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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.06.2005
Aktenzeichen: IX R 30/04
Rechtsgebiete: EStG, WEG, HGB


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 4
EStG § 7 Abs. 5
EStG § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b
EStG § 7 Abs. 5a
WEG § 8
HGB § 255 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren (1998 und 1999) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.

Die Kläger waren seit 1991 Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, dessen sechs Wohnungen sie in den Streitjahren vermieteten. Im Jahr 1997 bauten sie den Dachboden zu einer Wohnung aus, die sie noch im Jahr 1997 fertig stellten und ab dem 1. März 1998 vermieteten.

Überdies bemühten sich die Kläger darum, die Wohnungen rechtlich zu verselbständigen. Nachdem bereits im November 1997 die Abgeschlossenheit der Wohnungen bestätigt wurde, gaben die Kläger im Juni 1998 die Teilungserklärung ab. Das Teileigentum wurde ebenfalls im Juni 1998 in das Grundbuch eingetragen.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre begehrten die Kläger bezogen auf die Dachgeschosswohnung Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 5 i.V.m. Abs. 5a des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (EStG). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erkannte aber nur eine insgesamt auf das Haus entfallende AfA nach § 7 Abs. 4 EStG an, wobei er die Bemessungsgrundlage um die auf den Dachausbau entfallenden Herstellungskosten (167 353 DM) erhöhte.

Die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage hatte Erfolg. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 102 veröffentlichten Urteil bejahte das Finanzgericht (FG) die Voraussetzungen der degressiven AfA. Im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Fertigstellung sei die kurzfristige rechtliche Verselbständigung der Dachgeschosswohnung nicht zweifelhaft gewesen. Insofern seien die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Januar 1999 IX R 53/96 (BFHE 188, 299, BStBl II 1999, 589) auch auf Herstellungsvorgänge anwendbar.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf die Verletzung von § 7 Abs. 5, Abs. 5a EStG stützt.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 5 i.V.m. § 7 Abs. 5a EStG bejaht.

1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b i.V.m. § 7 Abs. 5a EStG für ihre Dachgeschosswohnung.

a) Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b EStG können bei einem vom Steuerpflichtigen hergestellten Gebäude, das Wohnzwecken dient, unter weiteren hier nicht strittigen Voraussetzungen als AfA im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden sieben Jahren Beträge von 5 v.H. der Herstellungskosten abgezogen werden. Diese Vorschrift ist u.a. auf Gebäudeteile, die selbständige Wirtschaftsgüter sind, sowie auf Eigentumswohnungen entsprechend anzuwenden (§ 7 Abs. 5a EStG).

Eine Wohnung ist unter diesen Voraussetzungen nur dann ein steuerrechtlich selbständiges Objekt, wenn sie gegenüber dem Restgebäude in einem gesonderten Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht (eigen- oder fremdbetrieblichen Zwecken sowie eigenen oder fremden Wohnzwecken dienende Gebäudeteile; vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132 unter C. II. 3. d) oder es sich um eine Eigentumswohnung handelt. Sie ist hergestellt, wenn sie fertig gestellt und damit bezugsfertig ist (BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 IX R 34/99, BFH/NV 2002, 1139, m.w.N.). Eine Eigentumswohnung wird nicht allein schon durch die rechtliche Umwandlung eines bestehenden Gebäudes in Eigentumswohnungen gemäß § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes --WEG-- (neu) hergestellt (BFH-Urteil vom 24. November 1992 IX R 62/88, BFHE 169, 380, BStBl II 1993, 188).

b) Im Streitfall haben die Kläger keine Eigentumswohnung hergestellt. Zwar haben sie im Juni 1998 Wohnungseigentum durch Teilung begründet (vgl. §§ 2, 8 WEG). Zur Eigentumswohnung wurde die Dachgeschosswohnung aber erst, nachdem sie im Jahr 1997 fertig gestellt und ab März 1998 bereits vermietet war. Damit war die Wohnung vor der Begründung des Wohnungseigentums zum unselbständigen Bestandteil des einheitlich zu fremden Wohnzwecken genutzten Wirtschaftsgutes "Gebäude" geworden (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1998 IX R 16/96, BFHE 186, 371, BStBl II 1998, 625). Die Kläger haben daher ihre Dachgeschosswohnung nicht als Eigentumswohnung, sondern als Gebäudebestandteil i.S. des § 7 Abs. 5 EStG hergestellt, indem sie ihr Mehrfamilienhaus i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative des Handelsgesetzbuches erweitert haben. Die Aufwendungen für die Herstellungsmaßnahme erhöhen als nachträgliche Herstellungskosten des Gesamtgebäudes die AfA-Bemessungsgrundlage für dieses Wirtschaftsgut.

c) Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des FG nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 188, 299, BStBl II 1999, 589. Diese Entscheidung betrifft nicht den Fall der Herstellung, sondern den Fall der Anschaffung einer Eigentumswohnung. Das Gesetz fördert die Anschaffung einer Eigentumswohnung in § 7 Abs. 5, Abs. 5a EStG nur unter der --gegenüber der Herstellung zusätzlichen-- Voraussetzung, dass die Wohnung im Jahr ihrer Fertigstellung angeschafft worden ist. Dieses Tatbestandsmerkmal sichert auch im Falle der Anschaffung, dass es sich bei dem Objekt entsprechend dem Gesetzeszweck, die Erneuerung des Gebäudebestands zu fördern (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1992 IX R 175/87, BFHE 168, 109, BStBl II 1992, 808), um ein neues Wirtschaftsgut handelt. Dafür kommt es auf die zivilrechtliche Lage zur Zeit der Fertigstellung nicht an: Entscheidend ist nur, dass die Wohnung im Jahr ihrer Fertigstellung erworben wird. Das ändert aber nichts daran, dass sich die Investition selbst (also die Anschaffung oder die Herstellung) auf ein eigenständiges Wirtschaftsgut i.S. des § 7 Abs. 5a EStG beziehen muss. So verhielt es sich auch in dem Fall, der dem BFH-Urteil in BFHE 188, 299, BStBl II 1999, 589 zugrunde lag: Dort hatte der Steuerpflichtige die Wohnung erworben, nachdem durch Teilung Wohnungseigentum begründet worden war.

2. Nach diesen Maßstäben ist das Urteil aufzuheben. Denn die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen.

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