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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.06.1998
Aktenzeichen: IX B 29/98
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 71 Abs. 2
FGO § 86 Abs. 1 bis 3 Satz 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 128 Abs. 1 und Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Im Rahmen der am 30. Juni 1997 beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage (Az. X) fragte der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) beim FG an, ob der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) bereits die den Streitfall betreffenden Akten vorgelegt habe und beantragte ggf. Einsicht in diese Akten. Am 27. November 1997 beantragte der Kläger "für den Fall, daß das Finanzamt diese Akten trotz seiner Verpflichtung gemäß § 71 Abs. 2 der FGO bisher nicht vorgelegt" haben sollte, "den Beklagten zu verurteilen, dem FG die gesamten Akten zu seiner Steuernummer A und B vorzulegen".

Das FG teilte darauf dem Kläger mit Schreiben vom 1. Dezember 1997 mit, daß die Steuerakten vor einer Entscheidung so rechtzeitig angefordert würden, daß dem Kläger ausreichend Zeit zur Einsicht zur Verfügung stehe. Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 5. Dezember 1997, er habe am 27. November 1997 einen Antrag nach § 86 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellt, über den das FG nunmehr zu entscheiden habe.

Das FG wies den Antrag des Klägers mit Beschluß vom 9. Dezember 1997 ab. Einer Entscheidung nach § 86 Abs. 3 FGO bedürfe es nicht; denn das FA habe sich nicht geweigert, die Steuerakten vorzulegen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der das FG nicht abgeholfen hat. Das FA habe die den Streitfall betreffenden Akten nicht nach Empfang der Klageschrift (§ 71 Abs. 2 FGO) dem FG übersandt. Darin liege eine konkludente Weigerung, die Akten vorzulegen.

Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 1 FGO statthaft.

Entgegen der Ansicht des FG handelt es sich bei dem Beschluß vom 9. Dezember 1997 nicht um eine der in § 128 Abs. 2 FGO genannten Maßnahmen, insbesondere nicht um eine prozeßleitende Verfügung. Darunter fallen die Entscheidungen, die eine Förderung des Verfahrens zum Ziel haben (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Dezember 1982 IV B 35/82, BFHE 137, 393, BStBl II 1983, 332). Hier hat das FG aber über einen vermeintlichen Anspruch des Klägers entschieden, mit dem er sein Recht auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) geltend machte. Die Entscheidung darüber berührt die grundsätzlichen Rechte des Klägers als Beteiligter und ist daher nicht mit den in § 128 Abs. 2 FGO genannten Entscheidungen vergleichbar.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das FG hat den Antrag des Klägers gemäß § 86 Abs. 3 FGO zu Recht zurückgewiesen. Das FA hat sich nicht i.S. des § 86 Abs. 3 FGO geweigert, Akten gemäß § 86 Abs. 1 oder 2 FGO vorzulegen. Sollte das FA die den Streitfall betreffenden Akten hier noch nicht an das FG übersandt haben, kann darin noch keine Verweigerung der Vorlage gesehen werden. Zum einen ist § 71 Abs. 2 FGO unter prozeßökonomischen Gesichtspunkten dahin auszulegen, daß eine Aktenvorlage in der Regel nicht vor der Klageerwiderung erfolgen muß und sich unter Umständen dann erübrigt, wenn die Klage unzulässig ist (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 71 FGO Tz. 3), wovon das FA im Streitfall ausgeht. Mit seinen Schreiben vom 26. November und 1. Dezember 1997 hat das FG dem Kläger überdies mitgeteilt, daß es die Akten anzufordern beabsichtige, wenn dem Verfahren Fortgang gegeben werden könne.

Das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO) des Klägers wird durch die Entscheidung des FG, die Akten des FA erst anzufordern, wenn der BFH über eine andere Beschwerde in dieser Sache entschieden hat und die Gerichtsakten des FG wieder vorliegen, nicht berührt. Nur unter diesem Gesichtspunkt wäre aber ein Anspruch des Klägers auf Vorlage der Akten gemäß § 71 Abs. 2 FGO denkbar.



Ende der Entscheidung

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