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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: V R 53/07
Rechtsgebiete: UStG, Richtlinie 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 19 Abs. 1
UStG § 25a Abs. 1 Nr. 1
UStG § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b
UStG § 25a Abs. 1 Nr. 3
UStG § 25a Abs. 3 S. 1 Nr. 1
UStG § 25a Abs. 8 S. 1
Richtlinie 77/388/EWG Art. 26a Teil B Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Handel mit Kraftfahrzeugen tätig. Im Streitjahr 1997 erwarb die Klägerin 90 PKW, die ihr zunächst mit Telefax vom 3. Juni 1997 von der spanischen Firma SM als "Sonderangebot" zum Kauf angeboten wurden. Bei den Fahrzeugen handelte es sich ausnahmslos um durchschnittlich sechs bis sieben Monate alte Kleinwagen unterschiedlicher Typen mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von jeweils ca. 8 000 Kilometer. Das Angebot der Firma SM enthielt den Hinweis, dass in den Fahrzeugpreisen die spanische Mehrwertsteuer enthalten sei und dass die Lieferungen gemäß der Differenzbesteuerung erfolgten. Für alle 90 Fahrzeuge erhielt die Klägerin Rechnungen von der im Inland ansässigen Firma S mit dem Zusatz, dass die Lieferung des jeweiligen Fahrzeugs der Differenzbesteuerung unterliege. Die Überführung der Fahrzeuge aus Spanien erfolgte über Frachtführer. Die Zahlungen leistete die Klägerin jeweils bei Übergabe der CMR-Frachtpapiere. Aus den der Klägerin übergebenen ausländischen Fahrzeugpapieren ergab sich, dass die Fahrzeuge zuvor auf ausländische Mietwagenunternehmen zugelassen worden waren. Die Klägerin veranlasste die Zulassung der Fahrzeuge im Inland und veräußerte alle Fahrzeuge im Inland unter Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a des Umsatzsteuergesetzes 1993 in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG). Bei den Abnehmern der Klägerin handelte es sich überwiegend um Wiederverkäufer.

Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--), davon aus, dass die Weiterlieferung der aus Spanien erworbenen Fahrzeuge durch die Klägerin nicht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterlag. Aufgrund der Vielzahl gleichartiger Fahrzeuge mit teilweise fortlaufenden Fahrgestellnummern und der Überweisung an FS, einem Autovermieter, sei der Klägerin bekannt gewesen, dass es sich bei den Fahrzeugen um Mietwagen gehandelt habe. Der bloße Hinweis in den Rechnungen, dass es sich um differenzbesteuerte Fahrzeuge handele, entbinde die Klägerin nicht von ihrer Prüfungspflicht hinsichtlich der Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) stützte die Klageabweisung darauf, dass die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG auf die von der Klägerin ausgeführten Lieferungen nicht anwendbar sei. Die Klägerin habe die Fahrzeuge von S, nicht aber von SM erworben. Für die Bestimmung der Person des Leistenden komme es auf die der Leistung zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen an. Nach den Gesamtumständen hätten die zivilrechtlichen Kaufverträge zwischen S und der Klägerin bestanden. S habe nicht lediglich als "Rechnungsschreiber" für die Firma SM fungiert. Unerheblich für die Anwendung der Differenzbesteuerung durch die Klägerin sei, dass ihr Lieferant S ausweislich der Rechnungen die Differenzbesteuerung angewendet habe, da die Anwendung der Differenzbesteuerung durch die Klägerin voraussetze, dass der Lieferant die Differenzbesteuerung zu Recht vorgenommen habe. Aus der gesamten Lieferkette Autohersteller - Autoverleiher - Firma SM - Firma S - Klägerin ergebe sich im Streitfall, dass die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung bei keinem der Vorlieferer vorgelegen hätten und damit keiner der Vorlieferer, insbesondere auch nicht die S als Lieferant der Klägerin, die Differenzbesteuerung hätte anwenden können, da jeweils nur Lieferungen von vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern an andere vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erfolgt seien.

Es könne dahingestellt bleiben, in welchem Umfang für die Klägerin Prüfungspflichten bestanden hätten. Vorliegend seien ihr aufgrund der Gesamtumstände die gesamten Lieferbeziehungen und damit auch der Umstand bekannt gewesen, dass es sich bei allen Vorlieferern jeweils um vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer gehandelt habe. Dies habe sich insbesondere aus der Tatsache ergeben, dass die Erstzulassung für alle PKW nur sechs bis sieben Monate vor dem Verkauf erfolgt sei und dass es sich bei den PKW um Mietwagen gehandelt habe, die von dem Mietwagenunternehmen neu erworben worden und nach ca. sechs Monaten Nutzung über die Firmen SM und S an sie weiterveräußert worden seien. Dies habe sich für die Klägerin erkennbar zum einen aus den ausgehändigten Fahrzeugpapieren, zum anderen aber auch daraus ergeben, dass die ersten beiden Zahlungen (Überweisungen) von der Klägerin direkt an das Mietwagenunternehmen FS in Spanien angewiesen worden seien. Zudem habe die Zeugin B bestätigt, dass die hier strittigen Fahrzeuge von Unternehmen erworben worden seien.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG verlange nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht, dass der Vorlieferer seine Leistung materiell-rechtlich zutreffend differenzbesteuert habe. Auch das Gemeinschaftsrecht knüpfe nur an eine tatsächliche Vornahme der Differenzbesteuerung durch den Vorlieferer an. Weder historisch noch teleologisch sei erkennbar, dass der nationale Gesetzgeber die Anwendung der Differenzbesteuerung für den Fall, dass der Vorlieferer seine Lieferung zu Unrecht der Differenzbesteuerung unterworfen habe, ausschließen wollte. Die Differenzbesteuerung bezwecke, Wettbewerbsnachteile zu beseitigen, die Gebrauchtwarenhändlern im Verhältnis zu nichtunternehmerischen Anbietern beim Verkauf an Verbraucher erwachsen können. Während der Handel zwischen Privaten nicht mit Umsatzsteuer belastet sei, müsste der Unternehmer den Verkauf der Regelbesteuerung unterwerfen. Die Nichtanwendung der Differenzbesteuerung führe zu einer zumindest anteiligen Doppelbesteuerung. Eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Vorlieferung könne § 25a UStG nicht entnommen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 27. April 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2004 dahingehend zu ändern, dass die zu 15 v.H. steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen um 1 099 100 DM gemindert werden.

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Lieferungen der Klägerin der Regelbesteuerung unterliegen, weil § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG nicht anwendbar ist, wenn für die Vorlieferung an den Wiederverkäufer die Differenzbesteuerung zu Unrecht vorgenommen worden ist.

1.

Die Lieferung beweglicher körperlicher Gegenstände unterliegt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 25a Abs. 1 UStG der sog. Differenzbesteuerung.

a)

§ 25a Abs. 1 UStG hatte im Streitjahr folgenden Wortlaut:

"(1)

Für die Lieferungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 und den Eigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a von beweglichen körperlichen Gegenständen gilt eine Besteuerung nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften (Differenzbesteuerung), wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1.

Der Unternehmer ist ein Wiederverkäufer. Als Wiederverkäufer gilt, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

2.

Die Gegenstände wurden an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert. Für diese Lieferung wurde

a)

Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 nicht erhoben oder

b)

die Differenzbesteuerung vorgenommen.

3.

Die Gegenstände sind keine Edelsteine (aus Positionen 71.02 und 71.03 des Zolltarifs) oder Edelmetalle (aus Positionen 71.06, 71.08, 71.10 und 71.12 des Zolltarifs)."

Im Rahmen der Differenzbesteuerung wird der Umsatz nach § 25a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt.

b)

Die Differenzbesteuerung beruht gemeinschaftsrechtlich auf der Sonderregelung für steuerpflichtige Wiederverkäufer nach Art. 26a Teil B Abs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"Lieferungen im Sinne von Absatz 1 sind Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken oder Antiquitäten durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, wenn ihm diese Gegenstände innerhalb der Gemeinschaft geliefert werden

- von einem Nichtsteuerpflichtigen oder

- von einem anderen Steuerpflichtigen, sofern die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen Steuerpflichtigen gemäß Artikel 13 Teil B Buchstabe c) von der Steuer befreit ist, oder

- von einem anderen Steuerpflichtigen, sofern für die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung nach Artikel 24 gilt und es sich dabei um ein Investitionsgut handelt, oder

- von einem anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, sofern die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer gemäß dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist."

c)

Für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf Lieferungen des Wiederverkäufers kommt es nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG darauf an, dass für die Lieferung an den Wiederverkäufer die "Differenzbesteuerung vorgenommen" wurde. Dies setzt voraus, dass die Lieferung an den Wiederverkäufer die gesetzlichen Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfüllt. Es reicht nicht aus, dass die Lieferung an den Wiederverkäufer nur faktisch als der Differenzbesteuerung unterliegend behandelt wurde.

aa)

§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG verweist mit dem Begriff der "Differenzbesteuerung" auf die Legaldefinition in § 25a Abs. 1 Satz 1 UStG. Danach gilt die Differenzbesteuerung für die Lieferung beweglicher körperlicher Gegenstände, wenn die Voraussetzungen nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfüllt sind. Im Hinblick auf diese Begriffsidentität besteht nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung kein Grund, den Begriff der Differenzbesteuerung in § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG abweichend von § 25a Abs. 1 Satz 1 UStG auszulegen. Gegenteiliges ergibt sich nicht daraus, dass es nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG darauf ankommt, dass die Differenzbesteuerung "vorgenommen" wurde. Denn hieraus ergibt sich nicht, unter welchen Voraussetzungen diese Vornahme zu erfolgen hat.

bb)

Im Übrigen besteht für den Vorwiederverkäufer kein Wahlrecht, bei der Lieferung an den Wiederverkäufer frei zu entscheiden, die Regelbesteuerung oder die Differenzbesteuerung anzuwenden. Zwar kann der Wiederverkäufer nach § 25a Abs. 8 Satz 1 UStG auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichten. Dies gilt auch für Lieferungen an andere Wiederverkäufer. Aus der Möglichkeit zum Verzicht auf die Differenzbesteuerung ergibt sich jedoch nicht umgekehrt, dass auch die Möglichkeit einer Option zur Differenzbesteuerung besteht, wenn die Voraussetzungen der Sonderregelung nach § 25a Abs. 1 UStG nicht vorliegen.

cc)

Das sich aus dem Wortlaut des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG ergebende Auslegungsergebnis wird durch Sinn und Zweck des § 25a UStG bestätigt.

(1)

Das mit der Sonderregelung für steuerpflichtige Wiederverkäufer nach Art. 26a Teil B Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und damit mit der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG verfolgte Ziel besteht darin, Doppelbesteuerungen und Wettbewerbsverzerrungen bei der Lieferung von Gebrauchtgegenständen zu verhindern (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 8. Dezember 2005 C-280/04, Jyske Finans, Slg. 2005, I-10683, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 360 Rdnr. 41). Wie das FG zutreffend entschieden hat, sollen insbesondere Wettbewerbsnachteile und -verzerrungen vermindert werden, die sich für unternehmerisch tätige Wiederverkäufer im Verhältnis zu privaten (nichtunternehmerischen) Verkäufern beim Verkauf an Verbraucher ohne die Sonderregelung des § 25a UStG ergeben würden. Denn ohne diese Sonderregelung müssten Unternehmer die Lieferung von "Gebrauchtgegenständen" (Art. 26a Teil B Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) mit dem vollen bei der Lieferung erzielten Entgelt versteuern, während bei der Lieferung durch Nichtunternehmer überhaupt keine Umsatzsteuer entsteht. § 25a UStG bezweckt, diesen Wettbewerbsnachteil dadurch abzumildern, dass bei der Lieferung durch unternehmerisch tätige Wiederverkäufer Umsatzsteuer nach § 25a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG nur in dem Umfang entsteht, als der Verkaufspreis den Einkaufspreis übersteigt (vgl. Langer, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 25a Rz 29 ff.). Die Vorschrift bezweckt somit zwar keine Gleichstellung von Händlern mit privaten Anbietern (so aber Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 25a Rz 13), soll jedoch die umsatzsteuerrechtliche Benachteiligung unternehmerischer Wiederverkäufer gegenüber Privatverkäufern verringern. Dies erfolgt dadurch, dass nur der erwirtschaftete Mehrwert der Besteuerung unterworfen wird (Hundt-Eßwein, in Offerhaus/Söhn/ Lange, UStG, § 25a Rz 21).

(2)

Entsprechend dem Normzweck, die Lieferung von Gegenständen durch Wiederverkäufer der Lieferung durch Nichtunternehmer anzugleichen, ist die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG anwendbar, wenn für die Lieferung an den Wiederverkäufer Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird. Liefert der Wiederverkäufer so erworbene Gegenstände, befindet er sich in einem Wettbewerbsverhältnis zur Lieferung durch Nichtunternehmer.

Ein derartiges Wettbewerbsverhältnis besteht auch, wenn für die Lieferung an den Wiederverkäufer zwar nicht Umsatzsteuer geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird, sondern der Wiederverkäufer selbst den Gegenstand von einem Vorwiederverkäufer unter Anwendung der Differenzbesteuerung gemäß § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG erwirbt. Die Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Lieferung an den Wiederverkäufer ist dann aber nur gerechtfertigt, wenn die Lieferung an den Wiederverkäufer tatsächlich die Voraussetzungen der Differenzbesteuerung erfüllt. Dies setzt voraus, dass der Vorwiederverkäufer seinerseits den Gegenstand unter den Voraussetzungen von § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a oder b UStG erworben hat. Nur dann besteht eine Wettbewerbssituation zwischen der Lieferung durch den Wiederverkäufer und durch Nichtunternehmer. Die nach dem Normzweck der Regelung maßgebliche Wettbewerbssituation rechtfertigt keine gewillkürte Anwendung der Differenzbesteuerung durch den Vorwiederverkäufer auf Gegenstände, die der Vorwiederverkäufer im Regelbesteuerungsverfahren erworben hat. Hierfür spricht auch, dass die Regelung über die Differenzbesteuerung des steuerpflichtigen Wiederverkäufers bei der Lieferung von Gebrauchtgegenständen etc. eine von der allgemeinen Regelung der Richtlinie 77/388/EWG abweichende Sonderregelung darstellt, die nach der Rechtsprechung des EuGH nur in dem für die Erreichung ihres Zieles notwendigen Maß anzuwenden ist (EuGH-Urteil Jyske Finans in Slg. 2005, I-10683, UR 2006, 360 Rdnr. 35).

dd)

Für dieses Auslegungsergebnis spricht schließlich auch der Wortlaut des Art. 26a Teil B Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Diese Bestimmung ordnet ausdrücklich an, dass die Differenzbesteuerung auf Lieferung von Gegenständen, die von einem anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer erworben wurden, nur anzuwenden ist, wenn die Lieferung des Gegenstands durch den "anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer gemäß dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist". Hieraus folgt, dass es bei richtlinienkonformer Auslegung des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG auf die rechtmäßige Anwendung der Differenzbesteuerung durch den Vorwiederverkäufer ankommt.

ee)

Die Gegenauffassung der Klägerin berücksichtigt im Übrigen nicht hinreichend, dass es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nach der Rechtsprechung des EuGH nicht zulässt, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt werden (EuGH-Urteil Jyske Finans in Slg. 2005, I-10683, UR 2006, 360 Rdnr. 39). Käme es für die Anwendung der Differenzbesteuerung im Fall des Vorerwerbs von einem Vorwiederverkäufer nicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung, sondern auf die Inrechnungstellung durch den Vorwiederverkäufer an, würden ansonsten gleichartige Umsätze nur aufgrund des Handelns des Vorwiederverkäufers entgegen dem Neutralitätsgrundsatz unterschiedlich behandelt.

2.

Im Streitfall hat das FG ohne Rechtsverstoß entschieden, dass die Lieferungen der Klägerin nicht der Differenzbesteuerung unterliegen, da die Lieferungen an die Klägerin nicht die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllten. Da die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG kumulativ vorliegen müssen, ist daher unerheblich, ob die weiteren Bedingungen dieser Vorschrift gegeben sind.

a)

Wie das FG zu Recht entschieden hat, liegen die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG nicht vor, da die Klägerin die von ihr gelieferten Gegenstände von einem anderen Unternehmer erworben hatte und die Lieferungen dieses Unternehmers an die Klägerin nach den mit begründeten Revisionsrügen nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) die Voraussetzungen von § 25a UStG oder die des Art. 26a Teil B der Richtlinie 77/388/EWG nicht erfüllten, da alle Lieferer in der Lieferkette bis zur Klägerin (Autohersteller - Autoverleiher - Firma SM - Firma S) zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen seien.

§ 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG setzt für die Lieferung an die Klägerin voraus, dass diese Lieferung den gesetzlichen Anforderungen der Differenzbesteuerung entspricht. Es muss sich daher um eine Lieferung handeln, die umsatzsteuerrechtlich der Differenzbesteuerung unterliegt.

b)

Es liegen auch nicht die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a UStG vor, da nach den Feststellungen des FG S die Fahrzeuge an die Klägerin geliefert hat und es sich bei dem Vorlieferer S um einen Unternehmer handelte, dessen Lieferungen im Inland steuerpflichtig waren. Für diese Lieferungen wurde somit weder "Umsatzsteuer nicht geschuldet" noch "nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben".

3.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Klägerin zur Prüfung verpflichtet war, ob für die an sie ausgeführten Lieferungen die gesetzlichen Voraussetzungen der Differenzbesteuerung vorlagen und ob sie für den Fall, dass sie das Fehlen dieser Voraussetzungen nicht erkennen konnte, Vertrauensschutz beanspruchen kann. Denn nach den für den Senat bindenden und nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war für die Klägerin erkennbar, dass die von ihr erworbenen Fahrzeuge zunächst von Autovermietungen erworben wurden und die weiteren Lieferungen bis zum Vorwiederverkäufer S nicht der Differenzbesteuerung unterlagen.

Ende der Entscheidung

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