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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.11.2002
Aktenzeichen: IX B 131/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 81
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarben im Februar 1998 ein bebautes Grundstück. Ein Vorvoreigentümer hatte 1960 darauf ein Gebäude errichtet, in dem sich ebenerdig eine Autoreparaturwerkstatt befand, darüber eine Wohnung mit rd. 90 qm und schließlich ein Dach mit Spitzboden.

Aufgrund einer Baugenehmigung von 1984 trugen die Voreigentümer und Verkäufer das alte Dachgeschoss ab und errichteten einen neuen Dachstuhl mit Biberschwanzeindeckung, verbanden die Geschosse durch ein neu errichtetes Treppenhaus und versahen die Außenfassaden mit einem Klinkermauerwerk sowie einer Isolierung.

Die Kläger stellten den Antrag auf Eigenheimzulage ab 1998 in Höhe von 5 000 DM zuzüglich zweier Kinderfreibeträge in Höhe von jeweils 1 500 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gewährte den Fördergrundbetrag lediglich in Höhe von 2,5 v.H., weil es sich nicht um einen Neubau, sondern um einen Ausbau oder eine Erweiterung gehandelt habe, denn das Haus sei bereits seit 1960 bewohnt worden. Dagegen wandten sich die Kläger zunächst mit dem Einspruch, dann mit der Klage und machten geltend, die Umgestaltung des vorhandenen Gebäudes durch den Voreigentümer und durch sie selbst sei so grundlegend gewesen, dass die eingefügten Teile dem jetzigen Gebäude das Gepräge gegeben hätten. Ferner verletzte die Beschränkung des Fördersatzes auf 2,5 v.H. den Gleichheitssatz.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet zurück.

Das Gebäude sei nicht zum zweiten Mal neu errichtet worden, denn es sei durch die Baumaßnahmen des Voreigentümers und der Kläger kein bautechnisch neues, bisher nicht vorhandenes Gebäude geschaffen worden. Das vorhandene Gebäude sei auch nicht unbrauchbar im Sinne eines Vollverschleißes gewesen (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Dezember 1997 X R 54/96, BFH/NV 1998, 841). Auch eine eigenständige Eigenheimförderung für die ausgebauten Wohnräume im Dach- und Kellergeschoss komme wegen des räumlichen Zusammenhangs mit den Wohnräumen im Erdgeschoss nicht in Betracht.

Die vom Gesetzgeber vorgenommene Unterscheidung zwischen der Förderung von Neubauten und Umbauten verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ende erst dort, wo kein einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung bestehe. Ein einleuchtender Grund für die unterschiedliche Förderung sei hier die vom Gesetzgeber verfolgte Förderung des Wohnungsbaus und der Bauwirtschaft. Nur bei einem Neubau würden regelmäßig neue Bauleistungen erbracht, bei Altbauten hingegen nur im Falle des Ausbaus und der Sanierung. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bei der Grunderwerbsteuerbefreiung diese Unterscheidung als verfassungsmäßig anerkannt und die Versagung der Grundsteuerbefreiung beim Erwerb von Altbauten gebilligt (Beschluss vom 30. Januar 1979 1 BvR 1404/78, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1979, 291).

Gegen die Nichtzulassung der Revision haben die Kläger Beschwerde eingelegt, mit der sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie Verfahrensmängel geltend machen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm, auf der das finanzgerichtliche Urteil beruht, können zwar zur Zulassung der Revision führen (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Dezember 1999 XI B 88/98, XI B 89/98, BFH/NV 2000, 730; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 36). Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 2 Satz 2 des Eigenheimzulagengesetzes vom 15. Dezember 1995 (BGBl I 1995, 1783) bestehen indes nicht. Indem der Gesetzgeber Neubauten mehr als Altbauten oder Ausbauten und Erweiterungen förderte, hat er seine Gestaltungsfreiheit nicht willkürlich missbraucht. Er hat sich mit der hier streitigen Frage auseinander gesetzt (vgl. Wacker, Eigenheimzulagengesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 9 Rz. 01 f.). Der Bundesrat (BTDrucks 13/2476, S. 3) hatte eine Erhöhung des Förderbetrags bei Altbauten auf 3 500 DM (gegenüber 5 000 DM bei Neubauten) angeregt. Die Förderung der Altbauten wurde daraufhin aufgestockt (BTDrucks 13/2784, S. 10). Die vom FG angeführten Gründe für die vermehrte Förderung von neuen Wohnungen (vgl. auch BTDrucks 12/4401, S. 51, betreffend § 10e Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes) sind jedenfalls ein sachlicher Gesichtspunkt (vgl. Wacker, a.a.O., Vor § 1 Rz. 47). Insofern hat das FG zu Recht auf den Beschluss des BVerfG in HFR 1979, 291 hingewiesen. Ob die gesetzliche Lösung zweckmäßig ist oder ob eine andere Lösung sinnvoller gewesen wäre, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

2. Eine Entscheidung des BFH ist im Streitfall weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO); das Urteil des FG weicht nicht von den Urteilen des BFH vom 12. September 2001 IX R 39/97 (BFH/NV 2002, 968) und IX R 52/00 (BFH/NV 2002, 966) ab. Diese Urteile hatten die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Neubau anzunehmen ist, nicht zu beurteilen. Die in diesen Urteilen getroffene Abgrenzung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von Erhaltungsaufwendungen ist nicht entscheidend für die Frage, ob ein Neubau gegeben ist. Werden Aufwendungen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewertet, heißt das nicht, dass ein Neubau hergestellt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 15. Mai 2002 X R 36/99, BFH/NV 2002, 1158).

3. Ein Verstoß gegen § 81 FGO ist nicht gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Nachdem die Beteiligten von dem Telefongespräch durch das Schreiben vom 24. Juli 2002 Kenntnis erlangt hatten, hatten sie in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2002 Gelegenheit, auf die Verletzung des § 81 FGO hinzuweisen. Das ist lt. Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht geschehen, vielmehr haben die Kläger rügelos zur Sache verhandelt. Damit haben sie auf das Rügerecht --falls ein solches bestanden haben sollte-- verzichtet (vgl. BFH-Beschluss vom 26. März 1991 VII R 72/90, BFH/NV 1992, 115, 118; Gräber/Koch, a.a.O., § 81 Rz. 10).

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