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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 29.08.2007
Aktenzeichen: IX R 20/07
Rechtsgebiete: FGO, KStG, AO, InsO


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 2
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 1
AO § 34 Abs. 1
AO § 34 Abs. 3
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Auf die AI-GmbH (im Folgenden A) war ein LKW bis zu seiner verkehrsrechtlichen Abmeldung am 8. März 2002 zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Dezember 2001 wurde über das Vermögen der A das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger und Revisionskläger (Kläger) als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser erklärte dem Geschäftsführer der A am 30. Januar 2002, dass er das Fahrzeug aus der Masse freigebe.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug für den Zeitraum vom 7. Dezember 2001 bis zum 7. März 2002 auf 56 € gegenüber dem Kläger fest. Seinen Einspruch begründete der Kläger u.a. mit der zugleich erklärten Freigabe aus der Masse. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1110, veröffentlichten Urteils aus, die Kraftfahrzeugsteuerpflicht könne nicht durch die Freigabe, sondern nur durch eine Aufhebung des "Haltens" mittels Abmeldung des Fahrzeugs bei der Zulassungsstelle herbeigeführt werden.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Das Fahrzeug sei nicht für die Masse genutzt worden und habe auch nicht der Verwaltung des Klägers unterlegen. Er, der Kläger, habe vorgetragen, dass sich das geleaste Fahrzeug zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits beim Leasinggeber befunden habe. Insoweit stelle sich die Frage der Darlegungslast. Das FG habe den vorgetragenen Sachverhalt unzutreffend für unerheblich gehalten und ausschließlich auf die Haltereigenschaft abgestellt. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass er das Fahrzeug aus der Masse freigegeben habe.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil, den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 15. Januar 2002, den Änderungsbescheid vom 3. April 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2002 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend das FA als berechtigt angesehen, den Kläger für die ab Insolvenzeröffnung bis zur verkehrsrechtlichen Abmeldung des LKW entstandene Kraftfahrzeugsteuer in Anspruch zu nehmen.

Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht für den LKW auch für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) bei einem --wie hier-- inländischen Fahrzeug, solange es zum Verkehr zugelassen ist; Steuerschuldner ist die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist (§ 7 Nr. 1 KraftStG).

Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse bezahlen. Dagegen spricht entgegen der Revision nicht die fehlende tatsächliche Verfügungsbefugnis des Klägers. Deshalb durfte das FG offenlassen, ob der Vortrag des Klägers, das Fahrzeug habe sich bereits vor der Insolvenzeröffnung nicht mehr im Besitz des Schuldners befunden, zutreffend ist.

Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. August 2007 IX R 4/07 (BFHE), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ist die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der Senat folgt damit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U (BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), wonach dem Gesetz die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen ist, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebsetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners und damit im Rahmen der Insolvenzmasse. Daran ändert sich auch --wie das FG zutreffend entschieden hat-- durch eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Freigabe aus der Masse nichts (vgl. das BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 4/07, unter III. 2. b dd (3) a.E.).

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