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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.11.2004
Aktenzeichen: IX R 3/02
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 22 Nr. 3
EStG § 23
EStG § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
FGO § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) --zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute-- unternahmen in den Streitjahren (1989 bis 1992 und 1994) u.a. Optionsgeschäfte. Sie erwarben und veräußerten Index- und Währungsoptionen. Die daraus innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (EStG) erzielten Gewinne unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Außenprüfung der Einkommensteuer.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, das zu einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) führende und vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02 (BGBl I 2004, 591) erkannte strukturelle Vollzugsdefizit bei der Durchsetzung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG führe nicht nur zur Nichtigkeit in den Jahren 1997 und 1998, sondern wirke sich auch in den Streitjahren aus. Das BVerfG habe entgegen dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. Juni 2004 IX R 26/03 (BFH/NV 2004, 1467) keine Übergangsfrist erwogen. Überdies seien die Optionsgeschäfte, um die es hier gehe, nicht steuerbar. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasse nur die Lieferung von Wirtschaftsgütern. Davon könne aber bei Optionen auf Indices oder Währungen nicht die Rede sein.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 1989 bis 1992 und 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Januar 2000 dahin gehend zu ändern, dass die Spekulationsgewinne i.S. der §§ 22 Nr. 3, 23 EStG der Jahre 1989 bis 1992 und 1994 nicht angesetzt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das Finanzgericht (FG) hat die Gewinne aus der Veräußerung der Optionen zutreffend nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG der Besteuerung unterworfen.

1. Ein Spekulationsgeschäft (§ 22 Nr. 2 EStG) ist gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, insbesondere von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als sechs Monate beträgt.

Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger mit ihren Optionsgeschäften. Denn sie haben nach den Feststellungen des FG innerhalb der Spekulationsfrist Optionen angeschafft und diese wieder veräußert. Deshalb ist der Gewinn steuerbar. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob die Basiswerte lieferbare Wirtschaftsgüter bilden. Wie der Senat in seinem den Beteiligten übermittelten Urteil in BFH/NV 2004, 1467 dargelegt hat, wird der Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG unabhängig davon verwirklicht, welcher Basiswert Gegenstand des Optionsgeschäfts ist. Denn die Option selbst --nicht der Basiswert-- ist das Wirtschaftsgut, um dessen Anschaffung und Veräußerung es geht.

Entgegen der Auffassung der Revision steht dem das Urteil des BFH vom 19. Februar 1997 XI R 1/96 (BFHE 182, 567, BStBl II 1997, 399) nicht entgegen. Denn in dieser Entscheidung hatte der BFH die Voraussetzungen eines Spekulationsgeschäfts nicht geprüft; es ging vielmehr um die Zuordnung von branchenuntypischen Termin- und Optionsgeschäften zu dem betrieblichen Bereich.

2. Der BFH ist auch verfassungsrechtlich nicht gehindert, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in den Streitjahren anzuwenden. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf seine Urteile in BFH/NV 2004, 1467, und vom 1. Juni 2004 IX R 35/01 (BFH/NV 2004, 1180). Zwar hat das BVerfG in seinem Urteil in BGBl I 2004, 591 --wie die Kläger zutreffend hervorheben-- eine Übergangsfrist nicht erwähnt. Dies war aber schon deshalb nicht erforderlich, weil es in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall lediglich um Spekulationsgeschäfte des Jahres 1997 ging. Der BFH hat mit seiner Auffassung, die für die Jahre 1997 und 1998 für nichtig erklärte Norm sei in den Streitjahren unbeschadet eines auch in diesem Zeitraum bestehenden strukturellen Vollzugsdefizits gleichwohl anzuwenden, auf Erwägungen zurückgegriffen, die das BVerfG in seinem Urteil zur Zinsbesteuerung vom 21. Juni 1991 2 BvR 1493/89 (BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654) angestellt hat. An diesem Urteil zur Zinsbesteuerung hat sich im Übrigen auch das Urteil des BVerfG in BGBl I 2004, 591 maßgebend orientiert.

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