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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.12.2007
Aktenzeichen: V B 40/06
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 76
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
AO § 126
AO § 166
AO § 219
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist als Rechtsanwalt tätig und seit Mai 1996 alleiniger Liquidator der D-GmbH. Nach einem schriftlichen Hinweis über die mögliche Inanspruchnahme als Haftungsschuldner erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) am 25. Juni 1997 gegen den Kläger einen Haftungsbescheid für Steuerschulden der D-GmbH.

Eine von der D-GmbH erhobene Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1990 bis 1992 und 1994 wurde abgewiesen.

In der Einspruchsentscheidung vom 12. September 2003 beschränkte das FA die Haftungssumme auf ... €, wies den Einspruch des Klägers im Übrigen aber als unbegründet zurück.

Der Kläger erhob Klage zum Finanzgericht (FG). Im Klageverfahren nahm das FA den Haftungsbescheid hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1995 nebst zugehöriger Säumniszuschläge zurück, worauf die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärten.

Hinsichtlich der im Übrigen fortbestehenden Haftung für Umsatzsteuer 1994 wies das FG die Klage ab.

Der Kläger stützt seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision darauf, dass das FG mehrere Verfahrensgrundsätze nicht beachtet und dabei insbesondere die Verpflichtung nach § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Prüfung des Sachverhalts vom Amts wegen verletzt habe. Das FG habe den Vortrag des Klägers nicht berücksichtigt, dass die kurz vor Erlass des Haftungsbescheids gegenüber der D-GmbH erlassenen Schätzungsbescheide rechtswidrig gewesen seien, ein Klageverfahren gegen diese Schätzungsbescheide aufgrund einer Klagerücknahme 1997 zwar erfolglos gewesen sei, jedoch 1998 neue Steuerbescheide ergangen seien, die entweder keine oder zumindest geringere Steuerfestsetzungen erhalten hätten, vor Erlass des Haftungsbescheides weder ein Vollstreckungsversuch bei der D-GmbH unternommen worden sei noch der Kläger ordnungsgemäß angehört worden sei und die dem Haftungsbescheid zugrunde liegende Erstschuld der D-GmbH durch Verrechnung mit einem rechtskräftig festgestellten Umsatzsteuerguthaben der D-GmbH aus 1996 hätte getilgt werden können. Das FG habe insoweit die gebotene Sachaufklärung durch Beiziehung der Steuerakten der D-GmbH unterlassen, obwohl dies der Kläger beantragt habe.

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Die Zuständigkeit des erkennenden Senats ergibt sich aus Teil A, V. Senat, des Geschäftsverteilungsplans des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Jahr 2006. Die vorrangige Zuständigkeit des VII. Senats nach Teil A, VII. Senat, Nr. 3 Buchst. b des Geschäftsverteilungsplans greift nicht ein, weil im Streitfall Grund und Höhe der Steuer streitig sind.

2. Soweit der Kläger seine Beschwerde darauf stützt,

- dass die kurz vor Erlass des Haftungsbescheides gegen die Primärschuldnerin ergangenen Schätzungsbescheide rechtswidrig gewesen seien,

- dass diese Schätzungsbescheide 1998 durch neue Steuerbescheide, die entweder keine oder jedenfalls weit geringere Steuern festgesetzt hätten, ersetzt worden seien,

- dass vor Erlass des Haftungsbescheides kein Vollstreckungsversuch bei der Steuerschuldnerin unternommen worden sei und

- dass die möglicherweise aufgrund der neuen Bescheide noch geschuldete Umsatzsteuer durch Verrechnung hätte getilgt werden können,

kann die Beschwerde keinen Erfolg haben, da mit Einwendungen gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung kein Grund für die Zulassung der Revision geltend gemacht wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Entscheidung vom 28. Juni 2007 V B 95/06, BFH/NV 2007, 2122). Dies gilt insbesondere für die Frage, ob der Haftungsbescheid aufgrund einer Verletzung des Grundsatzes der Akzessorietät der Haftung oder aufgrund eines Verstoßes gegen § 219 der Abgabenordnung (AO) rechtswidrig ist. Darüber hinaus sind Einwendungen hinsichtlich der Höhe der Erstschuld der D-GmbH, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, aufgrund der Stellung des Klägers als Liquidator der D-GmbH nach § 166 AO unerheblich. Auf die weiteren Einwendungen der Beschwerde gegen die vom FG angenommene Bestandskraft der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerbescheide kommt es daher nicht an.

3. Der vom Kläger darüber hinaus gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegt nicht vor. Zwar kann das FG insbesondere durch eine unterlassene Aktenbeiziehung seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. Mai 2001 III B 50/00, BFH/NV 2001, 1439; vom 6. Mai 1998 II B 109/97, BFH/NV 1998, 1498; vom 21. September 2006 IX B 79/06, BFH/NV 2007, 50). Hinsichtlich dieses verzichtbaren Verfahrensmangels (vgl. dazu Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 101, m.w.N.) verliert ein vor dem FG rechtskundig vertretener Kläger sein Rügerecht aber durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. August 2004 IV B 224/02, BFH/NV 2005, 44, unter 3., und vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist die in Rede stehende Rüge des Klägers, der als Rechtsanwalt seine Vertretung selbst übernommen hatte, schon deswegen unschlüssig, weil er nicht vorgetragen hat und ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 26. Januar 2006 auch nicht vorzutragen vermag, dass er in der mündlichen Verhandlung den Mangel der fehlenden Aktenbeiziehung gerügt hat. Der Kläger hat auch nicht ausgeführt, aus welchen Gründen er an einer solchen Rüge gehindert gewesen sei.

Im Übrigen hatte das FA nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG den Erlass des Haftungsbescheids gegenüber dem Kläger schriftlich angekündigt. Die insoweit durch den Kläger aufgestellte Behauptung einer fehlenden Anhörung vor Erlass des Haftungsbescheides ist danach nicht zutreffend. Der Kläger äußert sich insoweit auch nicht zur Bedeutung von § 126 AO. Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO müssen sich im Übrigen auf das Gerichtsverfahren und nicht auf das Verwaltungsverfahren beziehen.

Ende der Entscheidung

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