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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.05.2003
Aktenzeichen: V B 112/02
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
FGO § 118 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb seit dem Jahr 1987 ein Einzelunternehmen mit dem Gegenstand Verkauf und "Verleih" von akustischen und lichttechnischen Geräten. Durch notariellen Vertrag vom 19. März 1991 gründete er zusammen mit X die X & Y GmbH (GmbH), deren Gegenstand laut Satzung der "Verleih" und Handel mit Beleuchtungs- und Beschallungsanlagen sowie akustischen Geräten für die Unterhaltungselektronik sowie der "Verleih" von und der Handel mit mobilen Bühnen und Zubehörteilen war.

Der Kläger übernahm 37 500 DM des Stammkapitals von insgesamt 50 000 DM. Gesellschafterbeschlüsse bedurften grundsätzlich der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; auf je 100 DM des Stammkapitals entfiel eine Stimme. Zu gemeinsam vertretungsberechtigten Geschäftsführern wurden der Kläger und X bestellt.

In der Satzung war außerdem u.a. bestimmt, dass die Gesellschafter zur Einbringung von Sachwerten in Höhe von mindestens des zehnfachen des Stammkapitals verpflichtet waren.

Zur Vorbereitung ihrer Tätigkeit erwarb die GmbH am 21. März 1991 von X ein Telefon und am 31. März 1991 anderweitig diverse Baumaterialien. Der Kläger erklärte zum 31. März 1991 die Betriebsaufgabe seines Einzelunternehmens und übertrug das Anlagevermögen auf die GmbH.

Der Kläger berücksichtigte in seiner Umsatzsteuer-Erklärung für Januar bis März 1991 die Übertragung des Anlagevermögens nicht.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) ging dagegen davon aus, dass das Anlagevermögen vom Kläger zunächst in sein Privatvermögen übernommen und von dort in die GmbH ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten eingelegt worden sei und erhöhte im Umsatzsteuerbescheid entsprechend die steuerpflichtigen Umsätze.

Es folgte auch nicht der Behauptung einer Organschaft zwischen dem Kläger und der GmbH im Zeitraum bis zur Beendigung des Einzelunternehmens.

Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) ab: Im allein in Betracht kommenden Zeitraum vom 19. bis 31. März 1991 sei die GmbH nicht wirtschaftlich in das Unternehmen des Klägers eingegliedert gewesen. Nach der gesamten, insbesondere in der Satzung zum Ausdruck gekommenen Planung sollte die GmbH das Einzelunternehmen nicht ergänzen, sondern dessen Geschäfte fortführen. Die Einbringung der Sachwerte sei durch deren Entnahme aus dem Einzelunternehmen erfolgt.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Die Zulassung der Revision kommt nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur wegen einer Rechtsfrage in Betracht, die im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. März 2002 V B 87/01, BFH/NV 2002, 1012).

Die Rechtsfrage, ob "innerhalb eines umsatzsteuerrechtlichen Organschaftsverhältnisses ein zweistufiger --besonders qualifizierter-- Unternehmensbeginn" der beherrschten Gesellschaft denkbar ist, wäre vorliegend nicht klärbar.

Zwar hat das FG bei der Prüfung der wirtschaftlichen Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) das "abstrakte nach außen gerichtete Tätigwerden" der GmbH (Vorbereitungshandlungen) als unerheblich angesehen und statt dessen auf den Beginn der auf den eigentlichen Gesellschaftszweck gerichteten Tätigkeit der GmbH abgestellt. Es hat aber auch eine Entnahme (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG 1991) der eingebrachten Sachwerte durch den Kläger angenommen. Eine vorherige Entnahme schließt eine Lieferung aus dem Unternehmen des Klägers an die GmbH aus; auf die Steuerbarkeit einer solchen Lieferung kommt es somit nicht mehr an.

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

Dieser Zulassungsgrund umfasst jedenfalls die Fälle der bisherigen Divergenzrevision, geht aber noch darüber hinaus, weil es nunmehr nicht mehr darauf ankommt, welches Gericht die Entscheidung, von der abgewichen wird, getroffen hat (BFH-Beschluss vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837). Selbst wenn --was abschließend nicht zu entscheiden ist-- noch weiter gehend die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch erforderlich wäre (vgl. die Gesetzesbegründung in BTDrucks 14/4061, S. 9), um Fehler von erheblichem Gewicht bei der Auslegung revisiblen Rechts zu korrigieren, die geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, wäre im Streitfall ein Zulassungsgrund nicht gegeben.

Das angefochtene FG-Urteil enthält keinen abstrakten Rechtssatz, der von der Rechtsprechung des BFH in einer für die Entscheidung erheblichen Weise abweicht (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 20. Januar 2003 IX B 94/02, BFH/NV 2003, 617, zu 2. und § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.).

Entgegen der Beschwerde hat das FG keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass eine Verpflichtung des Unternehmers, Sachwerte in die beherrschte Gesellschaft einzubringen, einer wirtschaftlichen Eingliederung entgegenstehe. Es hat vielmehr lediglich bei der Würdigung des Streitfalls aus der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung des Klägers, Sachwerte in die GmbH einzubringen, geschlossen, dass keine Ergänzung des Unternehmens des Klägers durch die GmbH geplant war (vgl. dazu BFH-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, zu II. 1. b), sondern dessen Fortführung. Diese Tatsachenwürdigung ist (auch im Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision) für den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO mangels (durchgreifender) Verfahrensrügen bindend (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 617, zu 1. a.E.).

Im Übrigen hat auch der BFH im Urteil vom 9. September 1993 V R 124/89 (BFHE 172, 541, BStBl II 1994, 129, betr. Vermietung des Betriebsgrundstücks), keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, wonach umsatzsteuerrechtlich für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bereits ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis ausreiche.

3. Einer weiteren Begründung bedarf der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.

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