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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.11.1999
Aktenzeichen: IV R 44/99
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Streitjahren 1985 bis 1987 als freiberuflicher Ingenieur tätig. Dazu unterhielt er im Obergeschoss seines Einfamilienhauses einen durch eine Tür von den übrigen Zimmern getrennten Büroraum. Bis Mai 1985 war der Kläger für eine Fa. A aus BG vereinbarungsgemäß in seinem häuslichen Arbeitszimmer tätig. Ab Juni 1985 wurde er aufgrund eines Rahmenvertrags mit der Fa. B in K Leiter für verschiedene längerfristige aufeinanderfolgende Bauprojekte bei der C-AG, (AG). Die AG stellte dem Kläger auf ihrem Firmengelände Büroräume zur Verfügung. In Ausführung dieser Aufträge fuhr der Kläger neben dem Büro in L auch das Büro B in K an mindestens 40 Tagen im Jahr an. Einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit für die Fa. B erledigte der Kläger von zu Hause aus.

Bei seiner Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) machte der Kläger unter Ansatz der tatsächlichen Kfz-Kosten und pauschalierter Verpflegungsmehraufwendungen für die Streitjahre Aufwendungen für betrieblich veranlasste Fahrten zu seinen Auftraggebern und dem Büro der AG als Betriebsausgaben geltend. Ferner setzte er monatlich 400 DM als Betriebsausgaben ab, die er vom 1. August 1985 an seiner als Bürogehilfin angestellten Frau zahlte. Ein zusätzliches Monatsgehalt war als Weihnachtsgeld vorgesehen. Nach der vorliegenden Vereinbarung sollte die Ehefrau alle anfallenden Arbeiten für den Kläger erledigen, wobei sich die Arbeitszeit nach dem Anfall der zum Aufgabenbereich der Ehefrau gehörenden Aufgaben (Schriftverkehr, Ablage und Registratur) richtete.

Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bei den Fahrten des Klägers zwischen den Büros und dem Sitz seines Auftraggebers von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aus. Es kürzte die geltend gemachten Aufwendungen, ebenso wie die Verpflegungsmehraufwendungen um die Hälfte. Das Ehegattenarbeitsverhältnis wurde nicht anerkannt, weil es nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspreche und die Überweisungen unregelmäßig erfolgt seien.

Einspruch und Klage gegen die geänderten (und im Vorverfahren verböserten) Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide hatten insoweit keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen aus: Zwar sei die Verböserung rechtswidrig, da das FA bekannte Tatsachen lediglich anders gewürdigt habe; im Übrigen seien die Änderungen jedoch zu Recht erfolgt. So sei das Ehegattenarbeitsverhältnis zu Recht nicht anerkannt worden. Unabhängig von der mangelnden tatsächlichen Durchführung des Vertrags, sei dieser schon nicht fremdüblich.

Erhebliche Bedeutung komme insoweit der fehlenden Festlegung der Arbeitszeit zu. Diese aber sei entscheidendes Kriterium für die Höhe der Lohnzahlung. Ein Arbeitnehmer werde sich nicht darauf einlassen, seine Arbeitszeit entsprechend dem "Anfall der zum Aufgabenbereich gehörenden Aufgaben" zur Verfügung zu stellen.

Mit der dagegen gerichteten, vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung, der angefochtenen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 1985 bis 1987 und der Einspruchsentscheidung die Kfz-Kosten, Verpflegungsaufwendungen und Lohnzahlungen als Betriebsausgaben abzusetzen,

hilfsweise, die Einkommensteuer 1986 ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf des PKW festzusetzen,

weiter hilfsweise, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Nach seiner Auffassung habe das FG keine Veranlassung gehabt, "die Frage der Üblichkeit durch tatsächliche Beweiserhebungen aufzuklären". Selbst wenn eine Beweisaufnahme ergeben hätte, dass das Arbeitsverhältnis dem Üblichen entspreche, sei zu bedenken, ob dies den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Der Fremdvergleich diene der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich oder der Einkunftserzielung zuzuordnen sei.

Die Revision des Klägers ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Das FG hat zwar die Fahrtkosten zu Recht nur als beschränkt abziehbare Betriebsausgaben berücksichtigt und den Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen zutreffend versagt. Seine tatsächlichen Feststellungen zur betrieblichen Veranlassung der Lohnzahlungen an die Ehefrau des Klägers reichen indessen für eine abschließende Entscheidung über die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen nach § 4 Abs. 4 EStG nicht aus; insofern bedarf es noch einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch das FG.

2. Soweit das FG der Klage stattgegeben hat, bedarf es keiner Entscheidung des Senats. Das FG hat den Abzug der Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen insoweit zugelassen, als die Kürzung dieser Aufwendungen auf der verbösernden Entscheidung des FA im Einspruchsbescheid vom 31. Januar 1991 beruhte. Das FA hat die Vorentscheidung nicht angefochten. Der nicht bezifferte Antrag des Klägers bezieht sich ersichtlich nicht auf Berücksichtigung dieser Aufwendungen.

3. Das FG hat zu Recht die Fahrtkosten nur in Höhe der nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG abziehbaren Beträge und die Verpflegungsmehraufwendungen überhaupt nicht zum Abzug zugelassen.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) verlangt die mit der Begrenzung des Fahrtkostenabzugs in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG angestrebte Gleichbehandlung des Werbungskostenabzugs bei Arbeitnehmern und des Betriebsausgabenabzugs bei Selbständigen eine deutliche Grenzziehung zwischen dem privaten Bereich des Wohnens und dem der beruflichen oder betrieblichen Betätigung. Räumlichkeiten, die --wie üblicherweise ein häusliches Arbeitszimmer-- nur einen Teil der Wohnung oder des Wohnhauses bilden, also in den Wohnbereich und damit in die private Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden bleiben, können somit nicht als Betriebsstätte i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG qualifiziert werden (so bereits Senatsurteil vom 13. Juli 1989 IV R 55/88, BFHE 157, 562, BStBl II 1990, 23, m.w.N.). Dies gilt ungeachtet der Art und des Umfangs ihrer beruflichen oder betrieblichen Nutzung (zuletzt BFH-Urteil vom 19. August 1998 XI R 90/96, BFH/NV 1999, 41, m.w.N.).

b) Zu Recht hat das FG auch den Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsreisen abgelehnt. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Fahrten des Klägers von einer beruflichen Niederlassung zu seiner zweiten beruflichen Niederlassung keine Geschäftsreisen. Daher sind die geltend gemachten Mehraufwendungen für Verpflegung auch nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung seit Senatsurteil vom 29. März 1979 IV R 137/77, BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700; s. auch Senatsbeschluss vom 5. Juni 1995 IV B 132/94, BFH/NV 1996, 31, m.w.N.).

4. a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen nur dann als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG abziehbar sind, wenn dieser aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34, und Senatsurteil vom 21. Januar 1999 IV R 15/98, BFH/NV 1999, 919). Nach der Rechtsprechung des Senats bestimmt sich die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich danach, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist (Senatsurteile vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121, und vom 23. Juni 1988 IV R 129/86, BFH/NV 1989, 219). Dabei ist allerdings zu beachten, dass geringfügige Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen sowohl bezüglich des Vertragsinhalts als auch bezüglich der Vertragsdurchführung für sich allein nicht stets zur steuerlichen Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses führen müssen (vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196, und Senatsurteil vom 17. September 1997 IV R 54/96, BFH/NV 1998, 164).

b) Nach dieser Rechtsprechung durfte das FG die Fremdüblichkeit des zwischen dem Kläger und seiner Frau abgeschlossenen Arbeitsvertrags nicht allein unter Hinweis auf das Fehlen von Regelungen zu den konkreten Arbeitszeiten ablehnen. Wie der erkennende Senat mit Urteil in BFH/NV 1999, 919 u.a. auch unter Bezugnahme auf eine unveröffentlichte Entscheidung des VIII. Senats des BFH vom 21. August 1984 VIII R 66/80 (Juristisches Informationssystem --juris--) entschieden hat, sind gerade bei geringfügiger Beschäftigung Angehöriger --wie im Streitfall-- Unklarheiten bei der Wochenarbeitszeit für die steuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses nicht schädlich, wenn die Arbeitszeit von den betrieblichen oder beruflichen Erfordernissen des Steuerpflichtigen abhängt, deshalb letztlich unbestimmt und nur in Schätzwerten anzugeben ist. Die Unklarheit ist in einem solchen Fall auf die Eigenart des Arbeitsverhältnisses zurückzuführen und nicht auf eine unübliche Gestaltung.

5. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und war daher aufzuheben. Das FG wird vor der erneuten Entscheidung klären müssen, ob der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und seiner Frau hinsichtlich der vom FA beanstandeten Gesichtspunkte mündlich näher ausgestaltet und nach Maßgabe aller schriftlichen und mündlichen Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt worden ist. Dazu ist insbesondere festzustellen, ob die Ehefrau des Klägers tatsächlich gearbeitet hat und ob die ihr gezahlte Vergütung in angemessenem Verhältnis zu der geleisteten Arbeit steht. Dabei wäre eine zu geringe Vergütung unschädlich (vgl. etwa Senatsurteil vom 22. März 1990 IV R 115/89, BFHE 160, 463, BStBl II 1990, 776). Bei einer evtl. Abweichung zwischen der tatsächlichen Durchführung und dem vereinbarten Inhalt des Vertrags wird das FG insbesondere zu prüfen haben, ob diesem Mangel ein derartiges Gewicht zukommt, dass dies unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse eine Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würde.

6. Da die Vorentscheidung bereits aus anderen Gründen aufzuheben war, musste über die Verfahrensrüge unzureichender Sachaufklärung nicht mehr entschieden werden.

Ende der Entscheidung

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