Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.06.1998
Aktenzeichen: IX B 13/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist unzulässig. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

1. Das FG hat nicht --wie von den Klägern geltend gemacht-- deren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--; Art. 103 des Grundgesetzes --GG--) verletzt. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt nicht, daß das FG dem Steuerpflichtigen mitteilt, welche Steuerakten ihm vorliegen und welche Teile es aus diesen Akten voraussichtlich verwerten wird (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Juni 1997 IV B 70/96, BFH/NV 1997, 829, m.w.N.). Im übrigen ist ausweislich des Terminprotokolls in der mündlichen Verhandlung vor dem FG der wesentliche Inhalt der Akten vorgetragen worden; ein Beteiligter kann sich danach in der Regel nach Schluß der mündlichen Verhandlung nicht mehr darauf berufen, er habe sich zu dem dem Urteil zugrundeliegenden Akteninhalt nicht äußern können (vgl. Beschluß in BFH/NV 1997, 829).

2. Mit ihrem Vorbringen, das FG habe es unterlassen, die Steuerakte des Klägers für 1986 vollständig beizuziehen und den Sachverhalt vollständig zu würdigen, rügen die Kläger mangelhafte Sachverhaltsaufklärung und damit einen Verstoß gegen § 76 FGO. Es fehlt aber an der Darlegung, dem FG habe sich --ausgehend von seiner sachlich-rechtlichen Auffassung-- eine weitere Aufklärung von Amts wegen aufdrängen müssen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 30. August 1994 IX B 43/94, BFH/NV 1995, 413, und vom 15. Oktober 1997 IX B 54/97, BFH/NV 1998, 481). Den behaupteten Irrtum des Steuerbüros des Prozeßbevollmächtigten der Kläger beim Ansatz eines Mietwertes für die Dachgeschoßwohnung im Dezember 1986 hat das FG berücksichtigt und in seiner Entscheidung gewürdigt. Daß die Steuererklärung 1986 vom Kläger und seiner damaligen Ehefrau blanko unterschrieben und vom Steuerbüro des Prozeßbevollmächtigten ohne weitere Überprüfung durch den Kläger unmittelbar dem Finanzamt zugeleitet wurde, ist neues tatsächliches Vorbringen, das im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren --ebenso wie im Revisionsverfahren-- keine Beachtung finden kann (BFH-Beschluß vom 28. Juli 1997 VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29, m.w.N.). Für das FG bestand ohne entsprechende Hinweise kein Anlaß, von einer ungeprüft, blanko unterschriebenen Steuererklärung für 1986 auszugehen und auch unter diesem Gesichtspunkt den entscheidungserheblichen Sachverhalt weiter aufzuklären.

3. Die Einwendungen der Kläger gegen die Beurteilung der Zeugenaussagen durch das FG betreffen die Beweiswürdigung der Vorinstanz. Mit diesen der Revision vorbehaltenen Angriffen können die Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 17. November 1997 VIII B 12/97, BFH/NV 1998, 608, unter 2., m.w.N.).

4. Mit ihrem Vorbringen, das FG habe die für den Zeitpunkt des Umzugs der Klägerin in die Dachgeschoßwohnung angebotenen Beweise nicht erhoben bzw. berücksichtigt, bezeichnen die Kläger nicht einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Es fehlt an der Darlegung, daß dieser Gesichtspunkt auf der Grundlage der sachlich-rechtlichen Auffassung des FG entscheidungserheblich und deshalb aufklärungsbedürftig war (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Anm. 65 i.V.m. § 120 Anm. 40, m.w.N.). Das FG hat in seinem Urteil nicht --wie die Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend machen-- darauf abgestellt, die Klägerin habe die Dachgeschoßwohnung Anfang 1987 nicht bezogen. Es war vielmehr der Meinung, ein Wohnen in demselben Haus auf mietrechtlicher Grundlage erscheine wegen der engen persönlichen Beziehungen zwischen den Klägern von vornherein abwegig. Ob diese Auffassung des FG der Rechtslage entspricht, ist eine dem materiellen Recht zuzuordnende Frage, die der Senat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht überprüfen kann (vgl. dazu Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 27 f., m.w.N.).

5. Bei der Rüge, das FG habe die Kinder des Klägers aus erster Ehe nicht als Zeugen vernommen, fehlt es an der Darlegung, daß die Erhebung dieses Beweises nach der Rechtsauffassung des FG (vgl. unter 4.) entscheidungserheblich war.

6. Soweit die Kläger als ungenügende Sachverhaltsaufklärung geltend machen, das FG habe die Kläger zu Unrecht nicht als Beteiligte vernommen, fehlt der Hinweis, daß das Nichterheben dieses Beweises bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde bzw. nicht gerügt werden konnte (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 37).

7. Soweit die Kläger rügen, das FG habe das Schreiben vom 24. September 1991 falsch interpretiert, wenden sie sich --im vorliegenden Verfahren unzulässigerweise-- gegen die Beweiswürdigung des FG (z.B. BFH-Beschluß in BFH/NV 1998, 608, unter 2., m.w.N.).

8. Im Streitfall kann offenbleiben, ob das FG aufgrund einer verfahrensfehlerhaften Tatsachenfeststellung zu dem Ergebnis gekommen ist, der mit der Klägerin geschlossene Mietvertrag halte dem Fremdvergleich nicht stand. Die in diesem Zusammenhang von den Klägern erhobenen Rügen --a) das FG hätte den als Zeugen benannten Installateur vernehmen und b) die Herkunft der Mietzahlungen für September bis November 1987 klären müssen-- könnten selbst dann nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn sie begründet wären; denn der Rückgriff auf den Fremdvergleich ist nur eine von zwei selbständig tragenden Begründungen für die steuerrechtliche Nichtanerkennung dieses Mietvertrages und gegen die andere --s. oben, Nr. 1 bis 7-- sind Zulassungsgründe nicht rechtswirksam geltend gemacht worden (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 59, m.w.N.).

9. Mit ihrem Vorbringen, das FG habe dem mit der Schwiegermutter geschlossenen Mietvertrag zu Unrecht u.a. unter Hinweis auf deren bescheidene finanzielle Mittel die steuerrechtliche Anerkennung verweigert, ohne insoweit wegen des Vortrags im Schriftsatz vom 7. Oktober 1997 den Sachverhalt weiter aufzuklären, rügen die Kläger die Verletzung des § 76 Abs. 1 FGO. Es fehlen aber Ausführungen dazu, inwiefern sich dem FG angesichts der das Jahr 1996 betreffenden Angaben zum Einkommen und Vermögen der Schwiegermutter ohne konkrete Darlegungen für die Streitjahre 1987 bis 1992 von Amts wegen eine weitere Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen mußte. Die Kläger haben auch nicht hinreichend dargelegt, daß das FG auf der Grundlage seiner sachlich-rechtlichen Auffassung unter Berücksichtigung der anderen --nach Auffassung des FG gegen die steuerrechtliche Anerkennung dieses Mietvertrages sprechenden-- Umstände zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.

10. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO; Art. 103 Abs. 1 GG), weil das FG nach der Beweisaufnahme nicht wieder in die mündliche Verhandlung eingetreten sei, ist unbegründet. Die Kläger machen damit einen Verstoß gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung geltend. Ein solcher Verstoß liegt aber nur vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und dadurch dem Verfahren eine Wendung gibt, mit der auch ein kundiger Beteiligter nach dem bisherigen Verlauf nicht zu rechnen brauchte. Die Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht, seine Rechtsauffassung und seine tatsächlichen Schlußfolgerungen jeweils vorab zu erörtern (z.B. BFH-Beschlüsse vom 18. Juni 1996 IV B 96/95, BFH/NV 1996, 919, und vom 31. Juli 1997 III B 31/95, BFH/NV 1998, 325, jeweils m.w.N.). Im Streitfall ergeben sich aus dem Vorbringen der Kläger keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung. Daß der zur Urteilsfindung berufene Senat des FG den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung gehörten Zeugen unter Umständen nicht folgen würde, ist ein Umstand, den die fachkundig beratenen Kläger zumindest in Betracht ziehen mußten.

11. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache haben die Kläger nur behauptet, ohne näher darzulegen, inwiefern die von ihnen aufgeworfenen Rechtsfragen in Rechtsprechung und/oder Schrifttum umstritten sind und deshalb eine höchstrichterliche Klärung über die materiell-rechtliche Beurteilung des Streitfalles hinaus für die Allgemeinheit Bedeutung hat (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 61 f.).

Der Beschluß ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

Ende der Entscheidung

Zurück