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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 18.09.2007
Aktenzeichen: IX R 59/06
Rechtsgebiete: InsO, FGO, KraftStG, AO


Vorschriften:

InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 103
FGO § 126 Abs. 2
KraftStG § 5 Abs. 1 Nr. 1
AO § 34 Abs. 1
AO § 34 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Vier von der Fa. C-GmbH (im Folgenden: C) gemietete Fahrzeuge (LKW-Anhänger) waren auf den Spediteur X (im Folgenden: Schuldner) zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 1. Dezember 2003 wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bestellt. Am 29. März 2004 wurden die LKW-Anhänger auf einen anderen Mieter umgemeldet.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum 29. März 2004 fest.

Dagegen wandte sich der Kläger. Die LKW-Anhänger, um die es hier gehe, hätten nicht zur Insolvenzmasse gehört. Der Schuldner sei im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung weder Eigentümer noch Besitzer der Fahrzeuge gewesen. Er, der Kläger, habe C bereits nach der Insolvenzeröffnung den Nichteintritt in die Mietverträge gemäß § 103 der Insolvenzordnung (InsO) erklärt.

Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 1787, veröffentlichten Urteil zur Begründung aus, die vom Kläger der C gegebene Erklärung, nicht in die bestehenden Verträge einzutreten, rechtfertige es nicht, die Steuer für die Zeit nach Insolvenzeröffnung vom Schuldner aus dessen insolvenzfreiem Vermögen tragen zu lassen. Der Kläger hätte unter diesen Umständen auf eine Beendigung der verkehrsrechtlichen Zulassung der Fahrzeuge für den Schuldner hinwirken können und müssen, wenn er das Entstehen einer weiteren Steuerschuld zu Lasten der Insolvenzmasse hätte vermeiden wollen.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Eine Masseverbindlichkeit könne im Streitfall nicht begründet werden. Denn der Kläger sei als Insolvenzverwalter nicht verfügungsbefugt gewesen. Das Fahrzeug habe nicht zur Ist-Masse gehört; es sei bereits vor Insolvenzeröffnung an C zurückgegeben worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Kraftfahrzeugsteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2005 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend das FA als berechtigt angesehen, den Kläger für die ab Insolvenzeröffnung bis zur verkehrsrechtlichen Abmeldung der Fahrzeuge entstandene Kraftfahrzeugsteuer durch Erlass der angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide in Anspruch zu nehmen.

Die Kraftfahrzeugsteuer entsteht für die Fahrzeuge auch für die Zeit ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Steuerpflicht dauert nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) bei --wie hier-- inländischen Fahrzeugen, solange sie zum Verkehr zugelassen sind; Steuerschuldner ist die Person, für die die Fahrzeuge zum Verkehr zugelassen sind (§ 7 Nr. 1 KraftStG).

Der Kläger muss als Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung die Steuer aus der Insolvenzmasse bezahlen. Dagegen spricht entgegen der Revision nicht die fehlende tatsächliche Verfügungsbefugnis des Klägers. Deshalb hat das FG die Erklärung des Klägers, er trete in die bestehenden Mietkaufverträge mit C nicht ein, zutreffend nicht ausreichen lassen, wenn er nicht zugleich die verkehrsrechtliche Zulassung der Fahrzeuge für den Schuldner beendet.

Nach der zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. August 2007 IX R 4/07, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ist die nach der Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer auch dann Masseverbindlichkeit i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn sich das Kraftfahrzeug nicht mehr im Besitz des Schuldners befindet, die Steuerpflicht aber noch andauert. Der Senat folgt damit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 1953 II 190/52 U (BFHE 58, 358, BStBl III 1954, 49), wonach dem Gesetz die rechtlich unwiderlegliche Vermutung zu entnehmen ist, dass das Fahrzeug von demjenigen, für den es zugelassen ist, bis zur Außerbetriebsetzung gehalten wird. Das unwiderlegbar rechtsvermutete Halten führt zu einer gesetzlich unterstellten Verwendungsmöglichkeit und Verfügungsgewalt "im Geschäft" des Schuldners (hier des Spediteurs) und damit im Rahmen der Insolvenzmasse.

Ende der Entscheidung

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