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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 01.10.1998
Aktenzeichen: V B 44/98
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 418 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 294
FGO § 142 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) wies Einsprüche des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) in Sachen Umsatzsteuer 1988 bis 1993 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 1995 wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 9. Januar 1996 durch Niederlegung zugestellt.

Am 18. Juni 1997 stellte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) den Antrag, ihm Prozeßkostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren wegen Umsatzsteuer 1988 bis 1993 zu gewähren. Dazu trägt er vor, von der Einspruchsentscheidung erst im Rahmen einer Entscheidung der Oberfinanzdirektion vom 28. Februar 1997 --ihm am 6. März 1997 zugegangen-- erfahren zu haben. Eine Benachrichtigung über die angebliche Niederlegung der Postzustellungsurkunde habe er niemals erhalten. Da er eine Personalwohnung zu dem ebenerdig liegenden Restaurant unter der Adresse A-Straße 2 bewohne und keinen eigenen Briefkasten habe, werde seine Post im Büro des Restaurantmanagers abgegeben.

Das FG lehnte den Antrag auf Gewährung von PKH ab. Das FG verneinte hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung, weil die Klagefrist versäumt sei, ohne daß bislang Klage eingelegt worden sei. Die Klagefrist habe mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung am 9. Januar 1996 zu laufen begonnen. Für fehlerhafte Zustellung der Einspruchsentscheidung spreche keine "gewisse Wahrscheinlichkeit". Der Vortrag des Antragstellers werde dahin verstanden, daß das maßgebende Anwesen überhaupt keinen Briefkasten besitze. Dem stehe aber entgegen, daß der Postzusteller in der Postzustellungsurkunde beurkundet habe, er habe die Sendung --wie bei gewöhnlichen Briefen üblich-- in den Hausbriefkasten eingelegt. Da die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde i.S. von § 418 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) im Regelfall vollen Beweis für die in ihr beurkundeten Tatsachen erbringe, reiche es demgegenüber auch im PKH-Verfahren nicht aus, wenn der Antragsteller das Vorhandensein eines Hausbriefkastens lediglich verneine und dies nicht einmal glaubhaft mache.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, er habe bereits im Entwurf der (dem PKH-Antrag beigefügten) Klageschrift den Restaurantmanager als Zeugen dafür benannt, daß auf dem postüblichen Weg, der auch den Zustellern bekannt sei, keinerlei Niederlegungsbenachrichtigungen oder Zustellungen bezüglich der Einspruchsentscheidung an seine --des Antragstellers-- Adresse erfolgt seien. Auf dieses Beweisangebot sei das FG nicht eingegangen. Zwar sei im PKH-Verfahren Zeugenvernehmung nur in Ausnahmefällen zulässig (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 142 Rdnr. 18). Ein Ausnahmefall dieser Art liege aber vor, wenn sich anders nicht klären lasse, ob die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH vorlägen. Für das vorliegende Verfahren sei allein entscheidend, ob die Zustellung der Einspruchsentscheidung tatsächlich erfolgt sei oder nicht. Er --der Antragsteller-- könne die Tatsache, daß er keine Mitteilung erhalten habe, nicht anders glaubhaft machen, als zu bestreiten, daß er eine Mitteilung bekommen habe. Zur Glaubhaftmachung biete sich darüber hinaus gerade die Vernehmung des angebotenen Zeugen an, der die Post für den Antragsteller entgegengenommen habe. Diesen Vortrag ergänzt der Antragsteller (Schreiben vom 10. Juni 1998) dahingehend, ihm bleibe die einzige Möglichkeit der Zeugenvernehmung gegen die Beweiswirkung der Postzustellungsurkunde. Ihm müsse wenigstens gestattet werden, diesen Beweis zu erbringen.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf PKH für ein Klageverfahren gegen die Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 1995 ist unbegründet.

Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn --neben weiteren Voraussetzungen-- die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung verspricht nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht. Wie der Antragsteller zutreffend selbst vorgetragen hat, kommt in diesem summarischen PKH-Verfahren eine Beweiserhebung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung regelmäßig nicht in Betracht. Das Gericht muß nach Aktenlage darüber befinden, ob eine Wahrscheinlichkeit für eine Beweisführung im Sinn des Antragstellers besteht. Darin liegt keine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung (vgl. auch Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Februar 1997 VII B 201/96, BFH/NV 1997, 610). Das FG hat der Beweiskraft der Zustellungsurkunde, mit der Angabe des Zustellers, die Benachrichtigung über die Niederlegung in den Hausbriefkasten eingelegt zu haben, ausschlaggebendes Gewicht gegenüber dem Vortrag des Antragstellers beigelegt, unter der für ihn geltenden Anschrift sei kein eigener Briefkasten vorhanden, seine Post werde im Büro des Restaurantmanagers abgegeben. Diese Würdigung ist im Rahmen der summarischen Prüfung, die im PKH-Verfahren vorzunehmen ist, nicht zu beanstanden. Daran ändert sich durch den Beschwerdevortrag nichts.

Soweit der Antragsteller erneut ausführt, "daß die Post immer im Büro des Restaurantmanagers abgegeben" und dann an ihn weitergeleitet werde, und dafür den Zeugen Z benennt, reicht das nicht aus, um das Vorliegen des behaupteten Sachverhalts "überwiegend wahrscheinlich" zu machen (glaubhaft machen gemäß § 294 ZPO; vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, § 294 Rn. 1; Gräber/Koch, a.a.O., § 56 Rz. 55) oder zumindest eine "gewisse Wahrscheinlichkeit" für die Beweisführung im Sinne des Antragstellers zu begründen, wie sie für "hinreichende Aussicht auf Erfolg" erforderlich ist (§ 114 ZPO). Bei dem behaupteten ungewöhnlichen Postzustellungsweg hätte es zumindest einer (schriftlichen) Erklärung des Geschehensablaufs durch die benannte Person bedurft, um deren "Briefkastenfunktion" es geht. So bleibt im vorliegenden "summarischen" Verfahren das Vorbringen des Antragstellers eine bloße Parteibehauptung. Hinzu kommt, daß nach dem weiteren Beschwerdevortrag (vom 21. Juli 1998) das Gebäude mit "Hausbriefkasten" in Gestalt lediglich eines Einwurfschlitzes in der Tür der Gebäuderückseite "laufend für 8 Parteien" zugänglich ist. Wenn für diese ebenfalls keine andere Zustellmöglichkeit vorgesehen sein sollte, ist der behauptete "übliche" Zustellweg für den Antragsteller ebenfalls fraglich.

Ende der Entscheidung

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