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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: IX B 160/01
Rechtsgebiete: EStG, FGO, EigZulG


Vorschriften:

EStG § 7b
EStG § 26
EStG § 26 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
EigZulG § 6
EigZulG § 6 Abs. 1 Satz 1
EigZulG § 6 Abs. 1 Satz 2
EigZulG § 6 Abs. 2 Satz 3
EigZulG § 6 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beteiligten streiten darüber, ob für den Ausbau einer Dachgeschosswohnung Objektverbrauch eingetreten ist.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist seit 1992 verwitwet. Sie hatte als Miteigentümerin zusammen mit ihrem verstorbenen Mann für das 1968 fertig gestellte und danach selbst genutzte Haus in den Veranlagungszeiträumen 1968 bis 1975 erhöhte Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch genommen. Mit dem Tode ihres Ehemannes wurde die Klägerin Alleineigentümerin des Hauses.

1987 erbte sie den Miteigentumsanteil an einem Haus in H. 1998 und 1999 erwarb sie die restlichen Miteigentumsanteile hinzu und baute das Dachgeschoss des im Übrigen vermieteten Hauses zu eigenen Wohnzwecken aus. Für die angefallenen Herstellungskosten beantragte sie Eigenheimzulage. Ihren Antrag lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) wegen eingetretenen Objektverbrauchs ab. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, es bestehe keine rechtliche Verpflichtung, nach Beendigung der Ehe ein zweites Objekt zu fördern.

Gegen die Nichtzulassung der Revision legte die Klägerin Beschwerde ein, mit der sie grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) geltend macht. Im Kern ihrer Begründung sieht die Klägerin in den Regelungen über den Objektverbrauch bei Miteigentümer-Ehegatten eine auch verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung, die sich aus folgenden Gründen ergebe: Werde die Ehe geschieden, könne ein Ehegatte noch im letzten Kalenderjahr der Zusammenveranlagung seinen Miteigentumsanteil auf den anderen Ehegatten übertragen und auf diese Weise für sich den Objektverbrauch vermeiden. Hingegen bestünde diese Möglichkeit nicht, wenn die Ehe durch den Tod ende. Der überlebende Ehegatte müsse den Objektverbrauch hinnehmen. Deshalb müsste § 6 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) so ausgelegt werden, dass bei Versterben eines Ehegatten die Rechtslage des überlebenden Ehegatten so betrachtet werde, wie wenn dieser rechtzeitig vor Versterben des Ehegatten diesem seinen Anteil am gemeinsamen Grundstück noch übertragen hätte, so dass beim überlebenden Ehegatten kein Objektverbrauch eintrete.

Das FA beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Klägerin dargelegten Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; eine Entscheidung des BFH ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich.

1. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt (st. Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 29. März 2000 IX B 111/98, BFHE 191, 373, BStBl II 2000, 352, m.w.N.) oder wenn die betreffende Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (BFH-Beschlüsse vom 6. August 1996 VII B 24/96, BFH/NV 1997, 95; vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; vom 15. Dezember 1989 VI B 78/88, BFHE 159, 196, BStBl II 1990, 344). In diesen Fällen bedarf es auch keiner Entscheidung zur Fortbildung des Rechts i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 115 Rz. 41).

2. Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung des BFH, weil die von der Klägerin herausgehobene Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie dies die Vorentscheidung getan hat.

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte die Eigenheimzulage nur für eine Wohnung oder einen Ausbau oder eine Erweiterung (Objekt) in Anspruch nehmen. Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG für eine Ehegattenveranlagung vorliegen, können die Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte beanspruchen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG).

b) Liegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG infolge des Todes eines Ehegatten nicht mehr vor, kann der überlebende Ehegatte die Förderung für ein weiteres Objekt nicht mehr beanspruchen. Es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, den überlebenden Ehegatten über den Tod seines Ehepartners hinaus so zu stellen, als sei dieser Tod nicht eingetreten. Die Sonderregelungen für Eheleute beschränken sich auf den Zeitraum, in dem die Voraussetzungen des § 26 EStG gegeben sind: Mit dem Tod des Ehegatten entfällt die Förderberechtigung für ein zweites Objekt (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Mai 2000 X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461). Über das Ableben hinaus mildert das Gesetz die Rechtswirkungen des Wegfalls der Voraussetzungen der Zusammenveranlagung nur im Fall des Miteigentums an der Wohnung und behandelt beide Anteile im Rahmen des Objektverbrauchs nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 Satz 3 EigZulG als Einheit (vgl. dazu eingehend Wacker, Eigenheimzulagengesetz, Kommentar, 3. Aufl., 2001, § 6 Rz. 75 ff.). Diese Regelung ist Folge von § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG, wonach die jeweiligen Miteigentumsanteile von Ehegatten an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung nicht als selbständige Objekte gelten (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 6. April 2000 IX R 90/97, BFHE 191, 377, BStBl II 2000, 414). Das Gesetz schützt so das Vertrauen des überlebenden Ehegatten in die Kontinuität der von beiden Eheleuten gewählten bisherigen Förderung, indem es die selbstgenutzte Wohnung nach wie vor als ein Objekt auch für die Zeit nach dem Ende der Ehe behandelt, und zwar unabhängig davon, in welcher Weise diese Wohnung den Ehegatten bürgerlich-rechtlich zuzuordnen war.

Der Schutzbereich von Art. 6 des Grundgesetzes (GG) ist aber nicht betroffen, wenn der überlebende Ehegatte nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 EStG neben der bisher durch beide Eheleute genutzten Wohnung ein weiteres Objekt herstellt oder anschafft. Ein Zusammenhang mit der durch Tod aufgelösten Ehe besteht dann nicht mehr.

c) Entgegen der Beschwerdebegründung ergibt sich keine abweichende Wertung daraus, dass bei einer durch Tod beendeten Ehe anders als im Fall der Trennung die Eheleute keine Möglichkeit mehr haben, im letzten Veranlagungszeitraum der Zusammenveranlagung durch eine Übertragung des Miteigentums auf den anderen Ehegatten den Objektverbrauch des Übertragenden auszuschließen. Selbst wenn man eine solche Gestaltung (so das Bundesministerium der Finanzen im Schreiben vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190 ff., Rz. 44) mit der Folge für möglich hält, dass dadurch der Objektverbrauch des Übertragenden auch dann vermieden wird, wenn er als Miteigentümer bereits erhöhte Absetzungen in Anspruch genommen hat, folgt daraus nicht, dass der Gesetzgeber z.B. nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG gehalten wäre, den überlebenden Ehegatten so zu stellen, als hätte er seinen Miteigentumsanteil vor dem Tod des anderen Ehegatten auf diesen übertragen. Es bestehen nämlich offenkundig erhebliche Unterschiede in den Fallkonstellationen, die es ausgeschlossen erscheinen lassen, die Wertungen bei einer Übereignung unter Lebenden auf den Fall der Beendigung der Ehe durch Tod zu übertragen. Überträgt der Miteigentümer-Ehegatte im Zuge der Trennung dem anderen seinen Anteil, so ist der Übertragende nicht mehr Eigentümer der Wohnung, wenn die Voraussetzungen des § 26 EStG wegfallen. Er nutzt nach der Trennung keine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. Das ist anders, wenn --wie im Streitfall-- der überlebende Ehegatte den Anteil des verstorbenen Ehegatten hinzuerwirbt. Er nutzt diese Wohnung nach wie vor zu eigenen Wohnzwecken. Erwirbt er ein weiteres Objekt hinzu, das er auch selbst nutzen will, so ist dieses zweite Objekt nicht begünstigt. Seine Lebenssituation ist mit derjenigen solcher Steuerpflichtiger vergleichbar, bei denen die Voraussetzungen des § 26 EStG nicht vorliegen. Er steht rechtlich so wie er stünde, wenn er nicht verheiratet gewesen wäre. Das ist folgerichtig: Denn mit dem Ende der die Begünstigung rechtfertigenden Ehe kann auch die Begünstigung selbst entfallen (so Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Februar 1993 2 BvR 164/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 408).

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