Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.01.2005
Aktenzeichen: V B 118/04
Rechtsgebiete: UStG, WHG, FGO


Vorschriften:

UStG § 4 Nr. 9 Buchst. a
WHG § 31
FGO § 96
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, ist auf dem Immobiliensektor tätig. Vor den Streitjahren 2000 und 2001 tätigte sie ausschließlich gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Grundstücksumsätze.

Im Jahre 1995 hatte eine Immobilien-Projektentwicklungs GmbH (im Folgenden: I), an der der alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, G, beteiligt war, von der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ein ehemaliges Kasernengrundstück in N gekauft. Bei dem Grundstück handelte es sich um ein vormaliges Gelände des Heeres des Deutschen Reiches, das nach dem 2. Weltkrieg von russischen Militärstreitkräften genutzt worden war. Der Grundbesitz war teilweise bebaut.

Die Gebäude standen zum Teil unter Denkmalschutz und waren teilweise abbruchreif. Die I verpflichtete sich in § 8 des o.g. Kaufvertrags, das Grundstück zur Ferienhausbebauung zu erschließen und im Zeitraum 1. Juli 1996 bis 30. Juni 2000 mindestens 3,5 Mio. DM zu investieren. Im Dezember 1997 schlossen die I und die Gemeinde N einen "städtebaulichen Vertrag", in dem sich die I verpflichtete, die Aufwendungen zur Erschließung des Grundstücks zu übernehmen.

Im Juni 1998 wurde die Klägerin gegründet. Im Jahre 2000 gab die Klägerin planerische Leistungen in Auftrag (Übersichtsplan "Abbruch und Räumung", März 2000; Planerstellung N, Juni 2000) und stellte einen Antrag gemäß § 31 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) zur Anlage eines Stillgewässers (Juli 2000). Im Oktober 2000 nahm die Klägerin ein Angebot einer Firma F über Beratungs- und Planungsleistungen an. Die Klägerin schrieb in diesem Zusammenhang an F u.a.:

"Als Eigentümer bin ich an einem gewinnbringenden Verkauf der Gesamtliegenschaft von rund 726.000 qm Grundstücksfläche interessiert, wobei der Verkaufspreis die Kosten der bisherigen und noch zu investierenden Planungs-Entwicklungskosten einschließlich der Beräumung des Areals beinhalten sollte. Gemäß Ihnen vorliegender Grundstücksbewertung stellt das Gesamtareal in der Zustandsstufe 'Rohbauland' einen Verkehrswert von rund 16,5 Mio DM (rund 8,4 Mio EUR) dar. Meine Preisvorstellungen liegen deutlich niedriger und werden als Verhandlungspreis mit 9,0 Mio DM (rund 4,6 Mio EUR) beziffert..."

Im Dezember 2000 kaufte die Klägerin von der I das bis dahin noch nicht auf die I übertragene Grundstück in N.

Im Januar 2001 erstellte die Firma F einen Verkaufsprospekt für das Grundstück im Rahmen eines "Verkaufs-Try-Out". Ein Exemplar dieses Prospektes ist heute nicht mehr beibringbar.

Mit notariellem Vertrag vom 23. Februar 2001 zwischen der Bundesrepublik, der I und der Klägerin vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Klägerin in den Kaufvertrag Bundesrepublik/I eintritt. Die in § 8 des ursprünglichen Vertrags vom 8. Dezember 1995 geregelte Investitionspflicht des Käufers wurde aufgehoben (§ 3 des notariellen Vertrags vom 23. Februar 2001).

Im März 2001 beauftragte die Klägerin einen Abrissunternehmer mit dem Abriss und dem Abtransport verschiedener Bauwerke auf dem Grundstück. Im April 2001 wurde eine Verkaufsanzeige für "Feriendomizile am ..." zum Preis von "ab DM 398.000,- exkl. MWSt" geschaltet. Im Juni 2001 wurde von der Klägerin der Plan "Betriebshof" und im November 2001 der Plan "Reitanlage" erstellt. Am 28. August 2001 (Klägerin) bzw. 18. September 2001 (Gemeinde) wurde ein "städtebaulicher Vertrag" zwischen der Klägerin und der Gemeinde N geschlossen. In der Präambel dieses Vertrags war ausgeführt, dass die Klägerin den schnellstmöglichen Beginn der Realisierung der städtebaulichen Investitionen beabsichtige.

Im November 2001 beantragte die Klägerin Landesfördermittel für Investitionen auf dem Grundstück. Das Antragsformular war weitgehend unausgefüllt und über den Antrag war bei Ergehen der Vorentscheidung noch nicht entschieden.

Im Dezember 2002 reichte die Klägerin Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2000 und 2001 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ein. Darin erklärte sie keine Umsätze, aber Vorsteuern in Höhe von 14 471,89 DM für 2000 und in Höhe von 155 525,83 DM für 2001. In dem Begleitschreiben zu den Steuererklärungen heißt es:

"Die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ergibt sich aufgrund der Änderung der zukünftigen umsatzsteuerlichen Verwendung des Grundstücks N durch die G Immobilien GmbH."

Ebenfalls noch im Dezember 2002 teilte die Klägerin dem FA Folgendes mit:

"Zu der Änderung in der Umsatzsteuerpflicht kommt es, da ursprünglich geplant war, das Grundstück umsatzsteuerfrei zu veräußern.

Jetzt wird unsere Mandantin auf dem Grundstück eine Ferienanlage errichten und diese nach Fertigstellung auch betreiben."

In den Bilanzen der Klägerin auf den 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 sind keine Umsatzsteuerforderungen ausgewiesen.

Das FA erkannte die erklärten Vorsteuerbeträge nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin nicht an und setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre 2000 und 2001 mit 0 DM fest.

Einspruch und Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) meinte, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie bereits im Zeitpunkt des Bezugs der streitigen Eingangsleistungen die Absicht gehabt habe, die bezogenen Leistungen für steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu verwenden. Das FG ließ die Revision gegen sein Urteil nicht zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde. Sie rügt Verletzung der Vorschrift des § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG habe seiner finanzrichterlichen Überzeugung das "Gesamtergebnis des Verfahrens" nicht vollständig zugrunde gelegt. Aufgrund der schwerwiegenden fehlerhaften Rechtsanwendung des § 96 FGO sei nicht nur das Vertrauen der Klägerin, sondern auch der Allgemeinheit in eine objektive Rechtsanwendung und Rechtsprechung erschüttert. Der Frage der korrekten und fehlerhaften Anwendung des § 96 FGO komme deshalb auch grundsätzliche Bedeutung zu.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die Nichtzulassung kann mit der Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Beschwerdebegründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

2. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass das FG die Vorschrift des § 96 FGO verletzt hat und damit ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegt. Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 96 Abs. 1 Satz 3 FGO).

Der Senat folgt der Klägerin nicht darin, dass das FG gegen diese Vorschrift verstoßen hat.

Zum einen ist nämlich grundsätzlich davon auszugehen, dass das FG von ihm entgegengenommenes Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Juni 2001 II B 129/00, BFH/NV 2001, 1292). Zum anderen hat das FG die von der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung benannten Unterlagen zumindest zum Teil in der Vorentscheidung ausdrücklich erwähnt. Dies gilt für die "Verkaufsanzeige aus April 2001" (S. 4 der Vorentscheidung) sowie den "städtebaulichen Vertrag zwischen der Gemeinde N und der G Immobilien GmbH vom 28. August 2001" (S. 5 der Vorentscheidung).

Jedenfalls ergibt sich aus der Beschwerdebegründung nicht, dass das FG wesentliche Tatsachen übersehen hat, bei deren Berücksichtigung es möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Vielmehr rügt die Klägerin letztlich eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung; sie meint, diese widerspreche "jedweder allgemeiner Lebenserfahrung und wirtschaftlicher Vernunft". Sie wendet sich damit gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit des Urteils, womit die Zulassung der Revision jedoch nicht erreicht werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 2000 III B 16/00, BFH/NV 2001, 202, und vom 4. Juli 2002 IX B 169/01, BFH/NV 2002, 1476, jeweils m.w.N.).

3. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, die im Interesse der Allgemeinheit geklärt werden müsste. Dass die FG § 96 FGO "korrekt und fehlerfrei" anwenden müssen, ist selbstverständlich und braucht vom BFH nicht noch besonders entschieden zu werden. Ob das FG im Streitfall § 96 FGO "korrekt und fehlerfrei" angewandt hat, ist eine Frage des Einzelfalls und keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.

Ende der Entscheidung

Zurück