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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: IX R 9/07
Rechtsgebiete: FGO, FördG


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 2
FördG § 1 Abs. 1 S. 1
FördG § 3 Nr. 1
FördG § 4 Abs. 1 S. 3
Bei der Vorauszahlung des gesamten Kaufpreises fehlt es am erforderlichen Vollzug des Anschaffungsgeschäfts (Kaufvertrag über den Erwerb eines Grundstücks mit Alt-Gebäude und noch zu erbringenden Bauleistungen), wenn die Veräußerer den auf ihr Konto überwiesenen Geldbetrag wegen dessen treuhänderischer Bindung zu keinem Zeitpunkt zur freien Verfügung erhalten haben.
Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Immobilienkaufmann mit gewerblichen Einkünften als Makler sowie Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, erwarb mit notariellem (kombinierten Kauf- und Bauträger-)Vertrag vom 23. Dezember 1997 das mit alter Substanz (Mehrfamilienhaus) bebaute Grundstück in G zum Preis von 810 000 DM. Der Kaufpreis entfiel in Höhe von 150 000 DM auf Grundstück und Altbausubstanz und in Höhe von 660 000 DM auf vom Verkäufer an dem Objekt erst noch zu erbringende Bau- und Sanierungsleistungen mit Ausführungsfristen zu Ende Juni 1998 (Bezugsfertigkeit) und Ende September 1998 (Außenanlagen). Die Kaufpreiszahlungen konnten mit schuldbefreiender Wirkung nur auf das Konto der Verkäufer gezahlt werden. Der Kläger erklärte sich bereit, bis zum 30. Dezember 1997 unabhängig von bis dahin fälligen Kaufpreisraten den Gesamtkaufpreis zu bezahlen. Die Verkäufer ihrerseits verpflichteten sich, dem Kläger Zug um Zug mit dieser Zahlung eine § 7 Abs. 1 der Makler- und Bauträger-Verordnung entsprechende, selbstschuldnerische Bürgschaft zu übergeben. Die Verkäufer sollten ab Hinterlegung der Bürgschaftsurkunde zur Verfügung über den vom Käufer geleisteten Kaufpreis berechtigt sein. Als Tag der Übergabe war der auf die Kaufpreiszahlung folgende Monatsletzte vereinbart.

Nach Aufnahme eines entsprechenden Darlehens überwies die Bank des Klägers am 30. Dezember 1997 auf das Kaufpreisabwicklungskonto der Verkäufer bei der Kreditbank (K) den vollen Kaufpreis mit der Maßgabe, den Kaufpreis nur als Treuhandzahlung unter verschiedenen Auflagen zu leisten. Noch im Dezember 1997 stellten die Verkäufer durch K die geforderte Bürgschaft; auch akzeptierte K die Auflagen für die (endgültige) Auszahlung des Kaufpreises an die Verkäufer. Eine Auszahlung des Kaufpreises an sich erlangten die Verkäufer mangels entsprechender Freistellung zu keinem Zeitpunkt. Der Kläger wurde trotz Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten nie als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Die Verkäufer wiederum hielten die vereinbarten Ausführungsfristen wie auch die vom Kläger gesetzten Nachfristen für die Bauleistungen zum Jahresende 1998 nicht ein. Die Gebäudeabnahme erfolgte Mitte Januar 1999 mit der Feststellung bestimmter Mängel und noch zu behebender bzw. zu erledigender Restarbeiten; ein Gutachter bezifferte den Umfang der ausstehenden Restarbeiten auf über 300 000 DM.

Schon im November 1998 hatte der Kläger einen Mietvertrag über eine Wohnung mit einem Dritten geschlossen, der beginnend ab Februar 1999 eine monatliche Miete und Betriebskosten-Vorauszahlung von insgesamt 1 370 DM vorsah. Aus der Vermietung der Wohnungen erzielte der Kläger bis in das Jahr 2000 hinein Netto-Mieteinnahmen in Höhe von 11 715 DM; er hatte gleichzeitig die Verwaltung übernommen, trug die laufenden Grundstückskosten und schloss eine Gebäudeversicherung ab.

Ende März 1999 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und erwirkte über seine Bank im April 1999 --aufgrund der erbrachten Bürgschaft-- den vollständigen Rückfluss des Kaufpreises. Eine Schadensersatzklage des Klägers gegen die Verkäufer wegen Nicht- bzw. Schlechterfüllung wies das Landgericht (LG) im Januar 2000 wegen dessen eigenen vertragswidrigen Verhaltens (keine Freigabe der Kaufpreiszahlung) als unbegründet ab. Ende Oktober 2001 wurde der Vertrag vom 23. Dezember 1997 im Einvernehmen der Vertragsparteien mit schuldrechtlicher und wirtschaftlicher Wirkung von Anfang an aufgehoben. Als Gegenleistung verpflichtete der Kläger sich, einen Betrag von 150 000 DM in drei Raten an die Verkäufer zu zahlen.

Mit der Einkommensteuererklärung für 1997 (Streitjahr) machte der Kläger für das Objekt in G negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 304 458 DM incl. einer Sonderabschreibung in Höhe von (40% von 661 000 DM =) 264 400 DM gemäß § 3 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 des Fördergebietsgesetzes (FördG) geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte nach Kenntnis des LG-Urteils die Sonderabschreibung nicht mehr an. Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet ab (Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 598).

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§§ 1, 3, 4 FördG). Er ist der Ansicht, er sei mit dessen tatsächlicher Übergabe wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks geworden, weil er im Zusammenhang mit dem Erwerbsgeschäft den vollen Kaufpreis auf das Konto der Verkäufer überwiesen, die Verwaltung übernommen, die laufenden Grundstückskosten getragen und eine Gebäudeversicherung abgeschlossen habe; also sei auch die Gefahr auf ihn übergegangen. Zudem habe er das Objekt als Erwerber vermietet und daraus Mieteinnahmen erzielt. Die Sonderabschreibung könne auch nicht rückwirkend versagt werden; bei eingetretenem wirtschaftlichem Eigentum ändere die spätere Vertragsaufhebung und Rückgängigmachung des Kaufvertrags daran nichts. Im Übrigen könne keine rückwirkende Korrektur, sondern allenfalls eine Anpassung der Abschreibung für die Zukunft erfolgen.

Der Kläger beantragt,

das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 3. Mai 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 2002 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 1997 auf 41 251 DM festgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet abzuweisen.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zu Recht hat das FG die Gewährung von Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz versagt.

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 FördG können Steuerpflichtige für begünstigte Investitionen i.S. der §§ 2, 3 FördG, die im Fördergebiet durchgeführt werden, Sonderabschreibungen nach § 4 FördG vornehmen. § 4 FördG ist kein selbständiger Begünstigungstatbestand; er regelt lediglich die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen, setzt also die Erfüllung der Tatbestände der §§ 1 bis 3 FördG und damit zugleich u.a. voraus, dass das betreffende Wirtschaftsgut angeschafft (oder hergestellt) wird (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Juni 2002 IX R 51/01, BFHE 199, 388, BStBl II 2002, 758, unter II.1.b; vom 29. Juni 2004 IX R 7/01, BFH/NV 2004, 1408, m.w.N.).

Die Sonderabschreibungen können bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden (§ 4 Abs. 1 Satz 5 FördG; vgl. BTDrucks 12/219, S. 40). Anzahlungen auf Anschaffungskosten sind Vorleistungen bis zur Höhe des geschuldeten Kaufpreises auf ein noch zu vollziehendes Anschaffungsgeschäft (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2004 IX R 28/02, BFH/NV 2005, 49, und in BFHE 199, 388, BStBl II 2002, 758, m.w.N.); insofern hat die Sonderabschreibung auf Anzahlungen nur vorläufigen Charakter. Des Weiteren muss der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Förderzeitraums zur Einkünfteerzielung einsetzen (BFH-Urteil vom 14. September 1999 IX R 35/97, BFHE 189, 433, BStBl II 2000, 478, unter 1.b, und in BFH/NV 2004, 1408, unter II.2.b, m.w.N.).

2. Diesen Grundsätzen entspricht die Vorentscheidung; sie hat die Sonderabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz zu Recht mangels vollzogener Anschaffung nicht gewährt. Entsprechend kann dahinstehen, ob der Kläger wirtschaftliches Eigentum an dem Objekt erlangt hat bzw. dessen Eigen- oder Fremdbesitzer war; auch die Frage einer rückwirkenden Versagung stellt sich nicht.

Zwar hat der Kläger eine steuerlich begünstigte Anzahlung (gegen entsprechende Bürgschaft) geleistet; auch hat er das betreffende Objekt in den Jahren 1999 und 2000 und damit innerhalb des Förderzeitraums jedenfalls zum Teil zur Erzielung von Vermietungseinkünften eingesetzt. Aber das Anschaffungsgeschäft ist nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) nicht --wie erforderlich-- vollzogen worden. Mit der Überweisung des gesamten Kaufpreises auf das Kaufpreisabwicklungskonto der Veräußerer am 30. Dezember 1997 --unbeschadet der nur treuhänderisch gebundenen Zahlung seiner Bank-- ist zwar eine Vermögensminderung, also ein Abfluss i.S. des § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes beim Kläger eingetreten. Damit hat der Kläger aber --wie das FG zutreffend ausführt-- die nach dem Vertrag (dort § 2 2.5 und 2.7, § 3 3.1 und 3.2) für den Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr erforderliche Kaufpreiszahlung --"Zug um Zug" gegen die erfolgte Gestellung der Bürgschaft-- nicht bewirkt. Denn die geschuldete Leistung wäre im vorliegenden Fall einer vereinbarungsgemäßen Banküberweisung erst mit der Gutschrift des überwiesenen Betrages auf dem Gläubiger-Konto erfolgt; der zur Erfüllung erforderliche Leistungserfolg tritt nämlich erst dann ein, wenn die Verkäufer den Geldbetrag endgültig zur freien Verfügung erhalten haben (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 1998 VIII ZR 157/97, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 210, und vom 27. Juni 2008 V ZR 83/07, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2008, 1911, Wertpapier-Mitteilungen 2008, 1703).

Nach den unbestrittenen Feststellungen des FG haben die Verkäufer über den Betrag wegen der --von der Bank des Klägers verfügten-- treuhänderischen Bindung "zu keinem Zeitpunkt" frei verfügen können. Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr konnten daher vertragsgemäß nicht übergehen; mithin wurde das Anschaffungsgeschäft nicht vollzogen und wegen der eingetretenen beiderseitigen Leistungsstörungen (s. LG-Urteil) dann auch rückabgewickelt.



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