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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.12.2002
Aktenzeichen: VI R 121/01
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der 1970 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) absolvierte ursprünglich eine Berufsausbildung als Landwirt. Von September 1991 bis Juni 1992 arbeitete er als Bauwerker bzw. als Baufacharbeiter, vom 1. Juli 1993 bis zum 28. Februar 1995 als Dachdecker. Am 20. März 1995 vereinbarte er mit der Firma X, dass er in der Zeit vom 20. März 1995 bis 19. Dezember 1996 vom Landwirt zum Dachdecker umgeschult werde. Im Dezember 1996 legte er erfolgreich die Gesellenprüfung im Ausbildungsberuf "Dachdecker" ab.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 3 140 DM, die durch die Umschulung zum Dachdecker entstanden waren, als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah diese Aufwendungen als Berufsausbildungskosten an und ließ sie lediglich mit dem Höchstbetrag von 900 DM nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Sonderausgaben zum Abzug zu.

Hiergegen erhoben der Kläger und seine Ehefrau, die Klägerin, nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Sie waren der Meinung, dass die Kosten der Umschulungsmaßnahme als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, da es sich bei der Umschulung um eine Fortbildungsmaßnahme in einem ausgeübten Beruf gehandelt habe. Der Kläger habe vor der Umschulung bereits als Dachdecker gearbeitet und beabsichtige, auch künftig als Dachdecker tätig zu sein.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Die Umschulung diene der Ausbildung und nicht der Fortbildung des Klägers. Fortbildungs- und damit Werbungskosten lägen nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige vor der zu beurteilenden Maßnahme bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen habe, die Grundlage für eine Fortbildung sein könne. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. z.B. Urteil vom 4. August 1994 VI R 22/94, BFH/NV 1995, 112) könne bei der Abgrenzung zwischen Ausbildung (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) und Fortbildung nicht ganz auf formale Kriterien, wie z.B. eine durch Zeugnisse nachweisbare erstmalige Berufsausbildung, verzichtet werden. Einen solchen Nachweis habe der Kläger nicht erbracht. Die tatsächliche Ausübung eines Berufs reiche allein nicht aus.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides für 1995 vom 17. September 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. November 1997 (anstelle von Sonderausgaben in Höhe von 900 DM) Werbungskosten in Höhe von 3 140 DM zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Aufwendungen für die Bildungsmaßnahme des Klägers sind dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen. Diese Aufwendungen sind keine Kosten der Berufsausbildung i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Mit Urteil vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01 (DB 2003, 131) hat der erkennende Senat unter Änderung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden, dass Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die die Grundlage dafür bildet, von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln, vorab entstandene Werbungskosten sein können. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das genannte Urteil verwiesen.

Im Streitfall sind die Aufwendungen für die Umschulungsmaßnahme des Klägers dem Grunde nach beruflich veranlasst. Denn es besteht ein hinreichend klarer Zusammenhang dieser Aufwendungen mit späteren Einnahmen. Die Bildungsmaßnahme bereitete den Kläger konkret und berufsbezogen auf die Tätigkeit als Dachdecker vor. Die Umschulungskosten wurden deswegen aufgewandt, um wieder Einnahmen zu erzielen.

Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, weil noch Feststellungen zur Art und Höhe der Werbungskosten zu treffen sind. Das FG wird u.a. zu prüfen haben, ob eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sowie zu verrechnende Kostenerstattungen des Arbeitsamtes gegeben sind.



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