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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.04.2004
Aktenzeichen: IX B 14/04
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, EStG, GG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 1
FGO § 155
ZPO § 227
EStG § 20
EStG § 23
EStG § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b a.F.
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb nach § 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zurückzuweisen.

1. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor. Das Finanzgericht (FG) hat den Grundsatz rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 des Grundgesetzes --GG--) nicht verletzt, indem es die mündliche Verhandlung ohne die Beteiligung des Klägers und seines Bevollmächtigten durchführte. Zwar hat der Kläger die Vertagung des Termins beantragt. Das FG (der Vorsitzende) hat jedoch ohne Rechtsverstoß die Aufhebung des Termins abgelehnt, weil der Kläger keine erheblichen Gründe i.S. des § 155 FGO i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) für eine Terminsaufhebung glaubhaft gemacht hat. Er hat anderweitige berufliche Verpflichtungen nur behauptet, nicht aber substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht.

2. Soweit sich der Kläger gegen die "rechtliche Bewertung" der Sache durch das FG wendet, legt er bereits keinen Zulassungsgrund dar.

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO insoweit nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage voraus, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich und die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist (Beschluss des BFH vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217). Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Sie wendet sich lediglich gegen die Rechtsanwendung des FG im entschiedenen Fall.

Auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO sind nicht erfüllt. Nur besonders schwerwiegende Fehler des FG bei der Auslegung revisiblen Rechts ermöglichen insoweit die Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 12. August 2003 IV B 189/01, BFH/NV 2003, 1604, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall. Das FG hat vielmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24. Juni 2003 IX R 2/02, BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752) den Glattstellungsvorgang bei den streitigen Optionen als Veräußerung gewertet.

3. Soweit der Kläger sich gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Hinblick auf strukturelle Vollzugsdefizite wendet, kann die Revision ebenfalls nicht zugelassen werden. Die Sache hat für das Streitjahr (1993) keine grundsätzliche Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02 (Finanz-Rundschau --FR-- 2004, 470) die Besteuerung privater Wertpapiergeschäfte für die Jahre 1997 und 1998 für verfassungswidrig und § 23 EStG insoweit für nichtig erklärt. Zwar ist davon auszugehen, dass auch im Streitjahr 1993 ein vergleichbares Vollzugsdefizit gegeben war, wie es das BVerfG für die Jahre 1997 und 1998 festgestellt hat. Indes ist diese Frage für den Ausgang eines Revisionsverfahrens nicht entscheidungserheblich und deshalb nicht klärbar. Es ist nämlich ausgeschlossen, dass das BVerfG § 23 EStG für Wertpapiergeschäfte im Streitjahr für nichtig erklären würde.

In seinem Urteil zur Zinsbesteuerung vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654) hat das BVerfG zwar in Bezug auf § 20 EStG ein mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbares Vollzugsdefizit festgestellt, die darauf gestützte Verfassungsbeschwerde aber gleichwohl zurückgewiesen, weil die Verfassungsrechtslage bisher nicht erkannt worden sei und deshalb Anlass bestanden habe, das bisherige Recht noch für eine Übergangszeit hinzunehmen und dem Gesetzgeber Gelegenheit zu geben, sich binnen einer angemessenen Frist auf die nunmehr geklärte verfassungsrechtliche Lage einzustellen. Diese Erwägungen gelten ebenso für das Vollzugsdefizit, welches das BVerfG nunmehr für § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG (a.F.) festgestellt hat. Auch hier war die Verfassungsrechtslage seinerzeit nicht erkannt worden. Die dem Gesetzgeber insoweit zuzubilligende Übergangszeit umfasst auch noch das Streitjahr, weil die Frage des gleichheitswidrigen Vollzugsdefizits in der Fachwelt für die Vorschrift des § 20 EStG (vgl. die Nachweise in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 unter C. II. 1. dd der Gründe) deutlich früher aufgeworfen worden ist als für § 23 EStG (vgl. dazu die Nachweise im Urteil des BVerfG in FR 2004, 470 unter A. I. 4. der Gründe).

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