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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.03.2000
Aktenzeichen: VI B 53/99
Rechtsgebiete: EStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 62
EStG § 64 Abs. 1
EStG § 64 Abs. 2 Satz 1
AO 1977 § 37 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) bezog bis einschließlich Dezember 1997 Kindergeld von monatlich 440 DM für seine 1981 und 1991 geborenen Kinder M und A. Nachdem der Beklagte (das Arbeitsamt -Familienkasse-) Kenntnis davon erhalten hatte, dass der Antragsteller ab Juni 1997 von seiner Ehefrau getrennt lebte und die gemeinsamen Kinder sich in deren Haushalt aufhielten, hob er mit Bescheid vom 17. Juni 1998 die Kindergeldfestsetzung rückwirkend zum 1. Juni 1996 auf und forderte die Hälfte (1 540 DM) des für die Monate Juni bis Dezember 1997 gezahlten Kindergeldes von dem Antragsteller zurück. Dabei berücksichtigte die Familienkasse, dass der Antragsteller jeweils 220 DM monatlich an die Mutter der Kinder weitergeleitet habe.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Antragsteller Klage und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH).

Das Finanzgericht (FG) lehnte den PKH-Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht ab, wobei es auf einen Gerichtsbescheid Bezug nahm, mit dem es die Klage abgewiesen hatte. In dem Gerichtsbescheid war im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe das Kindergeld ohne Rechtsgrund empfangen. Der Kindergeldbescheid sei ihm gegenüber zu Recht aufgehoben worden, denn seit seinem Wegzug aus dem bisherigen Familienhaushalt habe er keinen Anspruch mehr auf den Bezug des Kindergeldes (§ 64 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).

Der Antragsteller hat im Hinblick auf den Gerichtsbescheid mündliche Verhandlung beantragt und gegen die Ablehnung der PKH Beschwerde erhoben. Zu deren Begründung trägt er vor, eine rückwirkende Abänderung der Kindergeldfestsetzung komme nur in Betracht, wenn bei dem Betroffenen ein Vertrauen auf den Bestand des Bescheides und der hieraus erfolgten Zahlungen nicht mehr gegeben war. Hiervon könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Gemäß § 62 EStG seien die Eltern zum Bezug von Kindergeld berechtigt. Diese Grundnorm unterscheide nicht zwischen dem barunterhaltspflichtigen Elternteil und dem Elternteil, der die Naturalversorgung übernehme. Wäre ein Wegfall der Kindergeldberechtigung für den barunterhaltsleistenden Elternteil gewollt gewesen, hätte dies in § 62 EStG geregelt werden müssen. § 64 EStG als Auszahlungsregelung hebe § 62 EStG in seinem materiellen Gehalt nicht auf. Die Rückforderung ausbezahlten Kindergeldes ohne Berücksichtigung eines durchgeführten familienrechtlichen Ausgleichs sei ohne hinreichende gesetzliche Grundlage. Er (der Antragsteller) habe das Kindergeld aufgeteilt und damit den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch gegenüber seiner getrennt lebenden Ehefrau erfüllt. Unter Einrechnung des hälftig an die Ehefrau weitergegebenen Kindergeldes sei er seiner Unterhaltspflicht nachgekommen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, ihm unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses PKH für das Klageverfahren zu gewähren.

Die Familienkasse tritt der Beschwerde entgegen.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den PKH-Antrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weil die Klage bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 142 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung --ZPO--).

Zutreffend hat die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung hinsichtlich der Zeit ab Juni 1997 aufgehoben, weil der Antragsteller insoweit keinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hatte. Nach § 64 Abs. 1 EStG erhält für jedes Kind nur ein Berechtigter Kindergeld. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Eltern trennen und das Kind anschließend nur bei einem der Berechtigten im Haushalt lebt. Haben sich die für die Zahlung des Kindergeldes maßgeblichen Verhältnisse durch einen Haushaltswechsel des Kindes geändert, so ist die --nicht mehr der materiellen Rechtslage entsprechende-- Festsetzung des Kindergeldes vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse an aufzuheben (vgl. Beschluss des Senats vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231).

Da aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Antragsteller weggefallen war, konnte die Familienkasse gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) das gezahlte Kindergeld zurückfordern. Diesen Erstattungsanspruch hat die Familienkasse nur hinsichtlich des Teils des Kindergeldes geltend gemacht, den der Antragsteller nicht an seine Ehefrau weitergeleitet hatte. Zur Berücksichtigung der Weiterleitung war die Familienkasse nach der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) 64.4 Abs. 4 (BStBl I 1998, 389) grundsätzlich befugt. Ob die Voraussetzungen der Verwaltungsanweisung im Einzelnen erfüllt waren, braucht nicht erörtert zu werden.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers wird der Erstattungsanspruch der Familienkasse nicht durch eine zivilrechtliche Unterhaltsregelung zwischen den Eheleuten berührt. Die Vorschrift des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, kann durch zivilrechtliche Vereinbarungen nicht außer Kraft gesetzt werden (Senatsbeschluss vom 10. November 1998 VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137). Im Falle der Trennung oder Scheidung der Eltern kann der Ausgleich beim barunterhaltsverpflichteten Elternteil nur über das zivilrechtliche Unterhaltsrecht durch Kürzung der Unterhaltsverpflichtung erfolgen (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231). Soweit der Antragsteller sich im Übrigen auf einen Vertrauenstatbestand hinsichtlich des Fortbestehens des Kindergeldbescheids beruft, kann dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil der Antragsteller seine im Rahmen des Kindergeldrechtsverhältnisses bestehende Mitwirkungspflicht verletzt hat, indem er den Haushaltswechsel der Kinder nicht der Familienkasse mitgeteilt hat (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231).



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