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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.07.2007
Aktenzeichen: IX R 49/05
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 96 Abs. 1
FGO § 96 Abs. 2
FGO § 155
EStG § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6b
EStG § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG § 12 Nr. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) begehrt den Abzug von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eines Einfamilienhauses für die Streitjahre 1999 und 2000. Das an ihre Eltern vermietete Einfamilienhaus grenzt unmittelbar an ein von der Klägerin bewohntes Haus, in dem sie ein Arbeitszimmer eingerichtet hat.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin die Aufwendungen für das Arbeitszimmer bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von jährlich 2 400 DM als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen als Werbungskosten ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2006, 491, veröffentlichten Urteil als unbegründet zurück.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1999 und 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung durch Berücksichtigung von Arbeitszimmeraufwendungen in Höhe von jeweils 2 400 DM (1 227,10 €) zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet.

Zu Recht --und ohne Verstoß gegen Verfahrensrecht-- hat das FG die streitigen Aufwendungen der Klägerin für ihr Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

1. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensrügen sind unbegründet.

a) Das FG hatte die Aussage der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, der Anteil der privaten Nutzung des Arbeitszimmers betrage 20 bis 30 v.H. der Gesamtnutzung, nach § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) --zwingend-- zu berücksichtigen; die Annahme einer Überraschungsentscheidung i.S. des § 96 Abs. 2 FGO kann für die eigene Aussage des Beteiligten --wie hier-- dabei ersichtlich nicht in Betracht kommen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 13. Juni 2005 I B 138/04, BFH/NV 2005, 2212). Auf der Grundlage dieser Aussage, deren Würdigung --als Bestandteil der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Januar 1994 IX B 78/92, BFH/NV 1994, 806)-- bindend für die behauptete Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung ist (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332), konnte das FG auch keinen Bedarf für weitere Ermittlungen sehen, da Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der Aussage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht gegeben waren und im Übrigen auch für eine weitere Sachverhaltsermittlung allein die Klägerin als Nutzerin des Arbeitszimmers hätte befragt werden können.

b) Soweit die Klägerin auf eine fehlende Konzentration nach dreistündiger mündlicher Verhandlung und dadurch bedingter Fehlerhaftigkeit ihrer Aussage hinweist und damit sinngemäß eine Verletzung des Rechts auf Vertagung der Verhandlung geltend macht (§ 155 FGO i.V.m § 227 der Zivilprozessordnung; vgl. dazu BFH-Beschluss vom 10. April 2006 X B 162/05, BFH/NV 2006, 1332), kann sie damit nicht mehr gehört werden. Denn sie hat die Notwendigkeit einer Verhandlungsunterbrechung oder Vertagung weder in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht noch ihre Unterlassung gerügt und damit konkludent auf eine entsprechende Verfahrensweise verzichtet (vgl. zur Annahme eines Rügeverzichts bei Nichtausübung prozessualer Rechte BFH-Beschluss vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608, m.w.N.). Dies gilt umso mehr, als sie in dieser Verhandlung ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem FG durch zwei fachkundige Prozessbevollmächtigte vertreten war.

2. Die angefochtene Entscheidung verstößt auch nicht in materiell-rechtlicher Hinsicht gegen Bundesrecht. Vielmehr hat das FG zu Recht unter Bezugnahme auf § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Abziehbarkeit der streitigen Arbeitszimmerkosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung verneint.

a) Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Werbungskosten grundsätzlich alle durch diese Einkunftsart veranlassten Aufwendungen. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Dazu können auch die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer gehören, wenn das Arbeitszimmer weit überwiegend der Verwaltung des Mietobjektes dient (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 2002 IX R 18/02, BFHE 200, 556, BStBl II 2003, 914).

b) Der Senat kann offenlassen, ob die Berücksichtigung der umstrittenen Aufwendungen im Streitfall nicht bereits an der Voraussetzung einer weit überwiegenden Nutzung des Arbeitszimmers zu Vermietungszwecken scheitert, weil der administrative Aufwand für die Vermietung nur eines Einfamilienhauses an Angehörige als eher gering zu veranschlagen ist. Ebenso ist es nicht entscheidungserheblich, ob das Abzugsverbot für Aufwendungen zur privaten Lebensführung in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch im Zusammenhang mit der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers gilt (so BFH-Urteil vom 21. April 1994 IV R 98/93, BFH/NV 1994, 853; Schmidt/Heinicke, EStG, 25. Aufl., § 4 Rz 590) oder entsprechend dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bei klarer und eindeutiger Abgrenzbarkeit der privaten von der auf eine Einkunftsart bezogenen Nutzung zu einem begrenzten Werbungskostenabzug führen kann.

Eine solche Aufteilung scheitert im Streitfall nämlich schon daran, dass eine solche klare und eindeutige Abgrenzbarkeit der Aufwendungen nicht gegeben ist; denn der auf die Vermietungseinkünfte der Klägerin bezogene Umfang der Arbeitszimmernutzung wie auch der korrespondierende Anteil der privaten --die Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG berührenden-- Nutzung (vgl. BFH-Urteile vom 21. November 1986 VI R 137/83, BFHE 148, 469, BStBl II 1987, 262; vom 28. August 1991 VI R 59/87, BFH/NV 1992, 34) sind gerade nicht klar und eindeutig nach objektiven Maßstäben abgrenzbar. Der allein auf die Einschätzung der Klägerin gestützte Umfang der privaten Nutzung des Arbeitszimmers (20 bis 30 v.H.) bildet keine geeignete Grundlage für einen objektiven und nachprüfbaren Aufteilungsmaßstab. Diese fehlende Abgrenzbarkeit führt zu einem generellen Abzugsverbot der Aufwendungen; den dagegen im Schrifttum erhobenen und von der Klägerin in Bezug genommenen Bedenken (vgl. die Nachweise bei Blümich/Lindberg, § 12 EStG Rz 47; Schmidt/Drenseck, 23. Aufl., § 12 Rz 14; Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, § 12 EStG Rz 66) ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu folgen (BVerfG, Urteil vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162, m.w.N.). Auch dem Vorlagebeschluss des VI. Senats des BFH vom 20. Juli 2006 VI R 94/01 (BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121; Az. des Großen Senats des BFH GrS 1/06) ist eine gegenteilige Auffassung nicht zu entnehmen. Vielmehr geht der vorlegende Senat ausdrücklich von dem Gebot der sicheren und leichten Abgrenzung nach objektiven Maßstäben (BFH-Urteil vom 18. Juli 1997 VI R 10/97, BFH/NV 1998, 157, m.w.N) aus und schließt folgerichtig Ausnahmen vom Aufteilungs- und Abzugsverbot aus, wenn "eine Aufteilung nur im Wege der griffweisen Schätzung im allgemeinen nach den Angaben des Steuerpflichtigen möglich wäre und keine objektiven, leicht nachprüfbaren Maßstäbe vorhanden sind" (BFH-Beschluss vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, 317, BStBl II 1971, 17, unter II. 6.).

c) Zu Unrecht beruft sich die Klägerin schließlich auf das BFH-Urteil vom 14. Dezember 2004 XI R 13/04, BFHE 208, 239, BStBl II 2005, 344. Dieses betrifft im Wesentlichen nur die --dem Umfang nach in jenem Verfahren objektiv feststehende-- Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zur Erzielung von Einkünften aus unterschiedlichen Einkunftsarten und die Folgen für den Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzugsbetrag nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6b EStG für den Fall, dass im Zusammenhang mit nur einer Einkunftsart ein Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber bereit gestellt wird.

Ende der Entscheidung

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