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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.08.1998
Aktenzeichen: V B 46/98
Rechtsgebiete: UStG 1980/1991, FGO, ZPO


Vorschriften:

UStG 1980/1991 § 4 Nr. 23
UStG 1980/1991 § 2 Nr. 8
UStG 1980/1991 § 4 Nr. 22 Buchst. a
UStG 1980/1991 § 4 Nr. 23
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 u. 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 3 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 160 Abs. 4
ZPO § 160 Abs. 3
ZPO § 164
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein eingetragener Verein, der auf einem eigenen Grundstück in besonderen Gebäuden eine Jugendbildungsstätte und ein Exerzitienhaus mit Gaststätte betrieb. In der Jugendbildungsstätte fanden Glaubensseminare, Besinnungs- und Gemeinschaftstage für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, statt. In dem Exerzitienhaus wurden Veranstaltungen für Erwachsene ab Vollendung des 27. Lebensjahres durchgeführt. Entsprechend den für die Streitjahre 1987 bis 1991 abgegebenen Steuererklärungen beurteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Umsätze aus dem Betrieb der Jugendbildungsstätte als nach § 4 Nr. 23 des Umsatzsteuergesetzes 1980/1991 (im folgenden: UStG) steuerfreie Umsätze und unterwarf die Umsätze aus dem Betrieb der Erwachsenenbildungsstätte dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG. Den Vorsteuerabzug aus Rechnungen für einen Erweiterungsbau der Jugendbildungsstätte und für andere dieses Gebäude betreffende Bauarbeiten ließ das FA nicht zu.

Dagegen wandte sich der Kläger im Einspruchs- und Klageverfahren für die Streitjahre 1987 bis 1991 mit der Begründung, die Umsätze aus allen Bereichen (Jugendbildungsstätte, Exerzitienhaus, Gaststätte) seien zusammenzufassen und insgesamt mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern, weil die an Erwachsene ausgeführten Leistungen --gemessen nach dem Verhältnis der Belegungstage-- überwögen. Der Vorsteuerabzug aus den Sachkosten sei nur nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen Beherbergungs- und Beköstigungsumsätze zu den nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfreien Vortragsleistungen aufzuteilen. Dadurch ergebe sich für die Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über 1986 bezogene Bauleistungen eine Änderung der Verhältnisse von mehr als 10 v.H., so daß eine Vorsteuerberichtigung eingetreten sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es legte zur Begründung dar, ein Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Vorbezüge für die Jugendbildungsstätte sei ausgeschlossen, weil der Kläger diese Leistungen ausschließlich für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 23 UStG verwendet habe. Die Jugendbildungsstätte sei eine im Sinne der Steuerbefreiungsvorschrift selbständige Einrichtung, weil der Kläger --wie sein Vertreter in der mündlichen Verhandlung auf Befragen erklärt habe-- sie organisatorisch und buchhalterisch getrennt von anderen Bereichen geführt habe.

Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen eines Verfahrensfehlers durch mangelhafte Sachaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat Zulassungsgründe in der dafür gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) innerhalb der dafür bestimmten Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht dargelegt und nicht bezeichnet.

Gründe, die nach Ablauf der Frist geltend gemacht werden, dürfen bei der Prüfung der Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht berücksichtigt werden (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Januar 1989 V B 4/88, BFH/NV 1989, 791; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 115 FGO, Tz. 87). Eine am Fristende fehlende Darlegung i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO kann später nicht mit der Wirkung nachgeholt werden, daß die Unzulässigkeit der Beschwerde nachträglich entfällt. Somit sind die Ausführungen des Klägers in den Schriftsätzen vom 12. Mai 1998 und vom 23. Juni 1998 nicht zu berücksichtigen, weil die Begründungsfrist am 3. April 1998 abgelaufen war.

a) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat der Kläger in der rechtzeitig am 30. März 1998 eingegangenen Beschwerdebegründung nicht dargelegt.

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, daß der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte --abstrakte-- klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muß darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit), daß dem Revisionsgericht eine Klärung möglich ist (Klärbarkeit) und daß eine nicht nur an den Besonderheiten des Streitfalls orientierte Rechtsfrage gegeben ist.

Diesen formellen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. In der Beschwerdebegründung hat der Kläger keine abstrakte klärungsbedürftige Rechtsfrage hervorgehoben. Er hat lediglich zum Ausdruck gebracht, daß er die Vorentscheidung für falsch hält und daß die Rechtssache seiner Ansicht nach grundsätzliche Bedeutung habe.

b) Soweit der Kläger sich auf die Unrichtigkeit des Inhalts der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem FG beruft, genügt die Beschwerde ebenfalls nicht den Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562).

Hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG Tatsachenbehauptungen widersprochen und einen Beweisantrag gestellt (z.B. daß seine Tätigkeit, anders als bisher angenommen, organisiert worden ist und daß die Bücher, anders als bisher dargestellt, geführt worden sind), der nicht in das Sitzungsprotokoll aufgenommen wurde, hat er die Möglichkeit, die Aufnahme seines Beweisantrages in das Protokoll noch während der mündlichen Verhandlung zu beantragen (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 der Zivilprozeßordnung --ZPO--). Sieht das FG davon ab, den Beweisantrag zu protokollieren, muß es diesen Beschluß in die Niederschrift aufnehmen (§ 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4 Satz 3 ZPO). Protokolliert das FG auch die Aufnahme der Ablehnung nicht, den Beweisantrag in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen, hat der davon betroffene Kläger auch noch nach der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit (§ 94 FGO i.V.m. § 164 ZPO), die Berichtigung des Protokolls zu beantragen. In der Beschwerdebegründung ist vorzutragen, daß er von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Die Beschwerdeschrift des Klägers erfüllt diese Anforderungen nicht.

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