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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.11.2001
Aktenzeichen: IX R 85/00
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 3
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 5
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Die Klägerin ist seit 1973 Eigentümerin einer Eigentumswohnung in X, die sie selbst an wechselnde Feriengäste vermietet. Die Wohnung ist der Kurverwaltung in X gemeldet und im dortigen Gastgeberverzeichnis aufgeführt. Die mit der Vermietung der Ferienwohnung im Zusammenhang stehenden Arbeiten (Übergabe und Übernahme der Wohnung, Reinigung, Korrespondenz mit den Mietern, Einzug der Mieten) führen die Kläger selbst aus. Sie waren bis Ende des Jahres 1995 mit ihrem Zweitwohnsitz in X gemeldet; für das Streitjahr 1996 sind die Kläger von der Zweitwohnungssteuer und der Kurabgabe befreit.

Die Klägerin machte im Streitjahr 1996 unter Hinweis auf die Befreiung von der Zweitwohnungssteuer einen --durch Gegenüberstellen der Einnahmen und der (gesamten) auf die Ferienwohnung entfallenden Aufwendungen ermittelten-- Werbungskostenüberschuss geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die nicht unmittelbar der Vermietung zuordenbaren Aufwendungen nur mit dem --im Veranlagungsverfahren erklärten-- Anteil der Vermietungstage (65/365); dadurch ergaben sich positive Einkünfte von 874 DM.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab: Die Kläger hätten außerhalb der Vermietungszeiten die Möglichkeit der Selbstnutzung gehabt; deshalb seien die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zuzurechnen. Auf die Befreiung von der Zweitwohnungssteuer komme es nicht an. Unerheblich sei auch, ob und wie die Kläger die Wohnung tatsächlich selbst genutzt hätten. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 1382 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Streitjahres (1996) einen Werbungskostenüberschuss von 7 207,02 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), soweit die Einkommensteuer 1996 betroffen ist. Das FG hat zu Unrecht allein wegen der Möglichkeit der Selbstnutzung die Leerstandszeiten der Selbstnutzung zugerechnet. Im Übrigen reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um in der Revisionsinstanz abschließend über die zutreffende Zurechnung der Leerstandszeiten und damit die Aufteilung der Werbungskosten sowie --insbesondere-- darüber zu entscheiden, ob die Klägerin die Ferienwohnung mit Überschusserzielungsabsicht vermietet hat.

1. Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) fallen. Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, wie der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (1)) ausgeführt hat, dass die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen der Erzielung positiver Einkünfte dienen.

a) Bezogen auf die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung folgt hieraus, dass eine Vermietungstätigkeit nur dann dieser Einkunftsart zuzurechnen ist, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erwirtschaften (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II. 2.); nichtsteuerbare Veräußerungsgewinne bleiben dabei unberücksichtigt (Beschluss in BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, 766 f., unter C. IV. 3. c aa (2)). Die Überschusserzielungsabsicht kann erst nachträglich einsetzen und auch wieder wegfallen (BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774, m.w.N.).

b) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen beabsichtigen, letztlich einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771). Die Grundsätze des vorgenannten Urteils sind auch bei Ferienwohnungen anzuwenden, wenn diese von den Steuerpflichtigen ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten werden (z.B. BFH-Urteil vom 21. November 2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479, BStBl II 2001, 705, m.w.N.). Dies gilt --wie der Senat in seinem Urteil IX R 97/00 vom 6.11.2001 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden hat-- unabhängig davon, ob die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in Eigenregie oder durch Einschalten eines Dritten vermieten. Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass durch die Vermietung veranlasste kurzfristige Aufenthalte keine Selbstnutzung sind.

c) Dagegen ist nach dem Urteil IX R 97/00 bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Frage, ob die Steuerpflichtigen mit oder ohne Überschusserzielungsabsicht vermietet haben, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden. Im Rahmen dieser Prognose sind, wenn eine Selbstnutzung jederzeit möglich ist, die auf die Leerstandszeiten entfallenden Aufwendungen entsprechend dem zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Gründe des Urteils IX R 97/00.

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung aufzuheben und die nicht spruchreife Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG hat ausgehend von seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Kläger die Ferienwohnung auch (zu privaten Zwecken) tatsächlich selbst genutzt oder ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit zur Vermietung bereitgehalten haben. Trifft das Letztere zu, ist ohne weitere Prüfung von der Überschusserzielungsabsicht der Klägerin auszugehen. Haben die Kläger die Ferienwohnung dagegen teilweise selbst genutzt, muss das FG die Kosten aufteilen und durch eine unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmende Prognose feststellen, ob durch die Vermietungstätigkeit ein Totalüberschuss erzielt werden kann. Der Befreiung von der Zweitwohnungssteuer ist in diesem Zusammenhang lediglich ein Indiz, das zusammen mit anderen Umständen im Rahmen der vom FG vorzunehmenden Gesamtwürdigung gegen eine Selbstnutzung sprechen kann.

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