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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.03.2004
Aktenzeichen: IV R 8/02
Rechtsgebiete: AO 1977, KStG, EStG


Vorschriften:

AO 1977 § 165 Abs. 1
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 4d
EStG § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger behandelte in den Einnahmen-Überschussrechnungen für seine Zahnarztpraxis Zuwendungen zugunsten seiner Arbeitnehmer an eine Unterstützungskasse (U) in Höhe von 38 929 DM (1991) bzw. 38 931 DM (1992) als Betriebsausgaben.

Die U wurde im Jahr 1991 gegründet. Nach § 7 Abs. 1 der Satzung sollte der Vorstand der U aus 4 Mitgliedern bestehen. Die Gründungsversammlung berief dagegen nur 3 Personen in den Vorstand. Aus diesem Grunde lehnte das Amtsgericht (AG) die Eintragung ab. In der Mitgliederversammlung vom 12. Juli 1991 wurde dann ein 4. Vorstandsmitglied benannt, dessen notarielle Anmeldung am 4. September 1991 erfolgte. Aber noch bevor ein erneuter Eintragungsantrag gestellt wurde, erklärte der bisherige 1. Vorsitzende mit Schreiben vom 17. September 1991 seinen Rücktritt vom Vorstand der U. Im Oktober 1991 wurde die U deshalb zur Anmeldung eines neuen 1. Vorsitzenden aufgefordert. Die Mitgliederversammlung vom 15. November 1991 bestellte zwar ein anderes Vorstandsmitglied zum 1. Vorsitzenden, ergänzte den Vorstand aber nicht auf die erforderlichen 4 Mitglieder. Nachdem das AG im Jahr 1992 mehrfach erfolglos zur Vervollständigung des Vorstands aufgefordert hatte, lehnte es die Eintragung schließlich erneut ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht am 20. Januar 1993 zurück. Erst danach wurde der Vorstand vervollständigt, so dass die U schließlich am 14. September 1993 eingetragen wurde.

Die U hatte im Versorgungsfall insoweit Leistungen an die Arbeitnehmer der Trägerunternehmen (Leistungsempfänger) zu erbringen, als das Trägerunternehmen der Unterstützungskasse ausreichende Mittel (Dotierungsbeiträge) zur Verfügung gestellt hatte. Aus den Dotierungsbeiträgen zahlte die U Prämien für Rückdeckungsversicherungen (Lebensversicherungen, bei denen Versicherungsnehmerin die U und Versicherter der jeweils versorgungsberechtigte Arbeitnehmer waren) und ließ sich im Wege eines Policendarlehens zugleich verzinsliche Vorauszahlungen auf die späteren Versicherungsleistungen gewähren. Diese Mittel wurden sodann darlehensweise an das Trägerunternehmen --so auch an den Kläger-- weitergeleitet. Für die Darlehen war kein Tilgungsplan vorgesehen, so dass im Versorgungsfall voraussichtlich Verrechnungen zwischen der Versicherung und U sowie zwischen der U und dem Trägerunternehmen stattfinden würden. Dennoch sollten nach den Feststellungen des für die U zuständigen Finanzamts aus den Überschussanteilen und aus nicht belastetem Kapital noch ausreichende Mittel für die Versorgung der Leistungsempfänger verbleiben.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Leistungen des Klägers an die U zunächst in diesbezüglich nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufigen Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre (1991 und 1992) als Betriebsausgabe an. Nach Abschluss einer Betriebsprüfung bei der U versagte das FA jedoch den Abzug mit der Begründung, die U sei in den Streitjahren nicht rechtsfähig gewesen. Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 16. Februar 1996 eingelegte Einsprüche hatten keinen Erfolg. Die anschließend erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab, weil Zuwendungen an eine nicht rechtsfähige Unterstützungskasse jedenfalls dann nicht abgezogen werden könnten, wenn die Kasse bei Stellung des Eintragungsantrags nicht eintragungsfähig gewesen sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 524 veröffentlicht.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung des § 4d des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG).

Sie beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 vom 16. Februar 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben von 38 929 DM (1991) bzw. 38 931 DM (1992) bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die getroffenen Feststellungen gestatten noch keine abschließende Entscheidung darüber, ob der Kläger die Zuwendungen an die U in den Streitjahren als Betriebsausgabe bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit abziehen kann.

1. Entgegen der Auffassung des FG scheitert der Betriebsausgabenabzug nicht bereits daran, dass die U bei Leistung der Zuwendungen noch nicht im Vereinsregister eingetragen war. Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Eintragung bei Antragstellung erfüllt waren oder nicht. Selbst wenn die U mangels satzungsgemäßer Besetzung des Vorstands nicht eintragungsfähig gewesen wäre, würde das allein dem Abzug der in dieser Situation geleisteten Zuwendungen an die U nicht entgegenstehen.

Nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG in den für 1991 und 1992 geltenden Fassungen können Zuwendungen an eine Unterstützungskasse unter bestimmten weiteren Voraussetzungen von einem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgaben abgezogen werden. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 12. Juni 2002 XI R 28/01 (BFH/NV 2003, 18) entschieden hat, steht eine zunächst noch fehlende Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse dem Betriebsausgabenabzug gemäß § 4d EStG nicht entgegen. Zwar müssten Unterstützungskassen --ebenso wie Pensionskassen-- rechtsfähig sein (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung --BetrAVG--). Der mit dem Rechtsfähigkeitserfordernis verbundene Zweck, das Kassenvermögen und die Versorgungsleistungen zu sichern und zugleich eine vermögensmäßige Trennung dieses Vermögens von dem Vermögen des Trägerunternehmens zu gewährleisten, werde aber bereits durch einen sog. Vorverein erreicht. Außerdem verlange § 4d EStG selbst die Rechtsfähigkeit der Unterstützungskasse nicht ausdrücklich. Dieser Entscheidung, die dieselbe Unterstützungskasse wie im Streitfall betraf, schließt sich der erkennende Senat an.

2. Anhand der bisher getroffenen Feststellungen lässt sich aber noch nicht für beide Streitjahre entscheiden, ob der Betriebsausgabenabzug nicht an dem sog. Beleihungsverbot scheitert.

a) Nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG in der für 1991 geltenden Fassung können Zuwendungen an eine Unterstützungskasse vom Trägerunternehmen als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Zuwendungen den Betrag der Jahresprämie nicht übersteigen, den die Kasse an einen Versicherer zahlt, soweit sie sich die Mittel für ihre Leistungen durch Abschluss einer Versicherung verschafft. Mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1991 beginnen (§ 52 Abs. 5c EStG 1992), ist der Abzug nach einem der Vorschrift durch das Steueränderungsgesetz 1992 (StÄndG 1992) vom 25. Februar 1992 (BGBl I 1992, 297, BStBl I 1992, 146) angefügten Satz 4 ausgeschlossen, wenn die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens dienen.

Bereits der für 1991 geltenden Fassung des Gesetzes war zu entnehmen, dass die Voraussetzungen für einen Betriebsausgabenabzug beim Trägerunternehmen nicht vorliegen, wenn die Unterstützungskasse die ihr zustehenden Rechte aus der Rückdeckungsversicherung beleiht oder abtritt bzw. Vorauszahlungen der Versicherung in Anspruch nimmt. In einem solchen Fall "verschafft" sich die Unterstützungskasse durch Abschluss der Rückdeckungsversicherung nicht die Mittel für ihre Versorgungsleistungen (Senatsurteil vom 28. Februar 2002 IV R 26/00, BFHE 198, 452, BStBl II 2002, 358). Das mit Einfügung des neuen Satz 4 in die ab 1992 geltende Fassung des § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG ausdrücklich geregelte Beleihungsverbot hat insoweit nicht zu einer Änderung der Rechtslage geführt.

Eine Änderung der Rechtslage ist durch die Neuregelung aber insoweit eingetreten, als der Betriebsausgabenabzug auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Versorgungsansprüche der Leistungsanwärter auf andere Weise sichergestellt sind. Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 198, 452, BStBl II 2002, 358 ausgeführt hat, bestand vor In-Kraft-Treten der Neuregelung die Möglichkeit, die Versorgungsansprüche durch ergänzende Vereinbarungen so abzusichern, dass eine Beleihung der Rückdeckungsversicherung bzw. die Inanspruchnahme von Vorauszahlungen nicht (mehr) als schädlich anzusehen war. Nach § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Satz 4 EStG 1992 ist der Abzug indessen ausgeschlossen, wenn die Ansprüche aus der Versicherung der Sicherung eines Darlehens dienen. Es besteht mithin keine Möglichkeit mehr, durch anderweitige Sicherstellung der Versorgungsansprüche die Schädlichkeit der Darlehensaufnahme bzw. gleichbedeutend der Inanspruchnahme von Vorauszahlungen zu verhindern.

b) Im Streitfall hat das FG festgestellt, dass die U Vorauszahlungen auf die Rückdeckungsversicherungen in Anspruch genommen und die betreffenden Beträge in voller Höhe dem Kläger als Darlehen zur Verfügung gestellt hat. Für das Streitjahr 1992 folgt daraus, dass die Zuwendungen des Klägers an die U nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Für das Streitjahr 1991 scheitert der Betriebsausgabenabzug ebenfalls, wenn nicht besondere Vereinbarungen zur Sicherstellung der Versorgungsansprüche getroffen worden sind.

Das FG hat --von seinem Standpunkt aus zu Recht-- bisher keine Feststellungen zur Existenz von besonderen Vereinbarungen getroffen. Durch die Zurückverweisung der Sache erhält es Gelegenheit, diese Feststellungen nachzuholen. Dabei dürfen Überschussbeteiligungen aus Rückdeckungsversicherungen nicht als ausreichende Sicherstellung angesehen werden (s. dazu Senatsurteil in BFHE 198, 452, BStBl II 2002, 358, unter 2.b). Die Kläger können sich schon deshalb nicht mit Erfolg auf die diesbezüglichen Ausführungen im Bericht über die Betriebsprüfung bei der U berufen.

c) Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, dass die Versorgungsansprüche durch besondere Vereinbarungen schon vor Verkündung des StÄndG 1992 sichergestellt waren, müsste es weiter der Frage nachgehen, ob in der von Gesetzes wegen gleichwohl gebotenen Versagung des Betriebsausgabenabzugs für 1992 eine unzulässige Rückwirkung des Gesetzes zu sehen ist.

Ende der Entscheidung

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