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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.08.2002
Aktenzeichen: V B 90/01
Rechtsgebiete: UStG, FGO


Vorschriften:

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 9
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH mit dem Zweck, ein Freizeit- und Fitness-Center zu betreiben, begehrte u.a. den Vorsteuerabzug in Höhe von 98 400 DM aus einer Rechnung der X-GmbH. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hatte den Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuerfestsetzung für 1995 nicht zugelassen, weil die Klägerin die berechneten Leistungen, u.a. die Installation einer Heizungs-, Lüftungs- und Kälteanlage, nicht bezogen habe. Leistungsempfänger seien Y und Z gewesen, die den Auftrag erteilt hätten.

Y und Z waren Gesellschafter der Klägerin und konnten sie vertreten. Y hatte der Klägerin das Grundstück und das Gebäude für das Freizeit- und Fitness-Center verpachtet. Einbauten für das Freizeit- und Fitness-Center sollte die Klägerin übernehmen, darunter auch die erwähnte Installation einer Heizungs-, Lüftungs- und Kälteanlage. Den Auftrag dafür hatte R erteilt und die Einverständniserklärung zur Auftragsannahme hatten R und S unterzeichnet. An Y und Z hatte die X-GmbH unter dem 1. September 1995 die Rechnung gerichtet.

Sie teilte den Rechnungsbetrag auf Veranlassung von Z später auf und berechnete der Klägerin mit Rechnung unter dem 6. Oktober 1995 insgesamt 754 400 DM (656 000 DM und 98 400 DM Umsatzsteuer). Anders als das FA war die Klägerin der Auffassung, dass Y und Z den Auftrag für die Arbeiten in ihrem, der Klägerin, Namen erteilt hätten, so dass die Arbeiten für sie erbracht worden seien.

Außerdem griff die Klägerin die Besteuerung der in dem Freizeit- und Fitness-Center erbrachten Leistungen mit dem allgemeinen Steuersatz an. Die Klägerin begehrte für die Saunaleistungen den ermäßigten Steuersatz. Das FA hatte einheitliche mangels objektiver Anhaltspunkte nicht aufteilbare Leistungen der Klägerin in dem Freizeit- und Fitness-Center angenommen. Den Umfang der Saunaleistungen hatte die Klägerin auf 40 v.H. der Bruttoumsätze aus dem Bereich Squash/Badminton geschätzt.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung der Klageabweisung u.a. aus, es sei unklar, ob die Klägerin im Streitjahr 1995 schon im Besitz der Rechnung, aus der sie den Vorsteuerabzug ableite, gewesen sei. Das Rechnungsdatum allein beweise dies nicht. Im Streitfall seien gewichtige Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Rechnung erst im Jahr 1996 ausgestellt worden sei. Unabhängig davon sei der Vorsteuerabzug auch deswegen nicht zugelassen, weil die Klägerin nach den objektiven Gesamtumständen nicht Empfängerin der berechneten Leistungen gewesen sei. Dies seien Y als Gebäudeeigentümer und Z als Geldgeber gewesen. Die Auftragsannahmebestätigung sei ausschließlich an Y gerichtet und von Y und Z ohne jeglichen Hinweis auf eine Vertretung für die Klägerin unterzeichnet worden. Die X-GmbH habe Y und Z und nicht die Klägerin als ihre Auftraggeber angesehen.

Der allgemeine Steuersatz sei für die Leistungen der Klägerin in dem Fitness-Center deshalb anzusetzen, weil sie eine einheitliche Leistung angeboten habe, keine auf die Benutzung der Sauna trennbaren Umsätze ersichtlich seien und eine rechnerische Trennung für die Annahme eines ermäßigten Steuersatzes nicht ausreiche.

Mit der Beschwerde beantragt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache, wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und wegen Verfahrensfehlern.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sind nicht vorhanden.

1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO

a) Nach ständiger Rechtsprechung hat eine Sache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muss in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar sein (Beschlüsse des BFH vom 25. Juli 2000 XI B 122/99, BFH/NV 2000, 1495; vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51).

b) Im Streitfall sind die von der Klägerin hervorgehobenen Rechtsfragen bei einer Zulassung der Revision --soweit sie die Rechnung betreffen-- nicht klärbar, weil die Vorentscheidung aus anderen Gründen bestätigt werden kann. Soweit die Rechtsfragen den Steuersatz betreffen, sind sie nicht klärungsbedürftig, weil sie geklärt sind.

aa) Die Klägerin hält eine Klärung der Rechtsfrage --sinngemäß-- für erforderlich, ob nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins angenommen werden müsse, dass die Rechnung dem Rechnungsempfänger in dem Besteuerungszeitraum vorgelegen habe, der auf der Rechnung als Rechnungsdatum genannt sei. Außerdem sei zu entscheiden, ob für den Vorsteuerabzug der Zeitpunkt der Leistung und nicht der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung maßgebend sei.

Beide Rechtsfragen stellen sich in der angestrebten Revisionsentscheidung nicht, weil das FG --ohne dass dagegen zulässige Verfahrensrügen erhoben worden sind-- davon ausgegangen ist, dass die berechneten Leistungen nicht an die Klägerin ausgeführt worden sind. Deswegen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht zugelassen worden. Auf die Rechnung und die damit aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es unter diesen Umständen nicht an.

Die nach Ablauf der Begründungsfrist in dem Schriftsatz vom 29. Mai 2002 enthaltenen Ausführungen zur Frage, wer im Streitfall als Leistungsempfänger anzusehen sei, erfüllen nicht die Anforderungen an eine Rechtsfrage, deren Klärung im allgemeinen Interesse erforderlich erscheint. Die Ausführungen stellen nur auf die Besonderheiten des Streitfalls ab. Unabhängig davon wären sie nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist auch nicht mehr zu berücksichtigen. Ein Nachschieben von Gründen ist nach Ablauf der Begründungsfrist unzulässig (BFH-Beschlüsse vom 22. September 1967 VI B 25/67, BFHE 90, 101, BStBl III 1967, 787, und vom 21. Juni 1968 III B 58/67, BFHE 93, 503, BStBl II 1969, 36). Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist (§ 56 FGO) sind nicht ersichtlich.

bb) In dem ergänzenden Schriftsatz vom 21. August 2001 bezeichnet es die Klägerin als unerfindlich, weshalb eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung anzunehmen sei, wenn sie den Mitgliedern auch einzeln angeboten würden. Damit bezeichnet sie keinen Rechtssatz von grundsätzlicher Bedeutung, sondern wendet sich gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung.

Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass nicht das Angebot, sondern die Ausführung der Leistungen in einem Freizeit- und Fitness-Center darüber entscheidet, ob die Inanspruchnahme von Saunaleistungen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG unterliegt (vgl. BFH-Urteile vom 28. September 2000 V R 14, 15/99, BFH/NV 2001, 131; vom 28. Januar 1999 V R 88/98, BFH/NV 1999, 992; vom 8. September 1994 V R 88/92, BFHE 175, 471, BStBl II 1994, 959, und BFH-Beschlüsse vom 22. November 2000 V B 115/00, BFH/NV 2001, 655; vom 13. September 2000 V B 60/00, BFH/NV 2001, 349).

2. Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Abweichung von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO)

Die Revision ist auch nicht wegen der nach Ansicht der Klägerin bestehenden Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des BFH vom 16. April 1997 XI R 63/93 (BFHE 182, 440, BStBl II 1997, 582) zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Die Beschwerde genügt insoweit nicht den Anforderungen.

Die Klägerin bezeichnet keinen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil und keinen abstrakten Rechtssatz aus den für maßgeblich gehaltenen Entscheidungen des BFH, von dem das FG in der Vorentscheidung abgewichen sein könnte, so genau, dass eine Abweichung erkennbar wird, weil die gegenübergestellten Rechtsgrundsätze unvereinbar sind (vgl. zu den Anforderungen an die Zulässigkeit einer Divergenzbeschwerde die ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschlüsse vom 7. Juni 2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45; vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418; vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

Unabhängig davon ist eine Zulassung der Revision auch deswegen nicht erforderlich, weil die Vorentscheidung unabhängig von der Frage, ob eine Originalrechnung für den Vorsteuerabzug vorhanden sein muss, deswegen Bestand hat, weil das FG die Klägerin nicht als Leistungsempfängerin angesehen hat.

3. Zulassung wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)

Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen, weil die Entscheidung darauf nicht beruht.

a) Die Klägerin sieht als Verfahrensmängel an, dass das FG nicht aufgeklärt habe, wann ihr die streitbefangene Rechnung überlassen wurde, dass sie von den Zweifeln des FG über den Zeitpunkt der Rechnungsausgabe überrascht worden sei und dass sie dazu keine Stellung habe nehmen können. Selbst wenn insoweit Verfahrensmängel vorhanden gewesen wären, sind diese nicht entscheidungserheblich gewesen; denn die Vorentscheidung beruht darauf, dass die Klägerin nicht als Leistungsempfängerin beurteilt worden war.

b) Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Beurteilung des Steuersatzes hat die Klägerin innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nicht unter Einhaltung der in § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO bezeichneten Voraussetzungen dargelegt.

4. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.



Ende der Entscheidung

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