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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 06.11.2007
Aktenzeichen: VI B 70/07
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.

1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) kommt einer Rechtssache zu, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängt, deren Beantwortung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen (abstrakten) Interesse liegt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung; z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Juni 2007 VI B 14/07, BFH/NV 2007, 1626; vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.).

Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) benannte Rechtsfrage, ob ein Steuerpflichtiger den Abzug der Aufwendungen für eine Zweitwohnung am auswärtigen Beschäftigungsort auch bei gleichzeitiger Tätigkeit am Ort des Haupthausstandes als Werbungskosten geltend machen kann, ist schon nicht klärungsbedürftig (vgl. dazu Senatsentscheidung vom 24. Mai 2007 VI R 47/03, BStBl II 2007, 609).

2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG (BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2006 VI B 154/05, BFH/NV 2007, 51; Gräber/Ruban, a.a.O., Rz 53, jeweils m.w.N.).

a) Die angefochtene Entscheidung weicht nicht vom Urteil des BFH in BStBl II 2007, 609 ab. Es fehlt an der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist für den Werbungskostenabzug nicht ausreichend, dass eine einheitliche Haushaltsführung auf zwei verschiedene Haushalte aufgesplittet ist. Die doppelte Haushaltsführung muss vielmehr aus beruflichen Gründen veranlasst sein. Dies ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur der Fall, wenn die doppelte Haushaltsführung, d.h. die Einrichtung der zweiten Wohnung, aus beruflichem Anlass begründet wird. Es handelt sich hierbei um eine konkrete Kodifizierung des Veranlassungsprinzips. Die gesetzliche Regelung geht dabei davon aus, dass grundsätzlich zunächst ein eigener (Haupt-)Hausstand des Steuerpflichtigen bestanden haben muss, bevor es zur Einrichtung einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort gekommen ist (vgl. Senatsentscheidung vom 15. März 2007 VI R 31/05, BStBl II 2007, 533).

bb) Im Streitfall besaß der Kläger nach den den BFH bindenden Feststellungen des FG im Zeitpunkt der Begründung seines Haushalts am Beschäftigungsort B (1998) keinen eigenen Hausstand in A. Er war dort vielmehr in den Haushalt seiner Eltern eingegliedert. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sind danach, wie das FG richtig erkannt hat, schon deshalb nicht gegeben. Es kommt nicht darauf an, dass der Kläger auch in A tätig war.

b) Es besteht auch keine Divergenz zu den BFH-Urteilen vom 4. November 2003 VI R 170/99 (BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16) und vom 14. Oktober 2004 VI R 82/02 (BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98).

Nach der früheren Rechtsprechung des BFH setzte das Unterhalten des eigenen Hausstands voraus, dass der Arbeitnehmer eine Wohnung besaß, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entsprach und in der auch in seiner beruflich bedingten Abwesenheit hauswirtschaftliches Leben herrschte, das er durch finanzielle und persönliche Mitwirkung maßgeblich mitbestimmte (vgl. u.a. Urteil vom 22. September 1988 VI R 53/85, BFHE 155, 77, BStBl II 1989, 293). Der BFH hat diese Rechtsprechung, die grundsätzlich einen Familienhaushalt voraussetzte, mit dem Urteil vom 5. Oktober 1994 VI R 62/90 (BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180) aufgegeben. Er vertritt nunmehr in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der Haupthaushalt auch von einem Alleinstehenden unterhalten, d.h. geführt werden kann. Statt der Forderung nach ununterbrochenem hauswirtschaftlichen Leben kommt es darauf an, dass der nicht verheiratete Arbeitnehmer sich in dem Haushalt, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeitsbedingte Abwesenheit und ggf. Urlaubsfahrten, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt, sondern in einen fremden Haushalt (z.B. in den der Eltern oder als Gast) eingegliedert ist, so dass von einer eigenen Haushaltsführung nicht gesprochen werden kann (vgl. im Einzelnen Senatsentscheidung vom 14. Juni 2007 VI R 60/05, BFH/NV 2007, 1976).

Dieser Rechtsprechung und damit auch den behaupteten Divergenzentscheidungen in BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16, und in BFHE 207, 292, BStBl II 2005, 98 ist das FG gefolgt.

c) Nach der Senatsentscheidung vom 5. Oktober 1994 VI R 34/94 (BFH/NV 1995, 501) kann ein im Haushalt der Eltern wohnender nicht verheirateter Arbeitnehmer dort einen eigenen Hausstand i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG unterhalten, wenn die besonderen Umstände des Falles die Annahme rechtfertigen, dass er als die Hausstandsführung wesentlich mit oder sogar alleinbestimmender Teil in den Hausstand eingegliedert ist. Nach den Feststellungen des FG scheiden im Streitfall solche Besonderheiten aus.

d) Das Urteil des FG Niedersachsen vom 24. Oktober 2005 3 K 1/04 ist durch Senatsentscheidung vom 5. Juli 2007 VI R 44-45/06 aufgehoben worden (BFH/NV 2007, 1878).

e) Eine Divergenz zu den Urteilen des FG Baden-Württemberg vom 12. April 2000 5 K 486/99 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 784) und des FG Düsseldorf vom 29. Juni 2005 13 K 2622/03 (EFG 2005, 1755; vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1976) ist nicht ersichtlich.

f) Bei Verletzung des rechtlichen Gehörs kommt entgegen der Auffassung des Klägers (nur) die Zulassung wegen Verfahrensmangels gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO in Betracht. Auf einen Verfahrensmangel "beruft" sich der Kläger aber ausdrücklich nicht.

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