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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: V R 55/05
Rechtsgebiete: AO, UStG


Vorschriften:

AO § 162
AO § 164
AO § 168
UStG § 15 Abs. 4
UStG § 15 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück. Er sanierte das Gebäude und baute es zu einem Wohn- und Geschäftshaus um. Nach der Fertigstellung der Baumaßnahmen nutzte er seiner ursprünglichen Absicht entsprechend eine Wohnung zu privaten Wohnzwecken. Eine weitere Wohnung vermietete er umsatzsteuerfrei an ein Versicherungsbüro, alle übrigen Räume vermietete er umsatzsteuerpflichtig.

Im Hinblick auf die gemischte Nutzung des Gebäudes nahm der Kläger den Vorsteuerabzug in den Umsatzsteuer-Jahreserklärungen für die Streitjahre 1997 bis 1999 zunächst nach dem Verhältnis der Nutzflächen in Anspruch. Die von ihm eingereichten Jahreserklärungen galten nach § 168 der Abgabenordnung (AO) als Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 26. Februar 2002 reichte der Kläger berichtigte Umsatzsteuer-Jahreserklärungen für die Streitjahre ein, mit denen er den Vorsteuerabzug aus den Sanierungs- und Umbaumaßnahmen nach dem Verhältnis der mit dem Gebäude ausgeführten Umsätze begehrte. Demgegenüber ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 1997 bis 1999 vom 25. Oktober 2002 weiterhin von einer Vorsteueraufteilung nach einem Flächenschlüssel aus. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 3. Februar 2003).

Mit Urteil vom 9. März 2005 gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Es führte zur Begründung aus, nach der Rechtsprechung des FG wie auch des Bundesfinanzhofs (BFH) sei anerkannt, dass die Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel als sachgerechte Schätzung i.S. von § 15 Abs. 4 in der in den Streitjahren geltenden Fassung des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993/1999) anzusehen sei.

Mit der vom BFH zugelassenen Revision rügt das FA, dass die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG nicht vorgelegen hätten. Da der Kläger seine Zuordnungspflichten verletzt habe, sei das FA zu einer Schätzung gemäß § 162 AO auf der Grundlage eines Flächenschlüssels berechtigt gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger bereits bei Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärungen sein Aufteilungswahlrecht ausgeübt. Die Steuerbescheide für die Streitjahre seien vor Abgabe der Berichtigungserklärungen im Februar 2002 formell bestandskräftig gewesen, so dass der Kläger an den gewählten Aufteilungsschlüssel gebunden gewesen sei.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre vor Abgabe der Berichtigungserklärungen im Februar 2002 zwar formell bestandskräftig, aber nach § 164 AO änderbar gewesen seien. Eine Bindung an den ursprünglichen Aufteilungsschlüssel habe daher nicht bestanden.

II. Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Zwar geht das FG zu Recht davon aus, dass eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 UStG eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze grundsätzlich anzuerkennen ist. Wurde jedoch die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes bereits unanfechtbar (formell bestandskräftig), so ist ein dieser Festsetzung zugrunde liegendes sachgerechtes Aufteilungsverfahren für den Unternehmer bindend (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 2006 V R 49/05, BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729, und Beschluss vom 12. Mai 2005 V B 197/03, BFH/NV 2005, 1880, m.w.N).

Diese Bindungswirkung greift im Streitfall durch. Der Kläger hat nach den Feststellungen des FG in seinen ursprünglichen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 1997 bis 1999 den Vorsteuerabzug nach einem Flächenschlüssel in Anspruch genommen. Diese Jahreserklärungen führten unstreitig zu Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 168 AO. Der Kläger war daher an den diesen Bescheiden zugrunde liegenden Aufteilungsschlüssel gebunden. Die Möglichkeit einer Änderung nach § 164 AO ist für den Verbrauch des Wahlrechts unerheblich. Diesem Umstand hat das FG zu Unrecht keine rechtserhebliche Bedeutung beigemessen. Sein Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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