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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 16.12.1997
Aktenzeichen: IX R 69/95
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 21 Abs. 2
BUNDESFINANZHOF

Eine Schwimmhalle, die für sich allein bei der Ermittlung des Nutzungswerts der eigengenutzten Wohnung (§ 21 Abs. 2 EStG) den Ansatz der Kostenmiete als Rohmietwert rechtfertigt, liegt erst dann vor, wenn die Oberfläche des Beckens mehr als 50 qm beträgt.

EStG § 21 Abs. 2

Urteil vom 16. Dezember 1997 - IX R 69/95

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1996, 23)


Gründe

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) errichteten 1977 ein Zweifamilienhaus, aus dem sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Das Haus verfügt im Keller über eine Sauna und ein "Tauchschwimmbecken" in der Größe von 4,35 m x 2,75 m mit eingebauter Gegenstromanlage. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte bei der Ermittlung des Nutzungswerts gemäß § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Mietwert die Kostenmiete in Höhe von 6 v.H. der Anschaffungs- und Herstellungskosten an, weil er die nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften maßgebende sog. Aufgriffsgrenze als überschritten ansah.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 23).

Mit der Revision rügt das FA unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 20. Februar 1995 IV B 3 -S 2253- 11/95 (BStBl I 1995, 150) die Verletzung des § 21 Abs. 2 EStG.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Revision ist unbegründet. Sie ist zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht bei der Ermittlung des Nutzungswerts für die selbstgenutzte Wohnung der Kläger gemäß § 21 Abs. 2 EStG als Mietwert die --der Höhe nach unstrittige-- Marktmiete angesetzt.

1. Gemäß § 21 Abs. 2 erste Alternative EStG sind zur Ermittlung des Nutzungswerts der zu schätzenden Rohmiete die nachgewiesenen Werbungskosten gegenüberzustellen. Die Rohmiete ist grundsätzlich anhand der am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte erzielbaren Miete, der sog. Marktmiete, zu schätzen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Zweck des § 21 Abs. 2 EStG den Ansatz der sog. Kostenmiete erfordert. Hinsichtlich der Voraussetzungen für den Ansatz der Kostenmiete hat der erkennende Senat mit Urteil vom 22. Oktober 1993 IX R 35/92 (BFHE 174, 51, 56, BStBl II 1995, 98) seine frühere Rechtsprechung teilweise aufgegeben und die Schätzung des Rohmietwerts anhand der Kostenmiete auf solche Wohnungen beschränkt, bei denen es aufgrund bestimmter Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich ist, daß sie nicht zum Zwecke der Vermietung errichtet und in der Regel auch tatsächlich nicht vermietet werden. Er hat deshalb an die besondere Gestaltung oder Ausstattung, die den Ansatz der Kostenmiete rechtfertigt, strengere Anforderungen als bisher gestellt. Danach ist die Kostenmiete stets anzusetzen, wenn sich in dem Wohnhaus eine Schwimmhalle befindet oder wenn die privatgenutzte Wohnfläche mehr als 250 qm beträgt. Im übrigen ist die Kostenmiete --dann und nur dann-- anzusetzen, wenn aufgrund anderer besonders gewichtiger Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale offensichtlich ist, daß die am Wohnungsmarkt höchstens erzielbare Miete nicht dem Gebrauchswert des Objekts entspricht. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat insoweit auf das Urteil in BFHE 174, 51, 57 f., BStBl II 1995, 98 Bezug.

2. Das Vorhandensein einer Schwimmhalle hat der erkennende Senat ebenso wie eine Wohnfläche von mehr als 250 qm als Merkmale beurteilt, die schon jeweils für sich allein den Ansatz der Kostenmiete rechtfertigen, weil es aufgrund dieser Merkmale offensichtlich ist, daß derartige Wohnungen nicht zum Zwecke der Vermietung errichtet und in der Regel auch tatsächlich nicht vermietet werden. Diese Abgrenzungsfunktion vermag das Merkmal "Schwimmhalle", das bereits dem Wortsinn nach eine besondere Geräumigkeit voraussetzt, nur dann zu erfüllen, wenn die Oberfläche des Beckens mehr als 50 qm beträgt. Erst ab einer solchen Größe bildet eine Schwimmhalle ein besonders gewichtiges Ausstattungsmerkmal, das in seiner Bedeutung für die Auslegung des § 21 Abs. 2 EStG mit einer Wohnfläche von 250 qm vergleichbar ist und für sich allein den Ansatz der Kostenmiete rechtfertigt. Der Grenzwert einer Beckenoberfläche von 50 qm entspricht der Wohnflächengrenze von 250 qm auch darin, daß er über die Grenzen hinausgeht, die nach der Rechtsprechung für die Bewertung des Grundstücks im Sachwertverfahren maßgebend sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Februar 1986 II R 192/78, BFHE 146, 96, BStBl II 1986, 320; Beschluß vom 12. Dezember 1996 II R 45/94, BFH/NV 1997, 336). Davon unberührt bleibt, daß das Vorhandensein eines Schwimmbeckens mit einer Größe von 50 qm und weniger im Zusammenhang mit anderen gewichtigen Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmalen (Urteil in BFHE 174, 51, 57 f., BStBl II 1995, 98) den Ansatz der Kostenmiete begründen kann.

Danach vermag im Streitfall das Vorhandensein des "Tauchschwimmbeckens" im Keller des Hauses der Kläger für sich allein den Ansatz der Kostenmiete nicht zu rechtfertigen, weil dessen Fläche nur knapp 12 qm beträgt. Im übrigen liegen nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG keine anderen besonders gewichtigen Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale vor, die den Ansatz der Kostenmiete begründen könnten.

Ende der Entscheidung

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