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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.02.2000
Aktenzeichen: V B 167/99
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, StBerG, BFHEntlG


Vorschriften:

AO 1977 § 80 Abs. 5
FGO § 62 Abs. 2 Satz 2
FGO § 73 Abs. 1 Satz 1
FGO § 121
FGO § 132
FGO § 128 Abs. 1
StBerG § 43 Abs. 4 Satz 1
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

1. Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) erhob wegen Umsatzsteuer 1996 Klage (Verfahren V 125/99), weil der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Lieferung eines ... in die Republik Kasachstan nicht als steuerfrei beurteilt hatte. Außerdem beantragte er bei dem Finanzgericht (FG) Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids (Verfahren V 126/99 V). Der Kläger wurde in den Verfahren von Herrn L vertreten, der sich als "Dipl.-Belastingadviseur - Juridisch Adviseur" bezeichnet. Das FA hatte L bereits im Einspruchsverfahren als Vertreter des Klägers wegen unbefugter Hilfe in Steuersachen zurückgewiesen (§ 80 Abs. 5 der Abgabenordnung --AO 1977--).

Mit den angefochtenen Beschlüssen vom 9. August 1999 wies das FG den als Prozessbevollmächtigten aufgetretenen L als Prozessvertreter des Klägers in beiden erwähnten Verfahren zurück (§ 62 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), weil er unbefugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leiste.

Gegen diese Beschlüsse legte der Kläger, vertreten durch L, Beschwerden ein. Er macht geltend, dass die Zurückweisungen gegen die Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit verstoßen, die durch den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. März 1957 (EWGV) i.d.F. des Europäischen Unionsvertrages vom 7. Februar 1992 --EU-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. C 224/6) und i.d.F. durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (ABlEG 1997 Nr. C 340/1) gewährleistet werden.

Der Kläger beantragt, die Beschlüsse des FG vom 9. August 1999 V 125/99 und V 126/99 V über die Nichtzulassung des L als Prozessbevollmächtigten aufzuheben.

Das FA ist den Beschwerden entgegengetreten.

2. Der Senat verbindet die Verfahren V B 167/99 wegen Zurückweisung im Verfahren vor dem FG V 125/99 und V B 168/99 wegen Zurückweisung im Verfahren vor dem FG V 126/99 V zur gemeinsamen Entscheidung (§§ 73 Abs. 1 Satz 1, 121, 132 FGO).

3. Die Beschwerden sind unzulässig.

a) Die gegen die angefochtenen Entscheidungen des FG erhobenen Beschwerden sind statthaft (§ 128 Abs. 1 FGO); denn die Beschwerdebefugnis steht nicht nur dem zurückgewiesenen Bevollmächtigten, sondern auch dem Kläger und Antragsteller des jeweiligen Ausgangsverfahrens zu (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Februar 1998 IX B 122/96, BFH/NV 1998, 998, und vom 16. September 1986 IX B 39/86, BFH/NV 1987, 83).

b) Die Beschwerden sind jedoch wegen fehlender Postulationsfähigkeit des für den Kläger vor dem BFH aufgetretenen Bevollmächtigten unzulässig.

Vor dem BFH muss sich --wie aus der Rechtsmittelbelehrung in den angefochtenen Beschlüssen hervorgeht-- jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs --BFHEntlG--). Dies gilt auch für die Einlegung einer Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Prozessbevollmächtigten (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG; BFH-Beschluss vom 30. November 1989 X B 111/89, BFH/NV 1990, 447).

Steuerberater i.S. des Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG ist nur, wer diese Berufsbezeichnung führen darf. Dazu muss er die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen (§ 43 Abs. 4 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) und zum Steuerberater zugelassen oder bestellt worden sein. Der als Bevollmächtigter für den Kläger aufgetretene L erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Maßgeblich ist, dass L die Voraussetzungen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht erfüllt hat. Zukünftige Rechtsänderungen sind unerheblich.

Die gemeinschaftsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 ff. EWGV, Art. 49 ff. EU) befugt denjenigen nicht, der berechtigt ist, in einem anderen Mitgliedstaat auf dem Gebiet des Steuerrechts tätig zu werden, vor einem innerstaatlichen Gericht mit Vertretungszwang wirksam Prozesshandlungen vorzunehmen. Vielmehr muss er dafür im Einvernehmen mit einer bei dem angerufenen Gericht zugelassenen Person tätig werden (vgl. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ABlEG 1998 Nr. L 77/36; vgl. auch Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 25. Februar 1988 Rs. 427/85 - Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland, Slg. 1988, 1123 Rz. 43, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 887, für einen in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Rechtsanwalt; vom 20. Mai 1992 Rs. C-106/91 - Claus Ramrath, Slg. 1992, I-3351, Europäische Zeitschrift für Wirtschaft 1992, 511, für einen in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Wirtschaftsprüfer; BFH-Beschluss vom 28. Juli 1999 II R 34/99, BFHE 189, 42, BStBl II 1999, 637, für einen in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen Rechtsanwalt).

Die Zulassung als Belastingadviseur begründet die Vertretungsbefugnis nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG nicht (BFH-Beschluss vom 20. Oktober 1999 V B 154/99). Ob für einen Belastingadviseur, der Mitglied von De Nederlandse Federatie van Belastingadviseurs oder von De Nederlandse Orde van Belastingadviseurs ist (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. März 1998, BStBl I 1998, 361), etwas anderes gilt, braucht nicht beurteilt zu werden, weil L den bezeichneten Vereinigungen nicht angehört.

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