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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.12.2006
Aktenzeichen: IX B 139/05
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung schon nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); jedenfalls sind die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben.

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, m.w.N.). Das ist vorliegend nicht der Fall.

Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen stellen sich im Streitfall nicht, sie sind auch nicht klärungsbedürftig. Der BFH hat ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz auch dann angenommen, wenn der Steuerpflichtige das bebaute Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs --von in der Regel bis zu fünf Jahren-- seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit insgesamt nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt (vgl. BFH-Urteile vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580, und IX R 33/01, BFH/NV 2002, 1565; vom 18. Januar 2006 IX R 18/04, BFH/NV 2006, 1078). Dabei bildet die heranzuziehende Zeitspanne von fünf Jahren keine starre Grenze (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195, unter II. 3. c bb; vom 8. September 2004 XI R 47/03, 48/03, BFHE 207, 263, BStBl II 2005, 41, unter II. 1.), so dass auch erst nach Ablauf von fünf Jahren veräußerte Immobilien in die Betrachtung einbezogen werden können, ggf. mit Folgerungen für die Indizwirkung (vgl. BFH-Urteile vom 14. Januar 2004 IX R 88/00, BFH/NV 2004, 1089, unter II. 1. b; vom 5. Mai 2004 XI R 7/02, BFHE 206, 141, BStBl II 2004, 738, unter II. 2., m.w.N.). Ob im Einzelfall Indizien für oder gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung, die dem Finanzgericht (FG) obliegt (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Juli 2002 IX B 139/01, BFH/NV 2003, 51).

Auf der Basis dieser Rechtsprechung hat das FG im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung mehrere Indizien berücksichtigt und ist nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger und die Beigeladene "zumindest ab 1993" die Absicht hatten, das betreffende Objekt zu veräußern und dass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt keine auf Dauer angelegte Vermietungsabsicht bestand. Daher bleibt unklar, was im Fall eines unbefristeten und über 7,5 Jahre durchgeführten Mietvertrages im Allgemeininteresse klärungsbedürftig sein soll.

2. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) nicht erforderlich; eine Abweichung des FG von der BFH-Rechtsprechung liegt nicht vor.

Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 9. Juli 2003 IX R 102/00, (BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940) entschieden, dass es an einer endgültigen Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht fehlt, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht, selbst wenn er das Vermietungsobjekt daneben auch zum Verkauf anbietet, so dass eine vorhandene Verkaufsabsicht bei gleichzeitig bestehender, weil nicht aufgegebener Vermietungsabsicht der Berücksichtigung von Einkünften nicht entgegensteht. Im Streitfall ist das FG jedoch entgegen der Ansicht des Klägers gerade nicht von einer parallel vorhandenen Verkaufs- und Vermietungsabsicht ausgegangen; vielmehr hat es aufgrund seiner Gesamtwürdigung jedenfalls ab 1993 eine ausschließliche Verkaufsabsicht angenommen und eine auf Dauer angelegte Vermietungsabsicht als nicht nachgewiesen angesehen.

3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind zum Teil nicht hinreichend und schlüssig dargelegt (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 3), im Übrigen liegen sie nicht vor.

a) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch in Gestalt einer sog. Überraschungsentscheidung (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2, § 93 Abs. 1 FGO) wie auch ein Verstoß gegen die gerichtliche Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) sind nicht gegeben.

Das FG ist weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet, also dazu, die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 2002 VII B 257/01, BFH/NV 2002, 1498; vom 10. September 2003 X B 132/02, BFH/NV 2004, 495; vom 8. November 2005 III B 33/05, BFH/NV 2006, 568). Daher muss selbst dann, wenn die Rechtslage umstritten ist, ein Beteiligter grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (vgl. BFH-Urteil vom 3. März 1998 VIII R 66/96, BFHE 185, 422, BStBl II 1998, 383, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 9. Juni 2005 VIII B 105/04, BFH/NV 2005, 2211, unter II. 2. b). Andererseits liegt eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht angesprochenen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen musste (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Februar 2006 X B 138/05, BFH/NV 2006, 972, unter II. 2. c).

Vorliegend hat das FG seine Bedenken u.a. hinsichtlich eines steuerrechtlich anzuerkennenden Mietverhältnisses und einer auf Dauer angelegten Vermietungsabsicht im Schreiben vom 23. Februar 2004, zudem mit nachfolgenden Aufklärungsverfügungen, hinreichend zum Ausdruck gebracht. Auch wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert (s. Sitzungsprotokoll S. 3). Gleichwohl hat der Kläger insbesondere nicht dargelegt, weshalb er, obwohl selbst fachkundig und in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertreten, nicht von sich aus diese Gesichtspunkte aufgegriffen, eigene zusätzliche rechtliche Überlegungen eingebracht und ordnungsgemäße Beweisanträge gestellt hat.

b) Soweit die Kläger eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. l FGO) durch Übergehen von Beweisanträgen oder --auch ohne entsprechenden Beweisantritt-- wegen unterlassener Amtsermittlung rügen, fehlt es an den für eine hinreichende Darlegung erforderlichen genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. Oktober 1998 X B 115/97, BFH/NV 1999, 630; vom 10. September 2002 X B 42/02, BFH/NV 2003, 70, sowie vom 18. März 2004 VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom 28. Juli 2004 IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43). Insbesondere hat der rechtskundig vertretene Kläger hinsichtlich des Übergehens von Beweisanträgen als verzichtbarem Verfahrensmangel sein Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. März 2001 IX B 149/00, BFH/NV 2001, 1037; vom 29. Oktober 2002 IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326).

4. Letztlich setzt der Kläger in seiner --teilweise nach Art einer Revisionsbegründung gehaltenen-- Auseinandersetzung mit dem FG-Urteil seine eigene Tatsachen- und Beweiswürdigung und Rechtsansicht anstelle der des FG und rügt dessen seiner Ansicht nach fehlerhafte Rechtsanwendung wegen der Verletzung materiellen Rechts (Verstoß gegen §§ 9, 21 des Einkommensteuergesetzes) einschließlich eines Verstoßes gegen Denkgesetze. Damit macht er materiell-rechtliche Fehler, also sachliche Unrichtigkeit des FG-Urteils geltend. So kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden, wenn für einen darüber hinausgehenden offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht keine Anhaltspunkte ersichtlich sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. September 2001 V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom 7. Februar 2005 IX B 239/02, BFH/NV 2005, 1052).

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