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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 11.05.2000
Aktenzeichen: V R 83/99
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 62 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die Praxisräume an ihren Arzt-Ehemann vermietet hatte, erhob Klage gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide für 1991 bis 1993, weil der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) Vorsteuerbeträge aus Rechnungen über die Herstellung der Praxis nicht mehr anerkannt hatte. Das FA sah den Verzicht auf die Steuerbefreiung der Mietumsätze wegen Gestaltungsmissbrauchs als nicht wirksam an.

Als Prozessbevollmächtigte trat die S-GmbH Steuerberatungsgesellschaft (im folgenden GmbH) bei der Klageerhebung für die Klägerin auf. Die GmbH wurde dabei von S vertreten. S war auch als selbständiger Steuerberater tätig.

Mit Schriftsatz vom 11. März 1997 bat die Klägerin auf einem Briefbogen von S unterzeichnet "i.V. T, Steuerberater" um Fristverlängerung bis zum 21. April 1997 zur Begründung der Klage.

Der Berichterstatter setzte in einer an "Herrn T" gerichteten Aufforderung "für die Einreichung Ihrer Vollmacht" eine Frist mit ausschließender Wirkung von einem Monat unter Hinweis auf § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das Schreiben wurde an "Herrn Steuerberater S", am 26. März 1997 zugestellt. Darauf ging am 29. April 1997 bei dem FG mit einem Begleitschreiben von S eine Prozessvollmacht auf S ein. Diese Vollmacht mit dem Datum des 4. März 1997 berechtigt zur Vertretung in dem Rechtsstreit "wegen Einkommensteuer 1991-1993".

Mit Schriftsatz vom 16. Juni 1997 wies die GmbH darauf hin, dass sie die Klägerin in dem Rechtsstreit wegen Umsatzsteuer 1991-1993 vertrete. Sie fügte eine auf sie ausgestellte Vollmacht für den Rechtsstreit vor dem Finanzgericht (FG) "wegen Umsatzsteuer 1991-1993" zum "Aktenzeichen 2033/97" bei.

Das FG wies die Klage durch Urteil vom 3. März 1999 als unzulässig ab, weil innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist keine Vollmacht vorgelegt worden sei.

Zur Begründung führte das FG u.a. aus, der Berichterstatter habe aufgrund der Fristverlängerung für die Klagebegründung davon ausgehen können, dass ein Mandatsübergang von der GmbH auf S stattgefunden habe. Die Ausschlussfrist habe deshalb gegen S gesetzt werden dürfen. Die für S vorgelegte Vollmacht betreffe die Streitsache nicht, sondern das Verfahren wegen Einkommensteuer. Eine Vollmacht für die Streitsache sei nicht vorgelegt worden. Ein Wiedereinsetzungsantrag sei nicht gestellt worden.

Mit der (vom Senat durch Beschluss vom 19. Oktober 1999 V B 80/99 zugelassenen) Revision rügt die Klägerin, das FG habe Verfahrensrecht verletzt. Es habe die Klage abgewiesen, weil innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist keine Prozessvollmacht vorgelegt worden sei, obwohl der GmbH als ihrem, der Klägerin, Prozessbevollmächtigten keine Ausschlussfrist zur Vorlage der Prozessvollmacht gesetzt worden sei.

Die Klägerin beantragt, Aufhebung der Vorentscheidung und erneute Verhandlung und Entscheidung durch das FG.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

1. Die Revision ist begründet. Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil "innerhalb der dem Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten gesetzten Ausschlussfrist keine auf diese oder den Steuerberater S ausgestellte Vollmacht bezüglich der Umsatzsteuer 1991 bis 1993 vorgelegt worden ist". Die Voraussetzungen für die Klageabweisung waren aber nicht gegeben, weil das FG der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der GmbH, keine Frist mit ausschließender Wirkung zur Nachreichung der Prozessvollmacht gesetzt hatte (§ 62 Abs. 3 Satz 3 FGO). Herr T, an den das FG die Verfügung zur Vorlage der Vollmacht gerichtet hatte, war ebenso wenig wie der Steuerberater S Prozessbevollmächtigter der Klägerin.

a) Das FG hat die Ausschlussfrist zur Vorlage der Prozessvollmacht nach § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO gegenüber Herrn T und nicht gegenüber der GmbH gesetzt, die die Klage als Prozessbevollmächtigte der Klägerin erhoben hatte. Für die Annahme, das Mandat für die Prozessführung sei von der GmbH auf S übertragen worden, der die Klage für die Klägerin nicht erhoben hatte, sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Nach der in den Gerichtsakten vorhandenen Verfügung richtete sich die Aufforderung zur Vorlage der Vollmacht auch nicht an S, sondern an Herrn T. Sie sollte Herrn T möglicherweise unter der Anschrift des S zugestellt werden, weil die Postzustellungsurkunde den Namen und die Anschrift des S trägt.

Mit einer Aufforderung zur Vorlage einer Prozessvollmacht an Herrn T konnte das FG die Voraussetzungen für die Gründe nicht schaffen, mit denen es die Klage abgewiesen hatte. Herr T war nicht Prozessbevollmächtigter und die Prozessbevollmächtigte (GmbH) war nicht zur Vorlage einer Vollmacht aufgefordert worden.

Wenn das FG jedoch meinte, Anhaltspunkte für eine Übertragung des Mandats auf S zu haben, wäre es verpflichtet gewesen, den Sachverhalt insoweit durch eine Rückfrage aufzuklären. Dies ist nicht geschehen. Wegen dieses Aufklärungsmangels gelangte das FG zu dem Fehlschuss, die Prozessvollmacht sei der GmbH entzogen und S übertragen worden.

b) Im Übrigen hatte die GmbH als Prozessbevollmächtigte auf die dem FG vorliegende Prozessvollmacht mit dem Schriftsatz vom 16. Juni 1997 hingewiesen und diesem Schriftsatz eine Ablichtung der Prozessvollmacht beigefügt.



Ende der Entscheidung

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