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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: IX R 6/06
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 7 Abs. 4
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7
EStG § 16 Abs. 3
EStG § 16 Abs. 4
EStG § 52 Abs. 15 Satz 6
EStG § 52 Abs. 15 Satz 7 a.F.
EStG § 52 Abs. 20b
EStG § 52 Abs. 20b Satz 3 a.F.
AO § 164 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), seit 2006 eine GmbH & Co. KG und bis dahin eine vermögensverwaltende GbR, ist aus einer Kommanditgesellschaft (KG) hervorgegangen, die Ende 1981 ihre gewerbliche Tätigkeit einstellte. Im Dezember 1984 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, als Gegenstand des Unternehmens die Verwaltung von Grundbesitz in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen; die gewerbliche Tätigkeit wurde abgemeldet.

In der Bilanz der KG zum 31. Dezember 1984 waren Gebäude aktiviert, deren Teilwerte mit 6 391 556 DM ermittelt wurden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah in Anwendung der Übergangsregelung des § 52 Abs. 20b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr 1986 geltenden Fassung von der Nachversteuerung vorhandener negativer Kapitalkonten und der Versteuerung eines Aufgabegewinnes ab, da es Ende 1981 nicht zu einer Betriebsaufgabe gekommen sei. Im Zusammenhang mit der Bescheidung eines Antrags der Klägerin nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) legte es für die Ermittlung der Gebäudeabschreibungen nicht mehr die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten, sondern die bei der Aufgabe der KG ermittelten Teilwerte als Bemessungsgrundlage zugrunde. Davon abweichend ging es im Anschluss an eine Außenprüfung davon aus, bei der Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen seien stille Reserven steuerlich nicht erfasst worden, so dass die ursprüngliche Absetzung für Abnutzung (AfA) von 67 896 DM fortgeführt werden müsse.

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Die AfA sei nach dem Teilwert der Gebäude bei Aufgabe des Gewerbebetriebes entsprechend dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 1999 IX R 62/96, BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656 selbst dann zugrunde zu legen, wenn unter Auflösung der stillen Reserven ein nach § 16 Abs. 4 EStG steuerfreier Aufgabegewinn ermittelt werde; Entsprechendes müsse auch für Fälle im Anwendungsbereich des § 52 Abs. 20b EStG a.F. gelten.

Sie beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Änderungsbescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidung insoweit zu ändern, als der festgestellte Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung um weitere AfA in Höhe von 121 397 DM (62 069 €) auf nunmehr 342 136 DM (174 931,36 €) erhöht wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin die ursprünglichen Herstellungskosten des früher betrieblich genutzten Gebäudeteils als AfA-Bemessungsgrundlage herangezogen.

1. Zu den bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) abziehbaren Werbungskosten gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch die AfA für das Gebäude; Bemessungsgrundlage sind grundsätzlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 7 Abs. 4 und 5 EStG).

Entnimmt ein Steuerpflichtiger wie im Streitfall sein Grundstück aus seinem Betriebsvermögen, so wendet die Rechtsprechung § 7 Abs. 4 EStG entsprechend an und geht von fiktiven Anschaffungskosten in der Höhe aus, in der bei Ermittlung des Entnahmegewinns (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) oder des Aufgabegewinns (§ 16 Abs. 1 und 3 EStG) kraft Gesetzes die stillen Reserven für das betriebliche Gebäude aufgelöst werden (BFH-Urteil in BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656, m.w.N.).

Ausnahmsweise sind bei der Überführung eines Betriebsgrundstücks in das Privatvermögen die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (weiterhin) als künftige AfA-Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen, wenn die stillen Reserven nicht steuerlich erfasst worden sind, etwa wenn eine Betriebsaufgabe zunächst nicht als solche erkannt worden ist und die Veranlagung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann (BFH-Urteile vom 10. Mai 1995 IX R 54/91, BFH/NV 1995, 1055; vom 10. Mai 1995 IX R 68/93, BFH/NV 1995, 1056) oder wenn für das Jahr der Betriebsaufgabe Verjährung eingetreten ist (BFH-Urteil vom 27. Juni 1995 IX R 11/93, IX R 12/93, BFH/NV 1996, 319, m.w.N.). Ebenso hat der BFH als AfA-Bemessungsgrundlage nicht den Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme, sondern die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten herangezogen, wenn der Steuerpflichtige eine eigengenutzte, zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörende Wohnung gemäß § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG i.d.F. des Wohneigentumsförderungsgesetzes (WohneigFG) vom 15. Mai 1986 (BGBl I 1986, 730, BStBl I 1986, 278) erfolgsneutral aus dem Betriebsvermögen entnommen und anschließend vermietet hat (BFH-Urteil in BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656, m.w.N.).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Entscheidung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten für die Bemessung der AfA maßgebend sind, weil bei der Überführung der Gebäude in das Privatvermögen stille Reserven steuerlich --unstreitig-- nicht erfasst wurden und damit eine solche Erfassung als Rechtfertigungsgrund für den begünstigenden Ansatz des Teilwerts als Bemessungsgrundlage der AfA nach Maßgabe der Ausführungen unter II. 1. nicht in Betracht kommt (vgl. BFH-Entscheidung in BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656, m.w.N.).

Die im Streitfall gegebene Steuerfreiheit nach § 52 Abs. 20b Satz 3 EStG a.F. rechtfertigt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Ansatz des Teilwerts. Nach § 52 Abs. 20b Satz 3 EStG a.F. bleiben Gewinne aus der Entnahme von Wirtschaftsgütern einer gewerblich geprägten Personengesellschaft zwar steuerfrei, wenn die Wirtschaftsgüter, wie im vorliegenden Fall, nach dem 30. Oktober 1984 und vor dem 11. April 1985 veräußert oder entnommen worden sind.

Dieser Vorgang ist indessen einer steuerlichen Erfassung der stillen Reserven nicht gleichzusetzen. Dies folgt aus denselben Gründen, mit denen der BFH den Ansatz des Teilwerts bzw. gemeinen Werts bei den i.S. des § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG a.F. entnommenen Gebäuden verneint hat. Anders als im Falle des grundsätzlich nach § 16 Abs. 3 EStG steuerbaren und lediglich nach der Freibetragsregelung des § 16 Abs. 4 EStG steuerfreien Betriebsaufgabegewinns (vgl. BFH-Entscheidung in BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656) sind nämlich die von § 52 Abs. 20b Satz 3 EStG a.F. erfassten "Gewinne" ebenso wie die von § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG (i.d.F. des WohneigFG vom 15. Mai 1986, BGBl I 1986, 730, BStBl I 1986, 278) erfassten Entnahmegewinne gleichermaßen schon der Struktur der Vorschriften nach unberührt von der Existenz oder Nichtexistenz stiller Reserven von der Besteuerung freigestellt. § 52 Abs. 20b Satz 3 EStG a.F. dient damit ebenso wenig wie § 52 Abs. 15 Sätze 6 und 7 EStG (i.d.F. des WohneigFG vom 15. Mai 1986, BGBl I 1986, 730, BStBl I 1986, 278) der zutreffenden Einkünfteermittlung und Besteuerung stiller Reserven, sondern stellt lediglich rechtstechnisch sicher, dass die Übernahme der Wohnung erfolgsneutral geschieht (BFH-Entscheidung in BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656, m.w.N.).

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