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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 22.09.2005
Aktenzeichen: IX R 72/03
Rechtsgebiete: BGB, GenG, FGO, EigZulG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 150 Abs. 2
GenG § 15
GenG § 15 Abs. 1
FGO § 126 Abs. 2
EigZulG § 1
EigZulG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist (förderndes) Mitglied der Wohnungsgenossenschaft "F-Straße" eG (im Folgenden: WG F). Sie beantragte die Mitgliedschaft (Anteile von 10 000 DM) und unterschrieb am 22. November 1997 die "Beitritts- mit Beteiligungserklärung". Die WG F ließ den Beitritt durch Beschluss vom 11. Dezember 1997 zu. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 übersandte die Wohnungsgenossenschaft E eG (im Folgenden: WG E), welche die Geschäfte der WG F besorgte, die vom Vorstand der WG F unterschriebene Beitritts- mit Beteiligungserklärung.

Im Begleitschreiben führte die WG E aus, die bestätigte Beitrittserklärung sei die Grundlage für die Einzahlung der gezeichneten Anteile. Falls das Finanzamt einen negativen (Eigenheimzulagen-)Bescheid erteile, werde der eingezahlte Betrag erstattet. Aus diesem Grund sei der Klägerin noch keine Mitgliedsnummer zugeteilt worden, d.h. sie sei noch nicht in die Mitgliederliste eingetragen. Die Eintragung in Verbindung mit der Vergabe der Mitgliedsnummer werde nach Vorlage eines positiven Bescheids nachgeholt.

Auf den Antrag der Klägerin vom November 1997 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Bescheid über Eigenheimzulage ab 1997 vom 6. März 1998 die jährliche Eigenheimzulage einschließlich Kinderzulage in Höhe von 800 DM fest. Die Klägerin wurde alsdann bei der WG F unter der Nummer 555 in die Mitgliederliste eingetragen.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Klägerin habe die Mitgliedschaft an der WG F nicht wirksam erworben, weil der Erwerb wie auch die Zulassung durch den Vorstand unter der aufschiebenden Bedingung der Erlangung der Eigenheimzulage gestanden hätte. Dementsprechend setzte das FA die Eigenheimzulage ab 1997 mit geändertem Bescheid vom 26. April 1999 auf 0 DM fest und forderte die für die Jahre 1997 bis 1999 bereits ausgezahlte Eigenheimzulage zurück. Der Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt: Nach dem Begleitschreiben habe die WG F die Mitgliedschaft der Klägerin nicht unter der aufschiebenden Bedingung der Gewährung von Eigenheimzulage zugelassen, sondern ihr ein Rücktrittsrecht eingeräumt.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung von § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des § 15 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) rügt. Es folgt der Auffassung des 6. Senats des Sächsischen FG in seinem Urteil vom 27. Juni 2002 6 K 1521/99 (Ez) (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 1283): Ein Aufnahmevertrag der Klägerin mit der WG F sei nicht zu Stande gekommen. Denn bei der Annahmeerklärung unter der Bedingung der Gewährung von Eigenheimzulage handele es sich entweder um überhaupt keine Annahme, da diese nicht mit dem unbedingten Beitritt zur Genossenschaft korrespondiere, oder es liege ein Erwerb der Mitgliedschaft unter der Bedingung vor, dass Eigenheimzulage gewährt werde; Letzteres führe wegen der Bedingungsfeindlichkeit der Beitrittserklärung (§ 15 Abs. 1 GenG) auch nicht zum Erwerb der Mitgliedschaft.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG Eigenheimzulage für die Anschaffung der Genossenschaftsanteile sowie Kinderzulage gewährt.

1. Nach § 17 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) kann der Anspruchsberechtigte unter weiteren, hier aber nicht problematischen Voraussetzungen die Eigenheimzulage einmal für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen in Höhe von mindestens 10 000 DM in Anspruch nehmen (vgl. dazu auch das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2002 IX R 55/00, BFHE 197, 507, BStBl II 2002, 274). Die Klägerin als Anspruchsberechtigte i.S. von § 1 EigZulG erfüllt diese Voraussetzungen; denn sie hat Anteile an der WG F in Höhe von 10 000 DM erworben.

Sie ist nach § 15 Abs. 1 GenG Mitglied der WG F mit einem Genossenschaftsanteil von 10 000 DM geworden (vgl. zu den Begriffen Geschäftsanteil und Genossenschaftsanteil Beuthien, Genossenschaftsgesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 7 Rn. 1, m.w.N.). Sie hat am 22. November 1997 eine schriftliche, unbedingte Beitrittserklärung abgegeben. Ihr Beitritt ist durch die WG F zugelassen worden.

2. Gegen die Wirksamkeit ihres Beitritts spricht nicht der Inhalt des Begleitschreibens, mit dem die WG E, welche die Geschäfte der WG F führte, der Klägerin neben der vom Vorstand der WG F bestätigten Beitrittserklärung auch die Verpflichtung übermittelte, das nach Zulassung des Beitritts zu zahlende Geschäftsguthaben zurückzuzahlen, falls das FA keine Eigenheimzulage gewährt.

Zutreffend verstehen sowohl die Vorentscheidung wie auch der 6. Senat des Sächsischen FG (in EFG 2002, 1283) diese Erklärung bei verständiger Würdigung dahin gehend, dass die Klägerin aus dem Vertrag entlassen werden solle, wenn sie keine Eigenheimzulage erhalte. Das bedeutet für die Klägerin ein zusätzliches Recht, das mit der entsprechenden Verpflichtung der Genossenschaft korrespondiert und das die Vorinstanz in der Sache zutreffend als Rücktrittsrecht bezeichnet hat. Der Senat kann offen lassen, ob die Genossenschaft berechtigt war, ein derartiges Recht einzuräumen (vgl. dazu auch Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. März 1976 II ZR 127/74, Wertpapier-Mitteilungen 1976, 475 f., m.w.N.); denn die Klägerin hat davon jedenfalls keinen Gebrauch gemacht.

Die von der Genossenschaft im Begleitschreiben eingegangene Verpflichtung ändert nichts am Zustandekommen des Aufnahmevertrags (a.A. aber das Urteil des Sächsischen FG in EFG 2002, 1283). Zwar sollte die Eintragung in die Mitgliederliste in Verbindung mit der Vergabe einer Mitgliedsnummer von der Vorlage eines positiven Eigenheimzulagenbescheides abhängig sein. Das bedeutet aber nicht, dass deshalb die Klägerin nur unter einer Bedingung zugelassen worden wäre. Denn die Mitgliedschaft in der Genossenschaft hängt nach § 15 Abs. 1 GenG nur von einer schriftlichen, unbedingten Beitrittserklärung und der Zulassung des Beitritts durch die Genossenschaft ab. Die Eintragung in der Mitgliederliste (§ 15 Abs. 2 GenG) ist als Folge des Erwerbs der Mitgliedschaft nur rechtsbeurkundender Natur und hat deshalb lediglich deklaratorische Bedeutung (vgl. Beuthien, a.a.O., § 15 Rn. 26; Schaffland in Lang/Weidmüller/Metz/ Schaffland, Genossenschaftsgesetz, 33. Aufl. 1997, § 15 Rz. 31; Pöhlmann in Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, Genossenschaftsgesetz, 2. Aufl. 2001, § 15 Rn. 16).

Die im Begleitschreiben der WG E eingegangene Verpflichtung berührt auch nicht die Zulassung der Klägerin als Mitglied der WG F; sie bildet keine abändernde Annahme der Beitrittserklärung, und zwar unbeschadet der Frage, ob sich die WG F bei der Zulassung von Mitgliedern als Selbstorganisationsakt (vgl. dazu Beuthien, a.a.O., § 15 Rn. 22; zu Fragen der Zuständigkeit auch Schaffland in Lang/Weitmüller/Metz/Schaffland, a.a.O., § 15 Rn. 18, m.w.N.) überhaupt von der lediglich die Geschäfte besorgenden WG E vertreten lassen konnte. Die Erklärung kann deshalb nicht als Ablehnung der unbedingten Beitrittserklärung verbunden mit einem neuen --nunmehr bedingten-- Antrag nach § 150 Abs. 2 BGB verstanden werden, z.B. derart, dass die Mitgliedschaft der Klägerin unter der auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) der Versagung der Eigenheimzulage stünde. Die Zusage, bei negativem Bescheid den eingezahlten Betrag zu erstatten, will die Klägerin vielmehr dazu berechtigen, sich von ihrer Mitgliedschaft in der WG F wieder zu lösen, wenn das FA keine Eigenheimzulage für die Anschaffung gewähren sollte.

Ende der Entscheidung

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