Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 10.10.2002
Aktenzeichen: VI R 14/01
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 40
EStG § 8 Abs. 3 Satz 2
EStG § 40 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 8 Abs. 2
EStG § 9
EStG § 8
EStG § 40
FGO § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Bei der X-Versicherungs AG, der Rechtsvorgängerin der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), fand beginnend am 17. Januar 1995 eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Lohnzahlungszeiträume 1991 bis 1994 statt. Diese betraf zum einen die Hauptverwaltung, zum anderen --hier streitig-- die Bereichsverwaltung. Für die Hauptverwaltung wurde die Prüfung hinsichtlich zahlreicher Prüfungspunkte einvernehmlich und ohne Schlussbesprechung abgeschlossen. Mit der vom 11. bzw. 17. Februar 1997 datierenden Erklärung stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin hinsichtlich einzelner Sachverhaltskomplexe auf dem dafür vorgesehenen Vordruck "Erklärung des Arbeitgebers" einen Pauschalierungsantrag nach § 40 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dieser war von zwei Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin der Klägerin jeweils mit dem Zusatz i.V. unterzeichnet. Entsprechend dem Pauschalierungsantrag erging ein Nachforderungsbescheid. Der Prüfungsbericht enthielt den Hinweis, die Prüfung der Rabatte sei noch nicht abgeschlossen. Dies betraf die Rabatte, die die Arbeitnehmer der Klägerin von dieser und von anderen Konzerngesellschaften beim Abschluss von Versicherungsverträgen erhalten hatten. Die Fortsetzung der Prüfung verzögerte sich. Nach einem Wechsel des Prüfers wurde die Prüfung an Amtsstelle fortgesetzt.

Am 22. August 1997 fand zwischen dem Prüfer Y und dem Referatsleiter der Steuerabteilung der Klägerin, Herrn Z, ein Telefongespräch statt. Aufgrund dieses Gespräches ging beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) folgendes --mit dem Briefkopf der Rechtsvorgängerin der Klägerin versehenes-- Schreiben ein: "Sehr geehrter Herr Y, wie Ihnen der Linksunterzeichner während des heute geführten Telefonats bereits mitteilte, haben wir für die bei unserer Hauptverwaltung tätigen Mitarbeiter (ca. 3 000) inzwischen zur Ermittlung der Steuersätze Gehaltsauswertungen vorgenommen. Hieraus ergeben sich die folgenden Nettosteuersätze ... Wir regen an, die Nachversteuerungen der Belegschaftsrabatte sowohl bei unserer Hauptverwaltung als auch bei unserer Bereichsverwaltung auf der Basis dieser Steuersätze vorzunehmen." Das Schreiben, in dem für die einzelnen Lohnzahlungszeiträume die jeweiligen Nettosteuersätze gesondert aufgeführt waren, war von zwei Mitarbeitern der Rechtsvorgängerin der Klägerin unterzeichnet. Linksunterzeichner mit dem Zusatz "i.V." war der Steuerreferatsleiter Z, Rechtsunterzeichner mit dem Zusatz "i.A." ein Mitarbeiter der Steuerabteilung.

Im Abschlussbericht vom 23. September 1997 führte der Prüfer aus, die Klägerin habe trotz wiederholter Aufforderungen keine konkreten Angaben zu den Versicherungstarifen vergleichbarer Mitbewerber gemacht. Ein Vergleich zwischen den den Mitarbeitern der Klägerin von den Konzerngesellschaften eingeräumten Versicherungstarifen und den Tarifen anderer Mitbewerber sei deshalb nicht möglich gewesen. Die Rabatte, die die Klägerin selbst ihren Mitarbeitern beim Abschluss von Versicherungsverträgen gewährt habe, überstiegen nicht den Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG. Der geldwerte Vorteil, den die Arbeitnehmer der Klägerin aus der Rabattgewährung durch andere Konzerngesellschaften erzielt hätten, sei durch einen Vergleich zwischen dem tatsächlichen Endpreis des (konzern-)eigenen Produkts und dem ermäßigten Tarif für die Mitarbeiter ermittelt worden. Die Nachversteuerung erfolge auf Antrag der Klägerin gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit einem gesondert ermittelten Nettopauschsteuersatz.

Gegen den Nachforderungsbescheid vom 10. Oktober 1997 legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, ein Fremdvergleich mit den Prämien anderer Versicherer habe nicht stattgefunden. Das Einspruchsschreiben trägt zwei Unterschriften; Linksunterzeichner mit dem Zusatz ppa. ist der Steuerabteilungsleiter A, Rechtsunterzeichner mit dem Zusatz i.V. der Steuerreferatsleiter Z. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 3. April 1998 zurück.

Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, die ihren Mitarbeitern beim Abschluss von Versicherungsverträgen bei anderen Konzerngesellschaften gewährten Rabatte seien unter Anwendung des Rabattfreibetrags in Höhe von 2 400 DM nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfrei zu belassen. Sollte hingegen der Rabattfreibetrag nicht zu gewähren sein, sei der übliche Endpreis am Abgabeort i.S. des § 8 Abs. 2 EStG in Bezug auf die von ihren Mitarbeitern bei Konzerngesellschaften abgeschlossenen Versicherungsverträge nach den Tarifen der billigsten Anbieter am Markt zu bestimmen. Im Erörterungstermin vom 26. Mai 1999 warf der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) u.a. die Frage auf, wann und wie die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Pauschalierungsantrag gestellt habe. Daraufhin verwies das FA auf das Schreiben der Klägerin vom 22. August 1997. Die Klägerin, vertreten durch ihre damaligen Prozessbevollmächtigten, teilte im Schriftsatz vom 19. Juli 1999 mit, es sei eine Vielzahl von Telefonaten und mündlichen Erörterungen mit dem FA geführt worden. Aufgrund dieser Umstände könnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Beteiligten sich über eine Pauschalierung telefonisch oder im Rahmen einer mündlichen Erörterung geeinigt hätten. Das FA trug daraufhin mit Schriftsatz vom 9. August 1999 vor, der Prüfer Y und der Steuerreferatsleiter Z hätten am 22. August 1997 miteinander telefoniert. Bei diesem Telefonat habe Letzterer hinsichtlich des Prüfungskomplexes Personalrabatte den Erlass eines Lohnsteuer-Nachforderungsbescheids beantragt. Man habe vereinbart, dass der Prüfer die von der Klägerin noch mitzuteilenden Nettosteuersätze übernehme. Das für den Antrag üblicherweise verwendete Formular der Steuerverwaltung habe die Klägerin deshalb nicht unterzeichnet, weil der Prüfer Y im Unterschied zum vorher tätig gewesenen Prüfer keinen persönlichen Kontakt zu Mitarbeitern der Steuerabteilung der Klägerin gehabt habe.

Nachdem der vom Berichterstatter mit Schreiben vom 4. August 1999 unterbreitete Vorschlag einer einvernehmlichen Erledigung nicht die Zustimmung der Beteiligten gefunden hatte, warf der Berichterstatter mit Verfügung vom 5. Oktober 1999 nunmehr die Frage auf, ob der Steuerreferatsleiter Z dazu bevollmächtigt gewesen sei, einen Pauschalierungsantrag zu stellen und, sofern er nicht über eine Einzel-(Vollmacht) verfüge, ob die Grundsätze der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht eingriffen. Am 9. November 1999 erließ das FG einen Beweisbeschluss. Danach sollte über den Inhalt des am 22. August 1997 von dem Steuerreferatsleiter der Klägerin, Herrn Z, mit dem Lohnsteuer-Außenprüfer, Herrn Y, geführten Telefongesprächs Beweis durch Vernehmung der vorgenannten Personen als Zeugen erhoben werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18. November 1999 vernahm das FG den Steuerreferatsleiter Z, sah jedoch von einer Vernehmung des Prüfers Y ab.

Das FG gab der Klage statt. Die Gründe entsprachen denen des in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 771 veröffentlichten Urteils zum Aktenzeichen VI 66/98.

Dagegen wendet sich das FA mit seiner Revision, mit der es die Verletzung der §§ 9, 8, 40 EStG sowie des § 44 FGO rügt.

Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision aus den zutreffenden Gründen des vorinstanzlichen Urteils als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision des FA ist begründet. Das vorinstanzliche Urteil war aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Ausführungen des zum Aktenzeichen VI R 13/01 gegenüber den Beteiligten ergangenen Gerichtsbescheids unter II. 1., 3. und 4 Bezug.



Ende der Entscheidung

Zurück