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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.10.2004
Aktenzeichen: V B 153/02
Rechtsgebiete: FGO, StPO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
StPO § 136a
ZPO § 295
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

1. Der Senat kann über die Beschwerde entscheiden, obwohl der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) während des Beschwerdeverfahrens verstorben ist. Durch den Tod eines Beteiligten, der --wie im Streitfall-- durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein (§ 155 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 246 Abs. 1 erster Halbsatz der Zivilprozessordnung --ZPO--). Der Prozessbevollmächtigte hat jedoch die Möglichkeit, eine Aussetzung des Verfahrens zu beantragen (§ 155 FGO i.V.m. § 246 Abs. 1 zweiter Halbsatz ZPO). Im Streitfall hat der Prozessbevollmächtigte einen solchen Antrag nicht gestellt.

2. Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat keinen der Zulassungsgründe i.S. des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO benannt und entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) erfordert oder

3. ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gemäß § 116 Abs. 3 FGO müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 116 Rz. 25 ff.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 116 FGO Rz. 159 ff., jeweils mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).

Hierzu genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer --wie im Streitfall der Kläger-- lediglich erläutert, weshalb seiner Auffassung nach das Finanzgericht (FG) dem ganzen Sachverhalt nicht gerecht werde.

Soweit der Kläger Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt, ist die Rüge nicht schlüssig erhoben worden.

a) Als Verfahrensrüge macht der Kläger geltend, das FG hätte antragsgemäß den Sachgebietsleiter L und den Betriebsprüfer K zum Inhalt der zwischen den beiden stattgefundenen Besprechungen in Bezug auf die Frage hören müssen, ob ein Anfangsverdacht schon zu diesem Zeitpunkt bestanden habe; sei dies der Fall gewesen, hätte das spätere Prüfungsergebnis gemäß § 136a der Strafprozessordnung (StPO) nicht verwertet werden dürfen.

Zur Bezeichnung des Verfahrensmangels eines übergangenen Beweisantrags i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt wurde oder weshalb die Rüge nicht möglich gewesen ist. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO hat die unterlassene Rüge eines solchen Verfahrensmangels den endgültigen Rügeverlust --auch im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision-- zur Folge; das Übergehen eines Beweisantrags kann nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen mündlichen Verhandlung anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung seines Beweisantrags erkennbar war, den Verfahrensverstoß nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 8. Oktober 2003 VII B 51/03, BFH/NV 2004, 217; vom 12. Dezember 2001 V B 132/00, BFH/NV 2002, 531). Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Aus dem Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung ergibt sich im Übrigen, dass der Prozessbevollmächtigte nach Antragstellung sowie nach der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Betriebsprüfers K als Zeugen und der Verhandlung über das Ergebnis dieser Beweisaufnahme lediglich beantragt hat, den Sachgebietsleiter des Finanzamts X H zu der Frage zu vernehmen, "was er im ersten Satz seines Schreibens vom 30.09. an das Finanzamt Z (Bl. 29 FG-Akten) mit den 'vorliegenden Akten' gemeint hat". Andere Anträge hat er nicht gestellt. Anhaltspunkte, weshalb der durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger weder darauf hingewirkt hat, bei der Anhörung des Zeugen K auf die Beantwortung der nach seiner, des Klägers, Auffassung entscheidungserheblichen Frage durch K hinzuwirken, noch auf die beantragte, bisher unterbliebene Anhörung des Sachgebietsleiters L hinzuwirken bzw. deren Unterlassen zu rügen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

b) Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist auf den materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des FG abzustellen (z.B. BFH-Urteil vom 26. November 1992 IV R 109/90, BFHE 170, 88, BStBl II 1993, 235; BFH-Beschluss vom 4. April 2003 V B 145/02, BFH/NV 2003, 1096).

Das FG hat in seiner Entscheidung den Rechtsstandpunkt vertreten, mit Rücksicht auf die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren, die auch durch die Einleitung eines Strafverfahrens nicht entfalle und in diesem Falle lediglich nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden könne, sei ein § 136a StPO entsprechendes Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren nur anzunehmen, wenn das Finanzamt den Steuerpflichtigen gerade über die Nichtdurchsetzbarkeit seiner Mitwirkungspflicht getäuscht habe, ihm also trotz eines Anfangsverdachtes Zwangsmittel angedroht habe, obwohl dies unter diesen Umständen nicht zulässig sei. Dies habe der Kläger jedoch nicht behauptet und sei auch aus den Akten nicht ersichtlich.

Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung kam es auf die vom Kläger unter Beweis gestellte Frage, ob bereits zu einem früheren Zeitpunkt, bei den genannten Besprechungen zwischen Sachgebietsleiter L und Prüfer K, ein Anfangsverdacht bestanden hatte, nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des FG nicht an; d.h. das Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Frage war für die Entscheidung des FG ohne rechtliche Bedeutung. Soweit sich der Kläger hiergegen wendet, rügt er einen materiellen Fehler der Vorentscheidung.

c) Die vom Kläger in mehrerer Hinsicht gerügten (angeblichen) Verstöße des FG gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung sowie gegen die Denkgesetze und allgemeinen Erfahrungssätze stellen --ihr Vorliegen vorausgesetzt-- keine Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern materiell-rechtliche Fehler dar, welche für sich genommen die Zulassung der Revision nicht eröffnen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 76 und 82 f.).

d) Soweit sich die Einwendungen des Klägers im Wesentlichen, nach Art einer Revisionsbegründung in kritischen Äußerungen darüber erschöpfen, weshalb die vom FG vorgenommene rechtliche Beurteilung und tatsächliche Würdigung des Streitfalles unrichtig sei, rechtfertigt dies für sich gesehen noch keine Revisionszulassung; denn etwaige Fehler bei der Anwendung und Auslegung des materiellen Rechts und der Sachverhaltswürdigung rechtfertigen keine Zulassung wegen eines Verfahrensmangels.

Ende der Entscheidung

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