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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: IX R 46/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem im 16. Jahrhundert errichteten und unter Denkmalschutz stehenden Wohn- und Geschäftshaus bebaut ist. Im Erdgeschoss des Gebäudes befindet sich ein vermietetes Ladenlokal (23 qm), im ersten und zweiten Obergeschoss eine Wohnung (52 qm). Der Keller des Gebäudes (25 qm) wird ausschließlich vom Mieter des Ladenlokals für betriebliche Zwecke genutzt.

Bei Erwerb des Grundstücks im Jahre 1990 hatte sich der Kläger u.a. verpflichtet, als Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums einen Kaufpreis in Höhe von 316 200 DM und ab 1. Januar 2003 bis zum Lebensende des Verkäufers monatlich einen Betrag von 1 600 DM zu zahlen sowie an der Wohnung im ersten und zweiten Obergeschoss ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnrecht einzuräumen. Die vereinbarte Gegenleistung wurde im Vertrag nicht auf die Wohnung einerseits und das Ladenlokal andererseits aufgeteilt.

Der Einheitswert des Grundstücks war mit Bescheid vom 20. Juli 1970 auf den 1. Januar 1964 auf 21 800,00 DM festgestellt worden und ist seitdem unverändert geblieben. Er war seinerzeit wie folgt ermittelt worden:

 Jahresrohmiete Wohnzwecke967,00 DM (= 25,62 %)
Fremdgew./Öffentl. Zwecke 
Einschl. 4 % Zuschlag für Schönheitsreparaturen2.808,00 DM (= 74,38 %)
insgesamt3.775,00 DM (= 100 %)
  
Vervielfältiger 5,8 lt. Anlage 5 zum Bewertungsgesetz Gemeinde Größenklasse 4, Bauausführung C 
Grundstückswert21.895,00 DM
Einheitswert21.800,00 DM

In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erklärte der Kläger in Anlehnung an die bei der Einheitsbewertung zugrunde gelegten Wertverhältnisse von Ladenlokal und Wohnung --wie in den Vorjahren-- jeweils 73,63 v.H. seiner Grundstücksaufwendungen als Werbungskosten bei seinen aus diesem Objekt erzielten Vermietungseinkünften.

Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) aufgrund einer die Vorjahre 1992 bis 1997 betreffenden Außenprüfung anders als in den Vorjahren nicht. Vielmehr berücksichtigte das FA entsprechend dem Verhältnis der Wohnungsfläche (52 qm = 69,33 v.H.) zur Ladenfläche (23 qm = 30,67 v.H.) lediglich 30,67 v.H. der erklärten Gesamtaufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte nur insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2005, 279 veröffentlichten Urteil die für das Grundstück geleisteten Grundsteuerzahlungen entsprechend dem auf das Ladenlokal entfallenden Einheitswert-Anteil zu 74,38 v.H. als Werbungskosten ansetzte und den für die Anerkennung der Werbungskosten maßgeblichen Flächenanteil des Ladenlokals unter Einbeziehung der vom Ladenmieter genutzten Kellerräume nicht mit lediglich 30,67 v.H., sondern mit 48 v.H. feststellte. Im Übrigen lehnte das FG das Begehren des Klägers ab, den Anteil der als Werbungskosten abziehbaren Gesamtaufwendungen entsprechend dem Anteil des Ladens an dem festgestellten Einheitswert zu berücksichtigen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Er beantragt sinngemäß, die angefochtenen Einkommensteuerbescheide unter Aufhebung des FG-Urteils unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr 1998 in Höhe von 6 080,14 DM, im Streitjahr 1999 in Höhe von 5 116,77 DM sowie im Streitjahr 2000 in Höhe von 4 392,55 DM zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet.

Zu Unrecht hat das FG die in ihrer Höhe unstreitigen Gesamtaufwendungen für das Grundstück nur entsprechend dem Anteil der vermieteten (Laden- und Keller-)Fläche an der Gesamtnutzfläche des Hauses als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn sie durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Aufwand tatsächlich zum Erzielen von Einkünften --im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung-- getragen worden ist. Dieser wirtschaftliche Zusammenhang kann nicht durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden. Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der Selbstnutzung (wie hier in Form der unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an Dritte), kann gebäudebezogener Aufwand nur in dem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden, soweit er auf den vermieteten Teil des Gebäudes entfällt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. April 2002 IX R 65/98, BFH/NV 2002, 1154, m.w.N.). Dabei sind Aufwendungen, die ausschließlich dem der Vermietung dienenden Teil des Gebäudes zuzurechnen sind, uneingeschränkt als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1154, m.w.N.).

Fehlt es --wie bei den hier streitigen Aufwendungen-- an der Möglichkeit einer solchen eindeutigen Zuordnung entweder zum vermieteten oder dem nicht zur Vermietung bestimmten Teil des Gebäudes, werden die Aufwendungen regelmäßig nach dem Verhältnis der selbstgenutzten Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen, als Werbungskosten berücksichtigt (BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 IX R 29/96, BFHE 187, 284, BStBl II 1999, 680; vom 25. März 2003 IX R 22/01, BFHE 202, 171, BStBl II 2004, 348). Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Gesamtaufwendungen zwei im unterschiedlichen Nutzungszusammenhang stehenden Wirtschaftsgütern zuzuordnen sind und diese Zuordnung nach dem jeweiligen Verhältnis der Verkehrswerte der betroffenen Wirtschaftsgüter zu erfolgen hat (vgl. BFH-Urteile vom 31. Mai 2000 IX R 50,51/97, BFH/NV 2000, 1396; vom 31. Juli 2001 IX R 15/98, BFH/NV 2002, 324; vom 20. August 2002 IX R 68/00, BFH/NV 2003, 595).

Dabei kann der Verkehrswert bei Mietwohngrundstücken allerdings auch sowohl durch das Sachwert- wie auch das Ertragswertverfahren ermittelt werden (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2003 IX R 13/00, BFH/NV 2003, 769 unter Bezugnahme auf BFH-Beschluss vom 24. Februar 1999 IV B 73/98, BFH/NV 1999, 1201). Eine solche Verkehrswertberechnung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Aufteilung nach dem Verhältnis der zur Vermietung genutzten Flächen zu den eigengenutzten Flächen wegen der unterschiedlichen Nutzbarkeit der jeweiligen Bereiche zu einem ersichtlich sachwidrigen Ergebnis führt.

2. Nach diesen Maßstäben hat das FG die Verkehrswerte der eigengenutzten sowie der fremdvermieteten Teile des Gebäudes wegen ihrer unstreitig unterschiedlichen Nutzbarkeit (gute Vermietbarkeit des Ladenlokals einerseits und Belastung des eigengenutzten Teils mit einem unentgeltlichen Wohnungsrecht auf Lebenszeit des Berechtigten sowie anschließend deutlich geringeren Vermietungschancen) ersichtlich zu Unrecht allein nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen bestimmt.

Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass lediglich eine am Ertragswertverfahren orientierte und damit die unterschiedliche Nutzbarkeit der beiden Teile des Gebäudes berücksichtigende Verkehrswertermittlung eine angemessene Zurechnung der Gesamtaufwendungen auf die fremdvermieteten und die eigengenutzten Teile des Gebäudes ermöglicht.

3. Die Sache ist spruchreif, da die verkehrswertbildenden Faktoren für eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren nach den bindenden Feststellungen des FG ebenso wie der in den Streitjahren entstandene Gesamtaufwand für das Gebäude unstreitig sind.

Die Einkommensteuer wird unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide des Beklagten für die Streitjahre 1998 bis 2000 vom 21. November 2003 auf den Betrag festgesetzt, der sich bei einer Berücksichtung von 73,63 v.H. der jeweils für die Streitjahre geltend gemachten Grundstücksaufwendungen ergibt.

Ende der Entscheidung

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