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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.04.2001
Aktenzeichen: V B 34/00
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 3a Abs. 2
UStG § 3a Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115
FGO § 115 Abs. 2 a.F.
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine im Inland ansässige GmbH, führt Personen- und Gütertransporte durch. Daneben ist Geschäftsgegenstand die Vercharterung von Hubschraubern sowie die damit verbundenen Tätigkeiten.

1994 vereinbarte sie mit der Bundesanstalt für ... die Überlassung von zwei Hubschraubern sowie zwei Piloten und einem Mechaniker für eine ...expedition. Die Klägerin ist --entgegen der Auffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) bei der Umsatzsteuerfestsetzung für 1994-- der Auffassung, sie habe diese Leistungen nicht im Inland, sondern im Ausland erbracht, weil vereinbarungsgemäß die Leistungen zur Unterstützung geologischer Geländeerkundungsarbeiten und damit "im Zusammenhang mit einem Grundstück" i.S. des § 3a Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ausgeführt worden seien.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab, mit der Begründung, die Klägerin habe lediglich die Überlassung von zwei Hubschraubern mit dem nötigen Personal geschuldet. Tätigkeiten, die nur mittelbar ein Grundstück beträfen oder lediglich Folge einer Grundstücksnutzung seien, seien nicht von § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG erfasst. Die Leistungen seien auch nicht als mit wissenschaftlichen Dienstleistungen zusammenhängende Tätigkeiten i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c 1. Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) zu beurteilen. Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass der Sitz des Dienstleisters Leistungsort sei, gelte nur für bestimmte Dienstleistungen und --wie im Fall des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c 1. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG-- für die mit diesen Dienstleistungen zusammenhängenden Tätigkeiten. Voraussetzung sei deshalb, dass die wissenschaftliche Tätigkeit selbst eine Dienstleistung sei. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht erfüllt.

Der Bundesanstalt für ... obliege die Erforschung der ...gebiete als originäre Aufgabe, die sie ausschließlich mit Haushaltsmitteln erfülle. Die ...expedition, zu deren Durchführung die Bundesanstalt die Leistungen der Klägerin in Anspruch genommen habe, führe sie aus eigener Veranlassung, nicht als Auftragsforschung gegen Bezahlung im Auftrag eines Dritten durch. Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sei aber eine Sonderregelung für Dienstleistungen, die zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbracht werden und deren Kosten in den Preis der Ware eingehen (Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 26. September 1996 Rs. C-327/94, --Dudda--, Slg. I 1996, 4597, BStBl II 1998, 313). Davon könne bei der originären Forschungstätigkeit der Bundesanstalt im Streitfall keine Rede sein.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

Das FG tritt der Beschwerde entgegen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich nach § 115 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor dem Zweiten Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757), weil die angefochtene Entscheidung des FG vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden ist (Art. 4 2.FGOÄndG).

Nach § 115 Abs. 2 FGO a.F. ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), das Urteil des FG von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) oder die angegriffene Entscheidung auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann ( § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift --oder in einem innerhalb der Beschwerdefrist einzureichenden ergänzenden Schriftsatz-- muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt, oder die Entscheidung des BFH, von der das FG abgewichen sein soll, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.

1. Die Klägerin hält die Rechtssache für grundsätzlich bedeutend, weil bisher noch keine Entscheidung des BFH vorliege zur Rechtsfrage, wann eine Leistung zur Unterstützung von Geländearbeiten "im Zusammenhang mit einem Grundstück" i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG erbracht werde. Auch habe der BFH bisher noch keine Gelegenheit gehabt, sich mit dem Begriff der mit den wissenschaftlichen Dienstleistungen i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c 1. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG zusammenhängenden Dienstleistungen auseinander zu setzen.

Allein mit dem nicht weiter substantiierten Hinweis darauf, eine Rechtsfrage sei höchstrichterlich noch nicht geklärt und die Entscheidung sei für eine größere Zahl von Fällen von Bedeutung, ist die grundsätzliche Bedeutung nach ständiger Rechtsprechung nicht schon dargelegt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. Oktober 1994 V B 40/94, BFH/NV 1995, 610; vom 29. September 1999 II B 8/99, BFH/NV 2000, 340). Die Klägerin wendet sich letztlich nur gegen die Entscheidung des FG im konkreten Fall. Dass sie diese für unzutreffend hält, rechtfertigt allein nicht die Zulassung der Revision. Ausführungen dazu, welche Dienstleistungen konkret erbracht wurden und welche Tatbestandsmerkmale --insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG-- auslegungsbedürftig sind, fehlen.

2. Die Nichtvorlage einer Rechtsfrage an den EuGH durch das FG ist kein Verfahrensmangel.

Das FG war als Instanzgericht nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 1996 VII B 169/95, BFH/NV 1996, 652; vom 3. Februar 1987 VII B 129/86, BFHE 148, 489, bestätigt durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 3. Oktober 1989 2 BvR 440/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1990, 446).

3. Eine Zulassung der Revision ist auch nicht allein deshalb geboten, um eine Vorlage an den EuGH zu ermöglichen. Voraussetzung für die Zulassung wäre auch hier zunächst, dass die Klägerin darlegt, dass sich in einem künftigen Revisionsverfahren voraussichtlich die Notwendigkeit ergeben wird, die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 27. September 1993 2 BvR 829/91, HFR 1994, 348, und vom 31. Mai 1990 2 BvL 12, 13/88, BVerfGE 82, 159) und dann die vom Rechtsmittelgericht zu treffende Entscheidung, dass die Vorlage einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage unter Berücksichtigung der ergangenen Rechtsprechung des EuGH geboten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 11. März 1998 X B 49/97, BFH/NV 1998, 1091; BVerfG-Beschluss vom 16. Dezember 1993 2 BvR 1725/88, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1994, 2017).

Zur Darlegung der Notwendigkeit einer Vorabentscheidung des EuGH trägt die Klägerin lediglich vor, der EuGH habe sich in seinem Urteil in Slg. I 1996, 4597, BStBl II 1998, 313 nur zu den mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Kultur und der Künste zusammenhängenden Tätigkeiten befasst, während im Streitfall der Zusammenhang mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Wissenschaft entscheidungserheblich sei.

Mit der nicht weiter begründeten Behauptung, grundsätzliche Bedeutung habe die Auslegung eines bestimmten Tatbestandsmerkmals, genügt die Klägerin dem Darlegungserfordernis des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO jedoch nicht. Die zitierte Entscheidung des EuGH befasst sich im Übrigen mit der Auslegung des Begriffs "zusammenhängend" in Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG und mit dem Verhältnis zwischen den Abs. 1 und 2 des Art. 9. Der EuGH führt dazu aus, durch die Bestimmungen in den Abs. 1 und 2 des Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG sollten Kompetenzüberschneidungen, die zu einer Doppelbesteuerung oder Nichterfassung der Leistungen führen könnten, verhindert werden. Der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 sei unter Berücksichtigung seines Zwecks zu bestimmen, dass für bestimmte zwischen Mehrwertsteuerpflichtigen erbrachte Dienstleistungen, deren Kosten in den Preis der Waren eingehen, als Leistungsort das Land des Dienstleistungsempfängers gelten solle (so zuletzt auch EuGH-Urteil vom 15. März 2000 Rs. C-108/00, SPI, noch nicht veröffentlicht). Deshalb seien alle Leistungen als mit einer Tätigkeit i.S. des Art. 9 Abs. 2 Buchst. c zusammenhängende Dienstleistungen anzusehen, die zwar selbst keine solche Tätigkeit darstellen, aber für die Ausübung der in Art. 9 Abs. 2 bezeichneten Dienstleistungen unerlässlich seien. Die Klägerin hätte deshalb darlegen müssen, weshalb eine weitere Klärung durch den EuGH erforderlich erscheint. Im Übrigen fehlen Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit der von der Klägerin als grundsätzlich beurteilten Rechtsfrage.



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