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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: V B 29/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhob nach Durchführung des Einspruchsverfahrens Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid für 1998. Streitig war u.a., ob die Klägerin Vorsteuerbeträge aus Rechnungen abziehen konnte, die im Jahr 1997 ausgestellt wurden, die die Klägerin aber erst im Jahr 1998 erhalten haben will.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) vom 6. Oktober 2005 verzichteten die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung und erklärten übereinstimmend, dass sie mit der Entscheidung des Berichterstatters als Einzelrichter einverstanden seien.

Am 9. Januar 2006 ging beim FG ein Schriftsatz des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) vom 6. Januar 2006 als Erwiderung auf ein Schreiben der Klägerin vom 29. November 2005 ein. Diesen Schriftsatz des FA leitete das FG der Klägerin am 11. Januar 2006 zu.

Das FG wies die Klage mit Urteil vom 11. Januar 2006 durch den Berichterstatter als Einzelrichter ab.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen nicht vor.

1. Das FG hat seine Sachaufklärungspflicht nicht verletzt. Nach Ansicht der Klägerin hätte das Gericht den in ihrem Schriftsatz vom 30. Mai 2005 angebotenen Zeugen vernehmen müssen; dies hätte nach Auffassung der Klägerin zu dem Ergebnis geführt, dass die in 1997 ausgestellten Rechnungen ihr erst im Januar 1998 zugegangen seien, weil vorher kein Briefkasten vorhanden gewesen sei und die Klägerin im Dezember 1997 Betriebsferien gehabt habe.

Betriebsferien haben aber keinen Einfluss auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Klägerin an den in ihren Machtbereich gelangten Schriftstücken (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. November 2005 I R 111/04, BFHE 211, 392, BStBl II 2006, 219 zum Zugang von Postsendungen). Diese Tatsache war daher nicht entscheidungserheblich und das FG musste insoweit keinen Beweis erheben. Ferner hat das FG zu Recht unterlassen, den angebotenen Zeugen darüber zu vernehmen, ob überhaupt ein Briefkasten vorhanden war. Denn eine entsprechende Behauptung stellte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 30. Mai 2005, in dem der Beweisantritt erfolgte, nicht auf.

2. Soweit die Klägerin Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, entspricht die Beschwerdebegründung nicht dem Gesetz (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr sei das rechtliche Gehör dadurch verwehrt worden, dass ihr der Schriftsatz des FA vom 6. Januar 2006 erst mit Schreiben des FG vom 11. Januar 2006 (dem Tag des Urteils) übersandt worden sei. Sie habe also keine Möglichkeit gehabt, darauf zu antworten.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen äußern sowie in rechtlicher Hinsicht alles vortragen zu können, was sie für wesentlich halten (ständige Rechtsprechung, vgl. Nachweise in Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a).

Die Klägerin hätte somit darlegen müssen, dass der Schriftsatz des FA vom 6. Januar 2006 entscheidungserheblichen Inhalt hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Mai 2005 VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496, unter II.2.c). Hieran fehlt es im Streitfall.

3. Die Klägerin rügt ferner ohne Erfolg, sie sei ihrem gesetzlichen Richter durch die Entscheidung des Einzelrichters entzogen worden, weil sie mit Schriftsatz vom 29. November 2005 ihr Einverständnis hierzu widerrufen hatte.

Ob das in der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2005 erklärte Einverständnis der Beteiligten mit der Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 79a Abs. 3, 4 FGO) als Prozesserklärung unwiderruflich ist oder widerrufen werden kann, wenn sich bei objektiver Betrachtung die Prozesslage nachträglich wesentlich geändert hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. Juli 2003 IX B 34/03, BFHE 202, 408, BStBl II 2003, 858; vom 26. April 2005 VII B 83/04, BFH/NV 2005, 1592, jeweils m.w.N.), kann der Senat hier offenlassen. Denn jedenfalls hat die Klägerin nicht dargetan, dass sich die Prozesslage zum Zeitpunkt des von der Klägerin behaupteten Widerrufs wesentlich geändert hätte.

Ende der Entscheidung

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