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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: V B 202/05
Rechtsgebiete: BGB, AO 1977, FGO, UStG 1980


Vorschriften:

BGB § 706
AO 1977 § 176 Abs. 1 Nr. 3
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der H-GmbH (GmbH); deren Gegenstand war die Verwaltung von Betriebs- und Grundstücksvermögen. Die GmbH war im Streitjahr 1996 geschäftsführende Gesellschafterin der H-Nachlass-GbR (GbR), an der fünf weitere natürliche Personen beteiligt waren. Anders als die übrigen Gesellschafter war die GmbH am Gesellschaftsvermögen der GbR nicht beteiligt. Ihr Gesellschafterbeitrag bestand in der Vertretung und Geschäftsführung der GbR. Die GmbH erhielt einen Vorabgewinn von 3 000 DM sowie einen Anteil von 0,5 % am laufenden Gewinn der Gesellschaft. An einem Verlust war sie nicht beteiligt. Als weitere "Gesellschaftseinlage" neben der Übernahme der Vertretung und Geschäftsführung für die GbR war vereinbart (§ 2, 1a), dass die GmbH sämtliche zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundbesitzes der Gesellschaft erforderlichen Leistungen (u.a. kaufmännische und technische Betreuung des Grundbesitzes) erbringt. Die GmbH sollte die laufenden Aufwendungen ersetzt bekommen, die ihr durch die Geschäftsführertätigkeit für die Gesellschaft erwachsen sowie den dem Umfang der Tätigkeit für die GbR entsprechenden Teil der Vergütungen, die sie selbst ihren Geschäftsführern schuldete. Für die Übernahme der Geschäftsführung und ihre weitere Einlage nach § 2 (1a) des Vertrages erhielt die GmbH einen Anteil von 12,5 % "zu Lasten des nachfolgend zu verteilenden Ergebnisses der Gesellschaft aus der Bewirtschaftung des Grundbesitzes vor Berücksichtigung der Instandhaltungskosten, des Zinsaufwandes und der Abschreibungen".

Die GmbH beurteilte die Vermögensverwaltung der GbR als nicht umsatzsteuerbaren Gesellschafterbeitrag und ließ deshalb den hierfür vereinnahmten Betrag in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1996 unberücksichtigt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) vertrat dagegen die Auffassung, es sei zu unterscheiden zwischen Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt würden, und solchen, die als Gesellschafterbeitrag i.S. des § 706 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien und die durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten würden. Die --gegen Sonderentgelt übernommene-- Verwaltung des der GbR gehörenden Grundbesitzes sei nicht unmittelbar dem Bereich der Geschäftsführung zuzuordnen.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bestätigte unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Juni 2002 V R 43/01 (BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36) das FA; entscheidend sei allein, ob es sich um Leistungen handele, die als Gesellschafterbeitrag durch Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die --wie hier die der GmbH-- gegen (Sonder-)Entgelt übernommen worden seien.

§ 176 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) stehe der Änderung des Umsatzsteuerbescheids für das Streitjahr 1996 nicht entgegen; zwar habe der BFH bis zum Urteil in BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36 zwischen nichtsteuerbarem Gesellschafterbeitrag und steuerbarem Leistungsaustausch unterschieden; bereits im Urteil vom 5. Mai 1994 V R 76/92 (BFH/NV 1995, 156) habe der BFH jedoch klargestellt, nur bei Geschäftsführungstätigkeiten, die ausschließlich von den Gesellschaftern selbst und nicht von Dritten ausgeführt werden könnten, handele es sich um einen nichtsteuerbaren Gesellschafterbeitrag. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor.

Das FG ließ die Revision nicht zu. Hiergegen richtet sich die auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützte Beschwerde.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin rügt zu Unrecht, das FG sei von den BFH-Urteilen in BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36 und vom 17. Juli 1980 V R 5/72 (BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622) abgewichen. Sie meint, im Urteil in BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622 habe der BFH entschieden, die Führung der Geschäfte einer Personengesellschaft sowie deren Vertretung durch eine GmbH, welche ihre einzige geschäftsführende persönlich handelnde Gesellschafterin sei, sei unabhängig davon, ob eine gewinnabhängige oder gewinnunabhängige Geschäftsführungsvergütung oder nichts bezahlt werde, keine gegenüber einer anderen Person erbrachte Leistung. Von dieser Entscheidung habe sich der BFH erstmals im Urteil in BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36 distanziert. Das FG gehe aber von den Grundsätzen des Urteils in BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36 aus. Dies sei zugleich ein schwerer Rechtsanwendungsfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

Die Rüge ist unbegründet. Maßgebend für das Vorliegen einer Divergenz ist stets der Stand der BFH-Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zulassung. Frühere Entscheidungen, die durch die neuere Rechtsprechung überholt sind, können nicht zur Begründung einer Divergenz herangezogen werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 16. Oktober 2000 VIII B 18/99, BFH/NV 2001, 438; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 115 FGO Rz. 188, m.w.N.). Danach kann die Divergenzrüge der Klägerin schon deswegen nicht erfolgreich sein, weil der entscheidungserhebliche Rechtssatz im Urteil in BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622 durch das Senatsurteil in BFHE 199, 49, BStBl II 2003, 36 überholt ist.

2. Die Klägerin rügt, das FG weiche --soweit es für die Prüfung der Frage, ob die Änderungssperre des § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 eingreife, auf den Stand der Rechtsprechung im Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen, geänderten Umsatzsteuerbescheides für 1996 ankomme-- von der im Zeitpunkt des Erlasses dieses Umsatzsteuerbescheides geltenden Rechtsprechung ab. Das trifft nicht zu.

Bereits vor Ergehen des ursprünglichen Umsatzsteuerbescheides für 1996 hat der erkennende Senat im Urteil vom 8. November 1995 V R 8/94 (BFHE 179, 186, BStBl II 1996, 176, unter II.1., m.w.N.) entschieden, Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft könnten ihren Grund entweder im gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis oder in einem gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnis haben; die umsatzsteuerrechtliche Behandlung richte sich danach, ob es sich um Leistungen handele, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet seien, oder um Leistungen, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden. Steuerbare entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 seien gegeben, wenn sie auf konkreten Leistungsbeziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft beruhten und auf den Austausch der Leistungen des Gesellschafters gegen Entgelt gerichtet seien. Die Entscheidung in BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622 betreffe ausschließlich Geschäftsführungstätigkeiten, die nur von den Gesellschaftern selbst und nicht von Dritten ausgeführt werden können.

Von diesen Grundsätzen ist das FG bei seiner Entscheidung ausgegangen; es hat die gesondert berechneten Leistungen als Leistungen beurteilt, die nicht nur von den Gesellschaftern selbst und nicht von Dritten ausgeführt werden könnten. Ob es diese Grundsätze auf den Streitfall --wie die Klägerin meint-- nicht zutreffend angewandt hat, ist für die Beurteilung der Abweichung unerheblich.

3. Die Klägerin rügt zu Unrecht, das FG weiche von den BFH-Urteilen in BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622 und vom 17. Juli 1980 V R 5/72 (BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622) ab; denn das FG geht ausdrücklich davon aus, dass die GmbH neben ihrem Gewinnanteil eine Vergütung erhalten hat, die kein Gewinnanteil ist. Dass dies, wie die Klägerin im Ergebnis letztlich meint, unzutreffend sei, rechtfertigt keine Zulassung der Revision, wenn nicht zugleich einer der Revisionsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Auch hat weder das FG einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt "nur Tätigkeiten, bei denen sich der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht vertreten lassen kann, stellen nicht steuerbare Geschäftsführungstätigkeiten dar", noch hat der BFH im Urteil in BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622 den Rechtssatz formuliert: "Nur fremdüblich erbrachte Leiistungen sind Sonderentgelte."

Ende der Entscheidung

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