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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 22.07.2003
Aktenzeichen: VI R 148/99
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 12 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Streitig ist, ob bei der Zusammenveranlagung der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zur Einkommensteuer 1994 und 1995 Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium Werbungskosten darstellen.

Der 1956 geborene Kläger ließ sich in der Zeit von Januar 1973 bis Januar 1976 zum technischen Zeichner, Fachrichtung Maschinenbau, bei dem Schifffahrtsunternehmen A ausbilden. Nachdem er die Fachhochschulreife erworben hatte, nahm er im November 1977 ein Studium im Studiengang Maschinenbau an einer Gesamthochschule auf, welches er nach 11 Semestern abbrach. Während dieser Zeit war er bei verschiedenen Unternehmen beschäftigt. Ab 1986 übernahm er eine Tätigkeit bei A als Koordinator in einer Konstruktionsabteilung. Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. die ingenieursmäßige Abwicklung von Projektierungs- und Konstruktionsaufgaben. Im Juli 1990 wurde er in eine Gehaltsgruppe aufgenommen, die grundsätzlich Ingenieuren vorbehalten ist. Zum Sommersemester 1992 begann der Kläger mit einem Abendstudium im Studiengang Maschinenbau an der Fachhochschule X. Ab August 1995 war er bei A als Projektingenieur tätig.

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger --bei Einnahmen des Klägers in Höhe von 81 000 DM (1994) bzw. 87 000 DM (1995)-- Aufwendungen für das Maschinenbaustudium in Höhe von 7 672 DM (1994) bzw. 10 020 DM (1995) als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, und zwar u.a. Studiengebühren, Aufwendungen für ein Arbeitszimmer und Arbeitsmittel sowie nach Dienstreisegrundsätzen berechnete Kosten für Fahrten zur Fachhochschule an 166 bzw. 157 Tagen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah die Aufwendungen als Berufsausbildungskosten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an und ließ diese jeweils nur mit dem Höchstbetrag von 900 DM als Sonderausgaben zum Abzug zu.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage führten die Kläger zur Begründung aus, er --der Kläger-- habe das Maschinenbaustudium 1992 aufgenommen, um den infolge der fortschreitenden technischen Entwicklung gesteigerten beruflichen Anforderungen auch künftig gerecht zu werden und darüber hinaus besser vorwärts zu kommen. Wesentliche Kenntnisse und Fähigkeiten habe er bereits während seines ersten, nicht beendeten Studiums und durch langjährigen Einsatz in der Praxis erworben.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, es habe sich bei den Aufwendungen für das Abendstudium um Berufsausbildungskosten gehandelt, die nur begrenzt abziehbar seien; solche Kosten seien stets der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen.

Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7 und 12 Nr. 1 EStG. Die Einordnung von Aufwendungen für eine konkret beruflich veranlasste, formal erstmalig graduierende Bildungsmaßnahme als Sonderausgaben finde im Gesetz keine Stütze. Die Nichtberücksichtigung als Werbungskosten lasse sich nicht über einen Hinweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 oder § 12 Nr. 1 EStG begründen. Der Werbungskostentatbestand i.S. des § 9 Abs. 1 EStG sei vorrangig zu beachten. Vorliegend sei entscheidend, dass die Aufwendungen für das Fachhochschulstudium objektiv in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der der Einnahmeerzielung dienenden Tätigkeit des Klägers stünden. Dieser Zusammenhang sei nicht an formale Kriterien gebunden. Da die Aufwendungen der Sicherung des Erwerbseinkommens dienten, stellten die Studienkosten Werbungskosten dar.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das zu versteuernde Einkommen für 1994 auf 106 951 DM und für 1995 auf 109 518 DM herabzusetzen.

Das FA tritt der Revision im Wesentlichen mit den Gründen der vorinstanzlichen Entscheidung entgegen und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Revision der Kläger ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sind als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn sie beruflich veranlasst sind. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die geänderte Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01 (BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) verwiesen.

Im Streitfall folgt aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, dass die Bildungsaufwendungen des Klägers beruflich veranlasst sind. Der berufliche Anlass ist deshalb gegeben, weil der Kläger das Maschinenbaustudium berufsbegleitend aufgenommen hat, um Fachkenntnisse zu erwerben und den bestehenden beruflichen Anforderungen dauerhaft gerecht zu werden. Das Studium diente auch dazu, beruflich besser voranzukommen und Aufstiegsmöglichkeiten wahrnehmen zu können. Da das Studium auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet war, sind hiermit im Zusammenhang stehende Aufwendungen dem Grunde nach als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar.

Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Da das FG --aus seiner Sicht zu Recht-- zu den einzelnen von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen keine Feststellungen getroffen hat, war die Sache an das FG zurückzuverweisen. Im zweiten Rechtsgang werden die Grundsätze des Urteils vom 29. April 2003 VI R 86/99 (BStBl II 2003, 749) zu beachten sein. Insbesondere wird zu würdigen sein, ob angesichts der häufigen Fahrten des Klägers zur Fachhochschule diese als weitere regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG anzusehen ist.

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