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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.07.1999
Aktenzeichen: V S 6/99
Rechtsgebiete: UStG 1993, UStG, FGO, ZPO, GKG, BFHEntlG


Vorschriften:

UStG 1993 § 14 Abs. 3
UStG § 2 Abs. 1 Satz 3
UStG § 2 Abs. 1
FGO § 142 Abs. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
GKG § 1 Abs. 1 Buchst. c
GKG § 11 Abs. 1
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) macht geltend, in den Streitjahren (1995 und 1996) eine ...kartei betrieben zu haben. In der Umsatzsteuererklärung für 1995 berechnete er bei einem Umsatz in Höhe von 65 DM einen Überschuß von 1 493,62 DM und in der Umsatzsteuererklärung für 1996 bei einem Umsatz von 3 492 DM eine Umsatzsteuer in Höhe von 53 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) versagte die Auszahlung des Überschusses und setzte gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) die Steuer für 1995 auf 9 DM und für 1996 auf 523 DM fest. Zur Begründung führte das FA aus, der Kläger sei mangels nachhaltiger Tätigkeit kein Unternehmer und schulde deshalb die unberechtigt in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer. Den vom Kläger nicht begründeten Einspruch wies das FA zurück.

Mit seiner Klage machte der Kläger keine sachlichen Ausführungen zu der behaupteten unternehmerischen Tätigkeit. Er beantragte sinngemäß, unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide den Überschuß für 1995 auf 1 493,52 DM und die Umsatzsteuer für 1996 auf 53 DM festzusetzen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und führte zur Begründung aus: Der Kläger habe in den Streitjahren kein Unternehmen nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG betrieben. Zur rechtlichen Definition der Nachhaltigkeit verweist das FG auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und auf das Schrifttum. Der Kläger habe --so führt das FG ferner aus-- gegenüber dem FA selbst eingeräumt, daß er seine Tätigkeit noch nicht mit der nötigen Nachhaltigkeit habe aufnehmen können. Es sei nach den Angaben des Klägers rechtlich noch nicht geklärt, ob die von ihm beabsichtigte Speicherung von ...-Daten aus Gründen des Datenschutzes unzulässig sei. Die Ausführungen des Klägers ließen nur den Schluß zu, daß er sowohl in den Streitjahren als auch danach bewußt davon abgesehen habe, die ...kartei zu führen und auszuwerten.

Wegen der Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde eingelegt, die der Senat mit Beschluß vom heutigen Tage als unzulässig verworfen hat.

Der Kläger beantragt Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsbeistands für eine noch einzulegende Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision. Zur Begründung führt er aus, das Urteil des FG verletze Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes (GG). Für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit nachhaltig sei, müsse ein Zeitraum von mindestens vier bis sechs Jahren abgewartet werden. Das FA habe jedoch seiner Entscheidung nur einen Zeitraum von zwei Jahren zugrunde gelegt. Nur wenn er --der Kläger-- gesund gewesen wäre, hätten zwei Jahre ausgereicht.

II. 1. Der Antrag auf PKH ist zulässig. Für den Antrag auf PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde besteht beim BFH kein Vertretungszwang. Es ist ferner unschädlich, daß der Kläger den Antrag beim FG angebracht hat (vgl. BFH-Beschluß vom 18. Januar 1996 V S 11/95, V B 122/95, BFH/NV 1996, 633, m.w.N.).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten erbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217). Diese Voraussetzungen sind bei der gebotenen summarischen Betrachtung vorliegend nicht gegeben. Die beantragte PKH kann deshalb nicht bewilligt werden.

a) An der Erfolgsaussicht fehlt es allerdings nicht schon deshalb, weil die Fristen für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer abgelaufen sind. Der mittellose Steuerpflichtige ist bis zur Entscheidung über seinen PKH-Antrag unverschuldet verhindert, Rechtsmittel einzulegen. Nach Bewilligung von PKH ist ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er in der Rechtsmittelfrist den PKH-Antrag gestellt und die Erklärung gemäß § 117 Abs. 2, 4 ZPO vorgelegt hat (BFH in BFH/NV 1996, 633, unter III. 1.).

Für die Frage der Erfolgsaussicht ist es ferner unerheblich, daß der Senat die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde gegen die Vorentscheidung mit Beschluß vom heutigen Tage als unzulässig verworfen hat, weil der Kläger bei der Einlegung der Beschwerde nicht nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertreten war.

b) Erfolgsaussichten für eine erneut eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde bestehen aber deshalb nicht, weil sich hinreichende Gründe für deren Erfolg weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus dem Akteninhalt ergeben. Die Zulassung der Revision käme nur wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO in Betracht. Es erscheint jedoch ausgeschlossen, daß die grundsätzliche Bedeutung in der Beschwerdeschrift in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt werden kann.

aa) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung der Revision kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage in Betracht. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt oder bereits aufgrund der Rechtsprechung des BFH geklärt ist (BFH-Beschluß vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309, m.w.N.).

bb) Nach § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (Satz 1). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt (Satz 3).

Nach den Feststellungen des FG ist der Kläger nicht nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig geworden (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 12. Dezember 1996 V R 23/93, BFHE 182, 388, BStBl II 1997, 368). Das FG, das von der einschlägigen Rechtsprechung des BFH ausgeht, stützt sich bei seiner Würdigung auf das Gesamtbild der Verhältnisse, insbesondere auf die eigenen schriftlichen Angaben des Klägers. Danach hat der Kläger bewußt davon abgesehen, die ...kartei zu führen und auszuwerten.

Die Entscheidung des FG beruht demnach ausschließlich auf der Würdigung von Tatsachen. Eine Rechtsfrage, die das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt und einer weiteren Klärung durch den BFH bedürfte, ist in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Das gilt auch für die vom Kläger gerügte Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und 3 GG.

Gerichtsgebühren für dieses Verfahren entstehen nicht (§ 1 Abs. 1 Buchst. c, § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).

Ende der Entscheidung

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