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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: V B 55/00
Rechtsgebiete: UStG, FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

UStG § 15
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) unterhielt im Streitjahr als Einzelunternehmer ein ...einzelhandelsgeschäft. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) schätzte mit Bescheid vom 1. November 1993 die Umsatzsteuer für 1991 auf 2 648 DM, weil der Kläger trotz Aufforderung keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte. Bei der Schätzung berücksichtigte das FA einen Unsicherheitszuschlag von rd. 22 v.H. auf die in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärten Umsätze in Höhe von 44 754 DM und übernahm die in den Voranmeldungen angegebenen Vorsteuerbeträge von 5 086,50 DM. Eine Änderung des Bescheides aufgrund der am 4. März 1994 eingegangenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 1991 lehnte das FA mit der Begründung ab, der Schätzungsbescheid sei bestandskräftig und die Voraussetzungen für eine Änderung lägen nicht vor. Mit der Klage machte der Kläger geltend, der Schätzungsbescheid sei wegen grober Schätzungsfehler nichtig; er sei deshalb aufzuheben, hilfsweise entsprechend der abgegebenen Steuererklärung zu ändern.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein grober Schätzungsfehler liege nicht vor, wenn das FA die Umsätze ausgehend von den Voranmeldungen zuzüglich eines Unsicherheitszuschlages von rd. 22 v.H. geschätzt habe. Offen bleiben könne, ob wegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Vorsteuerbeträge überhaupt geschätzt werden dürften. Jedenfalls sei im Streitfall die an den eigenen Angaben des Steuerpflichtigen orientierte Vorsteuerschätzung kein grober Schätzungsfehler.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der Kläger einen Zulassungsgrund nicht i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat.

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer u.a. die Klärungsbedürftigkeit einer konkreten, entscheidungserheblichen, über sein individuelles Interesse am Ausgang des Verfahrens hinausreichende Rechtsfrage aufzeigen (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. November 1998 VIII B 101/97, BFH/NV 1999, 650, m.w.N.). Angesichts der umfangreichen Rechtsprechung zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen (§ 162 der Abgabenordnung --AO 1977-- bzw. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) und der damit zusammenhängenden Rechtsfragen hätte sich der Kläger eingehend mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur auseinander setzen müssen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. Juni 1998 V B 77/97, BFH/NV 1998, 1385, und vom 21. Mai 1999 X B 4-6/99, BFH/NV 1999, 1582). Diesen Anforderungen genügt der Kläger nicht, der zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung vorträgt, eine Schätzung dürfe keine "erheblich höhere Steuerzahlung auslösen, als die tatsächliche Steuerpflicht bei abgegebener Erklärung betragen würde" und behauptet, hier sei "bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt" worden.

2. Um eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO schlüssig darzulegen, muss die Beschwerdebegründung einen abstrakten Rechtssatz wiedergeben, der in einer zu zitierenden Entscheidung des BFH enthalten ist. Dem muss ein anderer Rechtssatz gegenüber gestellt werden, der sich aus der Vorentscheidung ergibt und der von dem erstgenannten abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juli 1997 I B 130/96, BFH/NV 1998, 323).

Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdeschrift nicht. Der Kläger zitiert zwar zwei Rechtssätze aus BFH-Urteilen. Im Übrigen legt er aber lediglich seine Auffassung dar, das FG habe den Sachverhalt ungenügend gewürdigt und bei der Hinzuschätzung Besonderheiten von Franchiseverträgen nicht hinreichend berücksichtigt. Damit wendet sich der Kläger gegen die --seiner Auffassung nach-- unzureichende tatsächliche Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes durch das FG, stellt aber keine divergierenden Rechtssätze aus der Vorentscheidung --jedenfalls nicht mit der erforderlichen Klarheit-- gegenüber.

Eine die Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rechtfertigende Abweichung liegt nicht vor, wenn das FG erkennbar von der Rechtsprechung des BFH ausgeht und diese --wie der Kläger meint-- fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalles anwendet (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 17, m.w.N.).

Das FG hat die Frage, ob Vorsteuerbeträge geschätzt werden dürfen, ausdrücklich offen gelassen; diese Frage war deshalb nach der insoweit maßgeblichen (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 21, m.w.N.) Rechtsauffassung des FG nicht entscheidungserheblich.

3. Als Verfahrensfehler rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung.

Hierzu bedarf es der Darlegung der ermittlungsbedürftigen Tatsachen, der angebotenen Beweismittel und der dazugehörigen Beweisthemen, der genauen Fundstellen, in denen die Beweismittel oder Beweisthemen angeführt worden sind und des voraussichtlichen Ergebnisses der Beweisaufnahme. Ferner ist aufzuführen, inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme bzw. Anhörung beruhen kann und dass die Nichterhebung von Beweisen vor dem FG rechtzeitig gerügt wurde oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr gerügt werden konnte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom 29. Oktober 1997 II B 117/96, BFH/NV 1998, 597), oder, weshalb das FG von sich aus den Sachverhalt weiter hätte ermitteln müssen. Daran fehlt es im Streitfall. Seine Ausführungen, das FG sei von einer zu geringen Beschwer des Klägers ausgegangen, es habe deshalb dem Rechtsstreit zu geringe Bedeutung beigemessen, es habe nicht die "wirtschaftliche Wirkung von Vorsteuer zu Umsatzsteuer erkannt" und sich im Übrigen auf einen Kommentar gestützt, der zu Unrecht die Zulässigkeit der Schätzung von Vorsteuern bezweifle, betreffen nicht die fehlerhafte Anwendung der die Durchführung des Verfahrens betreffenden Normen; soweit der Kläger meint, das FG habe bei seiner Sachverhaltswürdigung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, handelt es sich um einen materiell-rechtlichen Fehler, der keine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO rechtfertigt (vgl. z.B. Rechtsprechungsnachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 29).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

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