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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 24.06.2003
Aktenzeichen: IX R 2/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG a.F. § 22 Nr. 3
EStG a.F. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b
Erwirbt jemand an der Deutschen Terminbörse (jetzt: EUREX) Optionsrechte und stellt er sie innerhalb der Spekulationsfrist durch ein Gegengeschäft glatt, so verwirklicht er in Höhe der Differenz zwischen der bei Abschluss des Eröffnungsgeschäfts gezahlten und der bei Abschluss des Gegengeschäfts vereinnahmten Optionsprämien den Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. (entsprechend BMF vom 10. November 1994, BStBl I 1994, 816 Tz. 8)
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) unternahm im Jahr 1994 (Streitjahr) Optionsgeschäfte an der Deutschen Terminbörse (DTB). Sie erwarb Rechte, innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Termin Wertpapiere zu einem festgelegten Basiswert zu kaufen und zu verkaufen (sog. long-Positionen und zwar long-call - "kaufen" oder long put "verkaufen"). Hierfür zahlte sie Optionsprämien von 225 530 DM. Überdies verpflichtete sie sich als Verkäuferin von Kauf- und Verkaufsoptionen im Rahmen von sog. short-Positionen. Hierfür erhielt sie Optionsprämien von 246 021,48 DM. Jeweils innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb oder Einräumung der Optionen schloss die Klägerin ein sog. Glattstellungsgeschäft (Gegengeschäft zum Eröffnungsgeschäft) ab. Dabei erhielt sie für die glattgestellten von ihr zuvor erworbenen Optionen (die long-Positionen) Optionsprämien von 321 467 DM und zahlte bei den Glattstellungsgeschäften hinsichtlich der eingeräumten Optionen (die short-Positionen) Optionsprämien von 215 410,35 DM.

Die Klägerin erzielte dementsprechend einen Differenzgewinn von 126 548,13 DM, der sich wie folgt berechnet:

(1)long-Positionen:

Vereinnahmte Optionsprämien (Gegengeschäft) 321 467,00 DM Gezahlte Optionsprämien (Eröffnungsgeschäft) 225 530,00 DM

Differenz 95 937,00 DM

(2)short-Positionen:

Erlöste Prämien (Eröffnungsgeschäft) 246 021,48 DM Gezahlte Prämien (Gegengeschäft) 215 410,35 DM

Differenz 30 611,13 DM insgesamt 126 548,13 DM

Die Klägerin vertrat in ihrer Einkommensteuererklärung die Auffassung, es handele sich bei den Glattstellungsgeschäften um nicht nach § 23 Abs. 1 EStG steuerbare Erlöse. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erfasste hingegen die Differenz von insgesamt 126 548,13 DM vermindert um Bankspesen und das anteilige Honorar für den Anlageberater als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG).

Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bewertete die Überschüsse, die aus dem Glattstellungsgeschäft der zuvor erworbenen Optionen (long-Positionen) stammen, als Einkünfte aus Spekulationsgeschäft i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Zwar würden die Optionsrechte durch Glattstellung erlöschen und nicht an einen Dritten veräußert. Nach seinem wirtschaftlichen Gehalt vollziehe sich aber mit dem Abschluss des Gegengeschäfts nebst Closingvermerk eine Veräußerung. Die "Nämlichkeit" zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut ergebe sich aus der Optionseinräumung gleicher Serie zusammen mit dem Closingvermerk. Das FG unterwarf auch die Überschüsse aus den glattgestellten, zuvor eingeräumten Optionen (short-Positionen) als Leistung der Klägerin als Stillhalterin eines Optionsgeschäfts der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG.

Mit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, die Glattstellung einer zuvor erworbenen Option an der DTB sei kein Veräußerungsgeschäft i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Es fehle an der von § 23 EStG vorausgesetzten Identität zwischen angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut. Die Glattstellung führe zum Erlöschen des erworbenen Optionsrechts und nicht zu einer Veräußerung i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG. Die Prämie werde nicht als Entgelt für diesen Vorgang, sondern für das Einräumen eines selbständigen Optionsrechts gewährt.

Auch der Erhalt einer Optionsprämie für die Einräumung eines Optionsrechts an der DTB (jetzt: EUREX) stelle entgegen der Auffassung des FG keine sonstige Leistung i.S. von § 22 Nr. 3 EStG dar. Die von der Rechtsprechung bislang vertretene Auffassung betreffe nur den Optionshandel an traditionellen Börsen, nicht aber den Optionshandel an der vollelektronisch betriebenen DTB.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1994 unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 13. März 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. April 1998 in der Weise herabzusetzen, dass der bisher berücksichtigte Spekulationsgewinn der Klägerin um 68 546 DM gemindert wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die strittigen Differenzgewinne aus den Optionsgeschäften zu Recht der privaten Vermögensverwaltung zugerechnet (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448) und als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung beurteilt (1.). Es hat ferner zutreffend die Optionsprämie, die die Klägerin als Stillhalterin erhalten hat, der Besteuerung nach § 22 Nr. 3 EStG unterworfen (2.).

1. Die Besteuerung erworbener Optionen (sog. long-Positionen)

Ein Spekulationsgeschäft (§ 22 Nr. 2 EStG) ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, insbesondere von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt. Die Regelung erfasst nur Veräußerungsgeschäfte über Wirtschaftsgüter. Das veräußerte Wirtschaftsgut muss mit dem erworbenen zumindest wirtschaftlich identisch sein. Zweck des § 23 EStG ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 25. August 1987 IX R 65/86, BFHE 151, 132, BStBl II 1988, 248, m.w.N., und vom 2. Mai 2000 IX R 74/96, BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469).

a) Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines Spekulationsgeschäfts sein können, zählen auch Optionen (BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 X R 139/93, BFH/NV 1997, 105). Denn es handelt sich um vermögenswerte Vorteile, die selbständig bewertbar und längerfristig nutzbar sind. Der Begriff des Wirtschaftsguts wird in § 23 Abs. 1 EStG in keinem anderen Sinne gebraucht, als in den Vorschriften über die übrigen Einkunftsarten (BFH-Urteil in BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469). Dies gilt auch für an der DTB (jetzt: EUREX) gehandelte Optionen. Der Erwerber einer Put/ Call-Option --wie im Streitfall die Klägerin-- erwirbt wie bei einer Option im konventionellen Handel das Recht, vom Stillhalter jederzeit während der Laufzeit der Option (amerikanische Variante) oder zu einem vorgegebenen Zeitpunkt (europäische Variante) die den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildenden Wertpapiere oder Rechte zum vereinbarten Preis zu kaufen oder an ihn zu verkaufen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2002 I R 17/02, BFHE 201, 234; zu den Besonderheiten bei der DTB vgl. Häuselmann/Wiesenbart, Der Betrieb --DB-- 1990, 641, 642; Fleischmann, DB 1996, 1747 ff.). Für dieses Recht hat der Erwerber bei Abschluss des Optionsgeschäfts die Optionsprämie zu zahlen (vgl. zum Erwerbstatbestand BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 105).

b) Die Klägerin hat die erworbenen Optionen durch Gegengeschäfte veräußert.

aa) An der DTB gehandelte Optionen können nicht an Dritte veräußert, sondern nur durch Gegengeschäfte "glattgestellt" und das bedeutet geschlossen werden. Der Optionsberechtigte verkauft der DTB eine Option der gleichen Serie, aus der er zuvor gekauft hat und kennzeichnet das Geschäft als Glattstellungs- oder Closinggeschäft (vgl. zur Funktionsweise Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 10. November 1994 IV B 3 -S 2256- 34/94, BStBl I 1994, 816 Tz. 2; eingehend Fleischmann, Die Information über Steuer und Wirtschaft --Inf-- 1996, 289 ff.; ders., Inf 2003, 225, 226). Dadurch veräußert er seine zuvor erworbene Option.

bb) Eröffnungs- und Glattstellungsgeschäft bilden keine Einheit, die sich lediglich auf den --nicht steuerbaren-- Differenzausgleich richtet (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 151, 132, BStBl II 1988, 248, m.w.N.). Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung von einer Trennung zwischen Optionsvertrag und Übertragungsgeschäft aus (BFH-Urteile vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300, und in BFHE 201, 234; Hamacher, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht --WM-- 1995, 777; vgl. auch Herzig/ Briesemeister, DB 2002, 1570, 1576). Dies gilt auch im Zusammenhang mit einer Glattstellung. Unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen zivilrechtlich ein verdecktes Differenzgeschäft vorliegt, das der Erzielung von Spekulationsgewinnen in Form von Differenzen zwischen An- und Verkaufspreis dient (zu den Voraussetzungen Bundesgerichtshof --BGH-- Urteil vom 18. Dezember 2001 XI ZR 363/00, BGHZ 149, 294, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2002, 892, m.w.N.), spricht gegen eine einheitliche Betrachtung von Eröffnungs- und Glattstellungsgeschäft, dass das Eröffnungsgeschäft --worauf das FG zu Recht hinweist-- nicht stets zu einer Glattstellung (Gegengeschäft) führt. Der Optionsteilnehmer kann vielmehr innerhalb der Optionsfrist oder zum Optionstermin von seinem Recht Gebrauch machen und Wertpapiere zum zuvor vereinbarten Basispreis erwerben (zutreffend Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 23 EStG Anm. 200; vgl. auch Hamacher, WM 1990, 1441, 1442, 1444; Häuselmann/Wiesenbart, Produkte der Deutschen Terminbörse - Die Besteuerung von Optionen und Futures, 1990, S. 32 ff.). Auch in den Fällen des sog. Dividenden-Strippings hat der BFH eine Zusammenfassung der einzelnen Geschäfte u.a. deshalb abgelehnt, weil die Beteiligten --wie hier-- prinzipiell frei in der Entscheidung seien, ein Anschlussgeschäft zu tätigen und ein realistisches Risiko in Form von Kursrisiken bestünde (vgl. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 29/97, BFHE 190, 446, BStBl II 2000, 527; zur Gesamtplanrechtsprechung im Steuerrecht eingehend Förster/Schmidtmann, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 2003, 114, 117, m.w.N.). Dem entspricht es, auch hier Eröffnungs- und Glattstellungsgeschäft nicht als einheitliches Rechtsgeschäft zu verstehen (a.A. Crezelius, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 23 Rdnr. B 108; Heuer, StuW 1992, 313, 326).

cc) Das Gegengeschäft, mit dem der Optionsberechtigte seine Position glattstellt, führt zu einer Veräußerung der Option.

(1) Eine "Veräußerung" ist entsprechend dem rechtlichen Verständnis dieses Begriffs, wie es sich z.B. aus den §§ 135 und 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erschließt, als Verfügung zu verstehen, die das Ergebnis eines obligatorischen Geschäfts sein muss. Eine Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben (so Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 23 Rz. 36; grundlegend Reichsgericht, Urteil vom 7. Juli 1917 V 66/17, RGZ 90, 395, 399). Unbeschadet der Maßgeblichkeit des obligatorischen Vertrags für die Fristberechnung (BFH-Urteil vom 2. Oktober 2001 IX R 45/99, BFHE 196, 567, BStBl II 2002, 10) ist der Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG nur dann erfüllt, wenn das schuldrechtliche Geschäft unter den Voraussetzungen des § 39 der Abgabenordnung (AO 1977) dinglich vollzogen wird und es zu einer Veräußerung und damit zu einer Verfügung über das Recht kommt.

(2) Genau so verhält es sich bei dem Glattstellungsgeschäft: Weil der Optionsberechtigte seine Option nach den Handelsbedingungen an der DTB nicht an Dritte veräußern kann, bildet die Glattstellungstransaktion den einzigen Weg, sich von der eingegangenen Position zu trennen (vgl. dazu Fleischmann, Inf 1996, 289; ders., Inf 2003, 225 f.) und dabei ihren wirtschaftlichen Wert zu verwirklichen. Das Gegengeschäft führt zu einer Aufhebung des Optionsrechts. Nach den DTB-Handelsbedingungen werden dadurch Kauf- und Verkaufspositionen einer Serie gegeneinander glattgestellt (siehe dazu Häuselmann/Wiesenbart, DB 1990, 641, 643). Unabhängig davon, ob dies durch Aufrechnung oder mittels eines Aufrechnungsvertrags geschieht (vgl. dazu Palandt/ Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 62. Aufl., 2003, § 387 Rz. 19 ff.), ist das Rechtsgeschäft darauf gerichtet, das Recht aus der Option durch Verrechnung mit der Verpflichtung aus der Option zum Erlöschen zu bringen (so zutreffend Giloy, Deutsche Steuerzeitung --DStZ-- 1991, 551, 553; Hamacher, WM 1990, 1441, 1444; Rüskamp, DB 1991, 1243, 1244).

(3) Liegt bereits in der Aufhebung des Optionsrechts eine Verfügung über dieses (also das nämliche) Recht, so kommt es nicht darauf an, dass es sich nicht als Rückveräußerung der erworbenen Option darstellt. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG fordert nicht, dass die erworbene Position zurückübertragen werden und damit als solche weiter fortbestehen muss (so aber Hamacher, WM 1990, 1441, 1444; ders., WM 1995, 777, 782; Fleischmann, Inf 1996, 289, 292; ders. in DB 1996, 1747, 1751; ders. in Inf 2003, 225 ff.). So hat der BFH ein steuerbares Spekulationsgeschäft auch dann angenommen, wenn ein Fremdwährungsguthaben gegen ein höheres Guthaben in DM getauscht wird (BFH-Urteil in BFHE 192, 88, BStBl II 2000, 469) und dadurch erlischt. Dem entspricht es, auch das in der Glattstellungstransaktion liegende, auf das Erlöschen der Option gerichtete Rechtsgeschäft als Veräußerung anzusehen.

(4) Diese Veräußerung führt nicht lediglich zu einem Rückgängigmachen des Eröffnungsgeschäfts, sondern zu seiner wirtschaftlichen Erfüllung. Maßgebend für den Steuertatbestand ist nämlich, dass mit der Glattstellung die Werterhöhungen des Wirtschaftsgutes realisiert werden. Der Optionsberechtigte erhält für das Gegengeschäft eine Prämie, die von der Kursentwicklung der den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildenden Wertpapiere oder Rechte abhängt und damit den Wert der Option selbst repräsentiert. Das Glattstellungsgeschäft führt so zu einem Vermögenszuwachs des Steuerpflichtigen und zu einer Steigerung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Optionsberechtigte realisiert dadurch die Wertsteigerung im Privatvermögen in Form des erzielten Kursgewinns. Hierin liegt der Zufluss des "Veräußerungspreises" i.S. von § 23 Abs. 4 EStG i.V.m. § 11 Abs. 1 EStG.

(5) Mit dieser Bewertung der Glattstellungstransaktion folgt der Senat im Ergebnis der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF in BStBl I 1994, 816; so bereits Giloy, DStZ 1991, 551) und des ihr folgenden Schrifttums (Blümich/Glenk, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 23 EStG Rz. 50 und 51; Warnke in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 23 Rz. 250; zu § 23 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG n.F. Harenberg in HHR, § 23 EStG Anm. 200).

c) Nach diesen Maßstäben hat die Vorentscheidung zu Recht einen Gewinn als Differenz der im Streitjahr vereinnahmten Optionsprämien (Veräußerungspreis) aus dem Glattstellungsgeschäft sowie aus dem Eröffnungsgeschäft (Anschaffungskosten) als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasst.

2. Die Besteuerung als Stillhalter (sog. short-Positionen)

a) Zutreffend hat das FG auch die Prämien, die die Klägerin aus der Veräußerung von Optionen als Stillhalterin vereinnahmte, als Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus Leistungen) erfasst. Darunter fällt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch das Entgelt, das der Stillhalter als Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht, unabhängig vom Zustandekommen des Wertpapiergeschäfts allein für die Stillhaltung erhält (vgl. BFH-Urteil in BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300). Dies gilt auch für den Optionshandel an der DTB (so BFH in BFHE 201, 234 zur bilanziellen Behandlung von Optionsprämien beim Stillhalter).

b) Der BFH kann --ebenso wenig wie das FG-- wegen des Verböserungsverbots darüber entscheiden, ob die aufgrund des Gegengeschäfts von der Klägerin gezahlte Prämie als Werbungskosten abziehbar ist (so das BMF in BStBl I 1994, 815 Tz. 15; vgl. aber BFH in BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300, unter II. 2. zu Optionskombinationen --sog. spreads--); denn das FA hat lediglich die Differenz der im Eröffnungsgeschäft vereinnahmten und im Gegengeschäft gezahlten Prämien steuerrechtlich erfasst.



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