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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.10.2002
Aktenzeichen: VI B 105/02
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 62a
FGO § 155
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3 Satz 4
ZPO § 78b Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) mit Urteil vom 2. Juli 2002 II 83/01, dem Kläger zugestellt am 17. Juli 2002, abgewiesen. Die Revision hat das FG nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision wandte sich der Kläger, vertreten durch den vereidigten Buchprüfer, Steuerberater und Rechtsanwalt A, mit seiner am 16. August 2002 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerde. Mit Schreiben vom 16. September 2002, beim BFH eingegangen am 17. September 2002, trug der Kläger vor, es sei ihm innerhalb der Frist für die Einreichung der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gelungen, eine Rechtsvertretung zu finden. Der Versuch, Rechtsanwalt A hierfür zu gewinnen, sei gescheitert. Dieser habe es abgelehnt, die weitere Rechtsvertretung zu übernehmen und die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen. Der Kläger habe daraufhin in der B-Zeitung inseriert, um eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person zu finden. Das Inserat sei jedoch ohne Reaktion geblieben.

Der Kläger beantragt, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wegen fehlender Rechtsvertretung angemessen zu verlängern. Zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde nimmt er auf den von ihm gefertigten Entwurf einer solchen Bezug und trägt insoweit vor, dieser Entwurf sei als Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu berücksichtigen, sofern eine vertretungsberechtigte Person nicht gewonnen werden könne.

Der Kläger beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG Hamburg vom 2. Juli 2002 II 83/01 zuzulassen.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

Nach § 62a der Finanzgerichtsordnung (FGO) muss sich vor dem BFH jeder Beteiligte --ausgenommen juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden-- durch eine Person oder Gesellschaft i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG-- (bestimmte rechts- und wirtschaftsberatende Berufe bzw. entsprechende Berufsgesellschaften) vertreten lassen. Dieses Erfordernis gilt sowohl für die Einlegung der Beschwerde als auch für die Begründung derselben. Darauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen worden.

Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist beim BFH einzureichen; in der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden (§ 116 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 FGO). Im Streitfall ist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der am 17. September 2002 endenden Frist von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils begründet worden. Der vom Kläger eingereichte Entwurf der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu berücksichtigen, da der Kläger nicht zu den i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG vertretungsberechtigten Personen gehört.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist dem Kläger nicht zu gewähren. Wiederseinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kommt nur in Betracht, wenn der Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerde innerhalb der Begründungsfrist durch eine zur Vertretung vor dem BFH befugte Person begründen zu lassen. Einem Beschwerdeführer, der behauptet keinen zur Vertretung vor dem BFH befugten Prozessbevollmächtigten gefunden zu haben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO nur dann gewährt werden, wenn er darlegt und glaubhaft macht, innerhalb der Beschwerdefrist alles ihm Zumutbare getan zu haben, um einen Prozessbevollmächtigten zur Übernahme des Mandats zu bewegen (BFH-Beschluss vom 26. Juli 1995 XI S 14/95, BFH/NV 1996, 157). Der Vortrag des Klägers genügt im Streitfall diesen Anforderungen nicht. Der Kläger hat zwar glaubhaft gemacht, Rechtsanwalt A vergeblich darum gebeten zu haben, die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen, dies gilt jedoch nicht für die Behauptung des Klägers, ein Inserat in der B-Zeitung aufgegeben zu haben, um eine i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG vertretungsberechtigte Person oder Gesellschaft zu finden. Abgesehen davon ist die Aufgabe eines Inserats in einer Tageszeitung nicht dazu geeignet, um eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person oder Gesellschaft zu finden. Der Kläger hätte glaubhaft machen müssen, dass er zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem BFH befugten Personen nachweisbar mündlich oder schriftlich --vergeblich-- um die Übernahme des Mandats ersucht hat. Der Kläger hat jedoch weder dargelegt, wie viele mögliche Prozessvertreter er um die Übernahme des Mandats gebeten hat, noch deren Namen bezeichnet.

Selbst wenn in dem Vorbringen des Klägers ein konkludent gestellter Antrag auf Beiordnung einer vor dem BFH vertretungsberechtigten Person oder Gesellschaft zu sehen sein sollte, hätte dieser keinen Erfolg. Gemäß § 155 FGO i.V.m. § 78b Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung hat das Prozessgericht zwar einem Beteiligten auf seinen Antrag für den Rechtszug eine i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG vertretungsberechtigte Person oder Gesellschaft zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn der Beteiligte eine derartige Person oder Gesellschaft nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Voraussetzung für die Beiordnung eines solchen Prozessvertreters ist jedoch ebenfalls, dass der Beteiligte zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem jeweiligen Gericht befugten Personen nachweisbar vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (vgl. Beschlüsse des BFH vom 27. Januar 1988 VIII S 12/87, BFH/NV 1988, 383, und vom 27. März 1991 XI S 2-4/90, BFH/NV 1992, 252, sowie in BFH/NV 1996, 157). Das hat der Kläger jedoch nicht dargetan.

Der vom Kläger gestellte Antrag, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu verlängern, ist unbeachtlich. Zwar ist der Antrag rechtzeitig gestellt, ein solcher Antrag i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 4 FGO kann jedoch ebenfalls nur durch eine vertretungsberechtigte Person i.S. des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG gestellt werden.

Gerichtsgebühren sind, soweit es einen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts betrifft, nicht entstanden, da es sich insoweit um ein unselbständiges Zwischenverfahren handelt (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 1991 VIII S 15/90, BFH/NV 1992, 623).

Ende der Entscheidung

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