 4 EStG stehe dem Betriebsausgabenabzug bei Anordnung des Verfalls nicht entgegen (Blümich/Lindberg, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 12 EStG Rz. 151; Claßen in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 12 Anm. 70), findet sich eine vermittelnde Auffassung, nach der grundsätzlich ein Betriebsausgabenabzug zulässig, aber ein Überwiegen des Strafcharakters beim Verfall von Tatentgelten wie Bestechungsgeldern oder Agentenlohn zu vermuten sei (Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 12 EStG Anm. 111; Regierungsbegründung zu § 12 Nr. 4 EStG, BTDrucks 10/1314, S. 6; Gericke in Bordewin/Brandt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 12 EStG Rdnr. 237).

Die Einkommensteuer-Hinweise (EStH) folgten bis 1997 der letztgenannten vermittelnden Ansicht (H 120 EStH bis 1997 "Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art"). Seit 1998 vertritt die Finanzverwaltung in den EStH die Auffassung, der Verfall von Gegenständen und Tatentgelten sei eine Rechtsfolge vermögensrechtlicher Art, bei der der Strafcharakter nicht überwiege (H 120 EStH ab 1998 "Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art").

cc) Bei der steuerlichen Beurteilung der Rechtsfolgen eines im Strafurteil angeordneten Verfalls ist zu berücksichtigen, dass die Strafvorschriften über den Verfall mehrfach geändert wurden. Jedenfalls für den im Streitfall maßgeblichen Verfall eines Nettoerlöses nach Maßgabe der zwischen 1975 und 1992 geltenden Strafvorschriften schließt sich der Senat der Auffassung an, dass die Anordnung des Verfalls keinen Strafcharakter hat.

aaa) Das bis zum 31. Dezember 1974 geltende Strafrecht kannte kein allgemeines Rechtsfolgeinstitut des Verfalls. In Einzelvorschriften wurde allerdings der Begriff der Verfallserklärung benutzt und als Nebenstrafe verstanden (zur Entwicklungsgeschichte der Vorschriften über den Verfall vgl. etwa Schäfer, a.a.O., 10. Aufl., § 73 Rdnr. 1). Wegen des Strafcharakters der damaligen Verfallserklärung hatte der Senat einen Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der für verfallen erklärten Beträge abgelehnt (Senatsurteil vom 14. Juli 1966 IV R 68/66, BFHE 86, 584, BStBl III 1966, 585). Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Änderungen der strafrechtlichen Rechtsgrundlagen kann diese Entscheidung aber nicht auf die heutigen Vorschriften über den Verfall übertragen werden.

Nicht zuletzt stehen auch verfassungsrechtliche Gründe einer Übertragung des o.g. Urteils auf die heutige Rechtslage entgegen. Der Senat sah nämlich in dem o.g. Urteil keine Möglichkeit, eine doppelte Berücksichtigung des für verfallen erklärten Betrags zu Lasten des Täters zu vermeiden, die sich daraus ergab, dass der erlangte Vorteil in vollem Umfang für verfallen erklärt wurde, ohne dass der "verfallene" Betrag steuerlich abzugsfähig war. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. Januar 1990 1 BvL 4/87 (BVerfGE 81, 228, BStBl II 1990, 483) ist es jedoch Aufgabe der Fachgerichte, dafür Sorge zu tragen, dass ein derartiges Ergebnis vermieden wird, da eine doppelte Belastung des Täters das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) folgende Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletzt.

bbb) Mit dem Zweiten Strafrechtsänderungsgesetz wurden die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB mit Wirkung ab 1. Januar 1975 in das StGB eingefügt. Seit 1975 bezweckt der Verfall die Abschöpfung eines unrechtmäßig erlangten Vermögenszuwachses. Voraussetzung ist nur die Begehung einer rechtswidrigen, nicht notwendig schuldhaften Tat (§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB). Dabei zielten die Vorschriften über den Verfall zunächst auf eine Abschöpfung des Nettoerlöses aus einer Straftat. Deshalb waren bis 1992 bei der Ermittlung des für verfallen zu erklärenden Betrags die zur Erlangung des Vermögenszuwachses gemachten Aufwendungen abziehbar.

ccc) Durch Gesetz vom 28. Februar 1992 (BGBl I, 372) wurden die Vorschriften über den Verfall erneut geändert. Seit 1992 gilt nunmehr das Bruttoprinzip, nach dem der Gesamterlös des Täters dem Verfall unterliegt, unabhängig von den getätigten Aufwendungen (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs BTDrucks 12/1134, S. 12).

Es ist streitig, ob sich hierdurch die Rechtsnatur des Verfalls erneut geändert hat. Während der BGH weiterhin einen strafähnlichen Charakter des Verfalls verneint und deshalb keinen Anlass sieht, der Anordnung des Verfalls Einfluss auf die Strafzumessung einzuräumen (Urteil vom 1. März 1995 2 StR 691/94, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1995, 2235), wird in der strafrechtlichen Literatur verbreitet die Ansicht vertreten, der Verfall nehme nunmehr insoweit strafähnlichen Charakter an, als er über die Nettogewinnabschöpfung hinausgeht (vgl. z.B. Eser in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl., § 73 Rdnr. 19; Fischer in Dreher/Tröndle, Strafgesetzbuch, Kommentar, 49. Aufl., § 73 Rdnr. 1 c und --zum Verfall des Wertersatzes-- § 73a Rdnr. 6; Lackner in Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, Kommentar, 23. Aufl., § 73, Rdnr. 4 b, m.w.N.).

ddd) Im Streitfall hat das LG X unter Anwendung des zur Tatzeit geltenden milderen Gesetzes (§ 2 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 5 StGB) lediglich den Verfall des Nettoerlöses aus dem Rauschgifthandel nach Maßgabe der bis 1992 geltenden Vorschriften angeordnet. In der strafrechtlichen Rechtsprechung und Literatur wird weithin vertreten, dass der Verfall des Nettoerlöses keinen strafähnlichen Charakter hat, sondern eine kondiktionsähnliche Maßnahme ist. Dem schließt sich der Senat an. Jedenfalls soweit lediglich der Nettoerlös aus einer Straftat für verfallen erklärt wird, liegt keine Bestrafung vor, sondern nur die Abschöpfung eines unrechtmäßig erlangten Vermögensvorteils. Dies wird insbesondere dadurch verdeutlicht, dass sich die Anordnung des Verfalls sowohl gegen nicht an der Tat Beteiligte richten kann (§ 73 Abs. 3 StGB) als auch gegen Schuldunfähige (vgl. § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wonach eine rechtswidrige, nicht notwendig schuldhafte Tat zur Anordnung des Verfalls führt). Strafe dagegen beruht im Rechtsstaat stets auf dem Schuldprinzip.

Da mit der Anordnung des Verfalls im Streitfall kein Strafcharakter verbunden war, steht § 12 Nr. 4 EStG der steuerlichen Berücksichtigung des verfallenen Betrags nicht entgegen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, welche steuerliche Rechtsfolge die Anordnung eines Verfalls, der über den Nettogewinn hinausgeht, auslöst.

dd) Auch die Tatsache, dass das LG X in seinem Urteil die Anordnung des Verfalls als "Nebenstrafe" bezeichnet und bei der Strafzumessung berücksichtigt hat, führt nicht zur Anwendung des § 12 Nr. 4 EStG.

Trotz der Bezugnahme des FG auf das gesamte Strafurteil liegt eine den Senat bindende tatsächliche Feststellung des FG i.S. des § 118 Abs. 2 FGO lediglich darin, dass das LG X den Verfall angeordnet und ihn als "Nebenstrafe" bezeichnet hat. Ob der Anordnung des Verfalls ein Strafcharakter i.S. des § 12 Nr. 4 EStG zukommt, ist dagegen keine Frage der Tatsachenfeststellung, sondern eine rechtliche Würdigung, bei der der BFH nicht an die Auffassung des Strafgerichts gebunden ist. § 12 Nr. 4 EStG schließt den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug bei denjenigen Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art aus, bei denen --bei zutreffender rechtlicher Würdigung-- der Strafcharakter überwiegt. Unerheblich ist dagegen, ob ein Gericht in einem Strafurteil im Einzelfall fälschlicherweise den Strafcharakter einer Maßnahme angenommen hat. Darüber hinaus ist der Inhalt des Urteils für die im Streitjahr zu bildende Rückstellung ohne Bedeutung, da das Urteil nicht rückwirkend bessere Erkenntnisse über das zum Bilanzstichtag bestehende Risiko der Inanspruchnahme vermittelte (vgl. unten 3. a).

ee) Der Bildung einer Rückstellung steht weder § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG noch die Rechtsprechung des I. Senats des BFH zur Bildung von Rückstellungen im Hinblick auf eine drohende Geldbuße entgegen.

aaa) Über die steuerliche Behandlung der in einem Strafverfahren verhängten Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art ist allein nach § 12 Nr. 4 EStG zu entscheiden, da der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG und derjenige des § 12 Nr. 4 EStG sich gegenseitig ausschließen.

Das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG bezieht sich auf Geldbußen, Ordnungs- und Verwarnungsgelder. Eine gesetzliche Definition der Geldbuße fehlt. Daher werden die Geldbußen umschrieben als alle Sanktionen, die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) so bezeichnet sind, insbesondere Geldbußen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht, Geldbußen nach berufsgerichtlichen Gesetzen und nach den Disziplinargesetzen des Bundes und der Länder (vgl. BTDrucks 10/1314, S. 5; R 24 Abs. 2 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--; Söhn in Kirchhof/Söhn, a.a.O., § 4 Rdnr. N 31; HHR/Hildesheim, § 4 EStG Anm. 1719). Charakteristisch für Geldbußen ist, dass sie rechtswidrige und vorwerfbare Handlungen ahnden, die nur Ordnungs(Verwaltungs-)unrecht darstellen und keinen kriminellen Gehalt haben (Söhn, a.a.O.). Der Gesetzgeber hat im EStG bewusst die Unterscheidung zwischen bloßem Ordnungsunrecht und dem Kriminalstrafrecht aufgegriffen und die steuerlichen Konsequenzen der Ordnungswidrigkeiten einerseits in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG geregelt, die Konsequenzen von Straftaten dagegen in § 12 Nr. 4 EStG (vgl. BTDrucks 10/1314, S. 5 f.).

bbb) Der erkennende Senat weicht nicht von dem BFH-Urteil in BFHE 189, 75, BStBl II 1999, 656 ab, in dem der I. Senat entschied, dass eine Rückstellung für drohende Geldbußen in einer Steuerbilanz erst dann gebildet werden darf, wenn am Bilanzstichtag die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG objektiv vorliegen. Nach dieser Ausnahme von dem grundsätzlichen Abzugsverbot für Geldbußen ist der Teil einer Geldbuße als Betriebsausgabe abzugsfähig, durch den ein wirtschaftlicher Vorteil aus einer Ordnungswidrigkeit ohne Berücksichtigung der Besteuerung abgeschöpft wird. Dieser Ausnahmetatbestand ist zwar insoweit mit dem strafrechtlichen Verfall vergleichbar, als einem Straftäter durch den Verfall ebenfalls der Vorteil aus einer Straftat entzogen wird. Gleichwohl ist diese Rechtsprechung nicht etwa mit dem Argument, der Straftäter dürfe nicht besser behandelt werden als ein Steuerpflichtiger, der das geringere Unrecht einer Ordnungswidrigkeit begeht, auf die strafrechtliche Anordnung eines Verfalls übertragbar.

Im Ordnungswidrigkeitenrecht kann die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils einer rechtswidrigen Handlung unselbständiger Bestandteil der Festsetzung einer Geldbuße sein (vgl. § 17 Abs. 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten --OWiG-- und BFH-Urteil vom 9. Juni 1999 I R 100/97, BFHE 189, 79, BStBl II 1999, 658). Das Strafrecht dagegen unterscheidet zwischen einer Geldstrafe und der Abschöpfung eines wirtschaftlichen Vorteils aus einer Straftat. Um diese Differenzierung zu ermöglichen, wurde mit der Einführung des Tagessatzsystems für Geldstrafen im Jahr 1975 das --von der Geldstrafe getrennte-- Rechtsfolgeinstitut des Verfalls in §§ 73 ff. StGB als eigenständiges Rechtsinstitut mit dem Zweck normiert, den wirtschaftlichen Vorteil aus einer Straftat abzuschöpfen (vgl. Schäfer, a.a.O., § 73 Rdnr. 2 u. 7). Wie unter cc dargelegt, weisen jedenfalls die im Streitfall anzuwendenden Vorschriften über den Verfall der Nettoerlöse aus einer Straftat keinen Strafcharakter auf. Deshalb fehlt es im Streitfall schon am Tatbestand eines Betriebsausgabenabzugsverbots.

Darüber hinaus war für die Entscheidung des I. Senats des BFH in BFHE 189, 75, BStBl II 1999, 656 maßgeblich, dass zu dem dort zu beurteilenden Bilanzstichtag zu erwarten war, die Bußgeldbehörde werde die steuerliche Belastung, die auf den abzuschöpfenden wirtschaftlichen Vorteil entfiel, bei der Festsetzung der Buße selbst berücksichtigen, so dass das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG anzuwenden gewesen wäre. Bei der Abschöpfung der Vorteile einer Straftat im Wege des Verfalls dagegen sind Steuern nach der Rechtsprechung des BGH nur ausnahmsweise nach Maßgabe der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB zu berücksichtigen, wenn bei der Anordnung des Verfalls die Steuer bereits entrichtet war (Beschluss vom 23. September 1988 2 StR 460/88, NJW 1989, 2139). Während somit im Ordnungswidrigkeitenrecht die Berücksichtigung der Steuerbelastung jedenfalls in der vom I. Senat beurteilten Zeit die Regel war, ist sie bei der Anordnung des Verfalls der Vorteile aus einer Straftat eine seltene Ausnahme. Anhaltspunkte für eine derartige Ausnahme waren im Streitfall am Bilanzstichtag nicht zu erkennen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rahmenbedingungen im Straf- und im Ordnungswidrigkeitenrecht kann die Rechtsprechung des I. Senats zu den Voraussetzungen einer Rückstellung in Fällen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 Satz 4 EStG nicht auf Rückstellungen wegen der zu erwartenden Anordnung eines Verfalls übertragen werden.

3. Die Rückstellung in der gedachten Bilanz der ...-GbR ist in Höhe von 345 700 DM zu bilden, da die Kläger zum Bilanzstichtag mit einer Inanspruchnahme in dieser Höhe zu rechnen hatten. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung kann allerdings nur ein Rückstellungsbetrag von 300 000 DM berücksichtigt werden, da der BFH nicht über den Revisionsantrag hinausgehen kann (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).

a) Für Bildung und Höhe der Rückstellung ist unerheblich, inwieweit durch das Strafurteil ein Verfall des Wertersatzes angeordnet wurde.

Ebenso wie ein zivilrechtliches Urteil keine rückwirkend besseren Erkenntnisse über das Schadensersatzrisiko zum Bilanzstichtag vermittelt und deshalb nicht "wertaufhellend" das tatsächlich am Bilanzstichtag fortbestehende Risiko der Inanspruchnahme beseitigen kann (vgl. Senatsurteil in BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375), kann auch der in einem Strafurteil angeordnete Verfall keine rückwirkenden Erkenntnisse über das zum (gedachten) Bilanzstichtag drohende Risiko der Anordnung eines Verfalls vermitteln. Außerdem können für die letzte Schlussbilanz eines Gewerbebetriebs --anders als bei der Ermittlung des Aufgabegewinns-- auch in Schätzungsfällen nur solche Umstände als "wertaufhellend" berücksichtigt werden, die innerhalb eines Jahres nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind, da eine Bilanz spätestens innerhalb dieses Zeitraums zu erstellen ist (BFH-Urteil vom 3. Juli 1991 X R 163-164/87, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802). Das Strafurteil vom ... April 1992 erging außerhalb dieser Frist.

b) Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG war die Rückstellung in Höhe des Betrags anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig war. Vernünftige kaufmännische Beurteilung gebietet eine Rückstellung in der Höhe, in der am Bilanzstichtag mit einer Inanspruchnahme der Kläger aufgrund ihrer Stellung als Mitunternehmer der GbR zu rechnen war.

Nach den zur Tatzeit geltenden Vorschriften über den Verfall, die nach dem Grundsatz des milderen Gesetzes anzuwenden waren (§ 2 Abs. 3 und 5 StGB), war zum gedachten Bilanzstichtag damit zu rechnen, dass das Strafgericht den gesamten Nettoerlös aus dem Rauschgifthandel durch Anordnung des Verfalls des Wertersatzes abschöpft. Dabei konnte zum Bilanzstichtag nicht erwartet werden, dass bei der Anordnung des Verfalls ein Abzug für zwischenzeitlich entwertete Baupläne der Jacht und für die teilweise Bauausführung erfolgen würde. Deshalb war die Rückstellung in der bei der Schätzung zu berücksichtigenden (gedachten) Gesamthandsbilanz der ...-GbR wie folgt zu ermitteln:

gesamte Einnahmen aus dem Kokainverkauf 555 700 DM

./. gesamte Kosten für den Kokaineinkauf 150 000 DM

./. gesamte (nach § 73b StGB vom LG zugunsten der Kläger geschätzte) Kosten für den Transport des Kokains (je 30 000 DM bei beiden Klägern)

60 000 DM

345 700 DM

c) Da der Senat nicht über den gestellten Revisionsantrag hinausgehen kann (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), sind die Einkünfte der ...-GbR im Streitjahr 1990 um 300 000 DM zu mindern.

4. Die Vorentscheidung steht mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang. Daher war das Urteil des FG aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die in dem geänderten Feststellungsbescheid des FA vom 15. Dezember 1990 festgestellten Einkünfte der ...-GbR waren um 300 000 DM zu ermäßigen und auf 105 700 DM festzustellen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

Bei der Kostenverteilung war zu berücksichtigen, dass der Streitwert im Revisionsverfahren geringer als im Klageverfahren ist, da mit der Revision lediglich eine Minderung des Gewinns um 300 000 DM angestrebt wurde. Deshalb hat der Senat --entsprechend der in der Rechtsprechung des BFH üblichen Praxis-- davon abgesehen, eine einheitliche Kostenquote für den gesamten Rechtsstreit zu ermitteln (vgl. BFH-Urteile vom 6. Juni 1984 II R 184/81, BFHE 141, 333, BStBl II 1985, 261; vom 21. Oktober 1987 X R 29/81, BFH/NV 1988, 546; Senatsbeschluss vom 21. April 1989 IV R 40/88, BFH/NV 1990, 182).

Weil der Beklagte im Revisionsverfahren unterlegen ist, waren ihm entsprechend § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.

Die Kosten des Klageverfahrens waren entsprechend § 136 Abs. 1 FGO zu teilen. Da auch über die gestellten Hilfsanträge zu entscheiden war, ist der Streitwert des Klageverfahrens auf der Basis dieser Anträge zu ermitteln (§ 19 Abs. 1 Sätze 2 und 3 des Gerichtskostengesetzes). Im Vergleich zu diesen im Klageverfahren gestellten Anträgen sind die Kläger zu 4/5 unterlegen und haben zu 1/5 obsiegt.

Ende der Entscheidung

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